Nach dem Betriebsrentengesetz muss ein Arbeitgeber die Höhe der betrieblichen Altersvorsorge alle drei Jahre prüfen und gegebenenfalls anpassen. Im Rahmen der Prüfung sind insbesondere die Belange des Zahlungsempfängers und die wirtschaftliche Lage des Unternehmens zu berücksichtigen.

Anpassungsbegehren war vor Fristablauf bei Gericht, aber nicht beim Arbeitgeber

In dem vom Bundesarbeitsgericht (BAG) entschiedenen Fall klagte ein Mann, der seit 1993 eine Betriebsrente bezieht. Das Unternehmen hatte die Zahlung zum Anpassungsstichtag am 1. Juli 2008 festgelegt, die nächste Änderung stand folglich zum 1. Juli 2011 an. 

Der Kläger griff die Entscheidung jedoch an und verlangte eine höhere Betriebsrente. Sein Schreiben ging per Telefax am 27. Juni 2011 und einen Tag später im Original beim Arbeitsgericht ein. Dem Unternehmen wurde die Klage jedoch erst am 6. Juli zugestellt, also nach dem folgenden Anpassungsstichtag.

BAG: Frist versäumt!

Während die Vorinstanzen der Klage stattgaben, vertrat der Dritte Senat des BAG die Auffassung, dass das Betriebsrentengesetz einen Zugang der Rüge beim Arbeitgeber innerhalb der Rügefrist verlange (§ 16 BetrAVG), der Kläger jedoch diese Frist verpasst hätte. 

Zur Begründung führte der Dritte Senat des BAG aus, dass der Arbeitgeber bereits zum jeweils aktuellen Anpassungsstichtag wissen müsse, ob und wie oft seine vorangegangene Anpassungsentscheidung gerügt wurde, um seine wirtschaftliche Lage zuverlässig beurteilen zu können.

Der Dritte Senat hat in drei weiteren Parallelverfahren die Klagen ebenfalls abgewiesen. 

Anmerkung: Ansprüche rechtzeitig anmelden!

Die für die Betriebsrentenempfänger negativen Entscheidungen des Dritten Senats des BAG, mit denen höhere Betriebsrenten begehrt wurden, müssen ein klein wenig verwundern. Während die ersten beiden Instanzen es für ausreichend hielten, von einer fristgemäßen Geltendmachung der Ansprüche dann auszugehen, wenn diese per Klage innerhalb der Rügefrist des § 16 BetrAVG beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden, ging der Dritte Senat davon aus, dass die Rüge einer unrichtigen Betriebsrentenanpassung vor dem nächsten Anpassungsstichtag direkt beim Arbeitgeber einzugehen hat.

Die Einreichung einer Klage beim Arbeitsgericht vor Fristablauf sah der „Betriebsrentensenat“  nicht als ausreichend an, wenn die Klage dem Arbeitgeber erst nach Ablauf der Rügefrist zugestellt wird. Begründet  wurde diese nicht unbedingt leicht nachzuvollziehende Auffassung damit, dass der Arbeitgeber, um seine wirtschaftliche Lage zuverlässig beurteilen zu können, bereits am jeweils aktuellen Anpassungsstichtag wissen müsse, ob und in wie vielen Fällen eine vorangegangene Anpassungsentscheidung gerügt werde. 

Unter Hinweis auf § 167 Zivilprozessordnung (ZPO), (Volltext im PRAXISTIPP unten) kam der Bundesgerichtshof (BGH) in seiner Entscheidung vom 17.07.2008, Az.: I AZR 109/05, zu dem Ergebnis, dass § 167 ZPO auch für fristgebundene außergerichtliche Mahnschreiben gilt. 

Der Ansicht des BGH schloss sich der Achte Senat des BAG mit Urteil vom 22.05.2015, Az.: 8 AZR 662/13, in dem er „die nach § 15 Abs.4 Satz 1 AGG erforderlich Schriftform zur Geltendmachung von Schadensersatz-und Entschädigungsansprüchen (§ 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG) auch durch ein Klage als ausreichend gewahrt sah“, da der „rechtzeitige Eingang der Klage bei Gericht genügt, wenn die Klage „demnächst“ zugestellt wird“.

Warum der erkennende Senat diese Grundsätze nicht auf die Betriebsrentenanpassung angewendet hat, ist zumindest erstaunlich. Allerdings sollte man zunächst abwarten, bis das Urteil in schriftlich abgefasster Form vorliegt, bevor man eine endgültige Einschätzung abgibt  

  • Um keine Gefahr zu laufen, dass Klagen auf Betriebsrentenerhöhung nicht schon deshalb scheitern weil aus der Sicht des Dritten Senats die Rügefrist versäumt wurde, empfiehlt es sich auf jeden Fall, bei drohendem Fristablauf, unbedingt die Ansprüche direkt gegenüber dem Arbeitgeber schriftlich geltend zu machen.



Hans-Martin Wischnath, Onlineredakteur, Frankfurt am Main

Rechtliche Grundlagen

§ 167 Zivilprozessordnung (ZPO)

Zivilprozessordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3202; 2006 I S. 431; 2007 I S. 1781), die zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 8. Juli 2014 (BGBl. I S. 890) geändert worden ist"

Stand: Neugefasst durch Bek. v. 5.12.2005 I 3202; 2006 I 431; 2007 I 1781. Zuletzt geändert durch Art. 1 G v. 8.7.2014 I 890

§ 167 Zivilprozessordnung (ZPO)

Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.
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Bürgerliches Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 22. Juli 2014 (BGBl. I S. 1218) geändert worden ist" Stand: Neugefasst durch Bek. v. 2.1.2002 I 42, 2909; 2003, 738; zuletzt geändert durch Art. 1 G v. 22.7.2014 I 1218

§ 204 Hemmung der Verjährung durch Rechtsverfolgung

(1) Die Verjährung wird gehemmt durch
1. die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,
2. die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger,
3. die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1),
4. die Veranlassung der Bekanntgabe des Güteantrags, der bei einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle oder, wenn die Parteien den Einigungsversuch einvernehmlich unternehmen, bei einer sonstigen Gütestelle, die Streitbeilegungen betreibt, eingereicht ist; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein,
5. die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess,
6. die Zustellung der Streitverkündung,
6a die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird,
7. die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens,
8. den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens,
9. die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird,
10. die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren,
11. den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens,
12. die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Gütestelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt,
13. die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und
14. die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.
(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.
(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.