Mitbestimmung bei Festsetzung der Vergütung des Betriebsratsvorsitzenden?
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Seit 1994 war der Betriebsratsvorsitzende (BRV) bei seiner Arbeitgeberin, einem Unternehmen des öffentlichen Personennahverkehrs, als Kfz-Mechaniker beschäftigt.
 

Nach Abmahnung rückwirkend Tätigkeit im Sicherheitsmanagement nach EG 11 übertragen

Im Jahr 2012 war er in die Entgeltgruppe (EG) 11 eingruppiert. Ab 1. März 2013 wurde ihm die Aufgabe als Abteilungsleiter Fahrzeugtechnik Kraftfahrzeuge (FK-U) übertragen. Sein Amt als stellvertretender Betriebsratsvorsitzender legte er nieder und verzichtete gleichzeitig auf die Freistellung. In dem Änderungsvertrag wurde festgelegt, dass er bis zum 31. Dezember .2013 nach EG 13 und ab dem 1. Januar 2014 nach EG 14 vergütet werden sollte.
 
Am 15.November 2013 schlossen der heutige BRV und die Arbeitgeberin einen Änderungsvertrag, wonach er rückwirkend ab dem 11.November 2013 eine Tätigkeit in der Stabsabteilung Sicherheitsmanagement (SI) übernahm. Als Vergütung wurde die EG 11 vereinbart. Ausschlaggebend für diese Vereinbarung war das Ergebnis einer internen Revision.
 
Hierbei wurde festgestellt, dass er während seiner Tätigkeit als Abteilungsleiter FK-U private Reparaturen hatte vornehmen lassen, ohne diese zu bezahlen. Für dieses Fehlverhalten erhielt er eine Abmahnung. Der Schaden wurde durch den heutigen BRV reguliert. Er arbeitete weiterhin der Abteilung SI.
 

Arbeitgeberin gruppiert BRV 2015 entsprechend betriebsüblicher Entwicklung in EG 14 ein

Im Jahr 2014 wurde er in den Betriebsrat gewählt. Er übernahm den Vorsitz unter vollständiger Freistellung. Am 18.März 2015 unterzeichneten der damalige Geschäftsführer und ein leitender Personalmitarbeiter einen Vermerk, wonach der Betriebsratsvorsitzende ab dem 01.April 2015 in die EG 14 eingruppiert wurde.
Begründet wurde dies damit, dass diese Eingruppierung der betriebsüblichen Entwicklung entspreche. Man gehe davon aus, dass er die Vorgaben für einen Einsatz als Leiter der Abteilung KfZ - Werkstätten erfülle.

Arbeitgeberin beantragt Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung in EG 11

Zu Beginn des Jahres 2018 überprüfte die Arbeitgeberin die Eingruppierung. Sie beantragte beim Betriebsrat die Zustimmung zur Umgruppierung des BRV in EG 11. Der Betriebsrat verweigerte die Zustimmung.
Seit dem 01.April 2018 vergütet die Arbeitgeberin den Vorsitzenden nach EG 11, was eine monatliche Differenz von etwa 1.670 Euro brutto ausmachte.
Über die Differenzzahlung ist ein weiterer Berufungsrechtsstreit anhängig. Der Antrag der Arbeitgeberin auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats war erfolglos. Auch war dem Widerantrag des Betriebsrats kein Erfolg beschieden, mit dem dieser die Feststellung begehrte, dass die Arbeitgeberin den Vorsitzenden ab dem 01.April 2018 nach EG 14 zu vergüten habe.
 

Bei Vergütung des Betriebsratsvorsitzenden besteht kein Mitbestimmungsrecht

Das Landesarbeitsgericht (LAG) bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung. Es gehe, so die Berufungsrichter*innen, nicht um eine Umgruppierung, also um die Zuordnung einer bestimmten Tätigkeit zu einem Entgeltschema.
Es gehe vielmehr um die individualrechtlich zu beurteilende Frage, welche Vergütung dem BRV bei betriebsüblicher beruflicher Entwicklung zustehe. Denn maßgeblich seien die Fragen, ob dem BRV, wie von ihm behauptet, der damalige Geschäftsführer im November 2013 gesagt habe, dass die Zuweisung der Tätigkeit in der SI nur für zwei Jahre erfolge und er danach wieder Abteilungsleiter FK-U werden solle.
Sollte dies zutreffen, sei zu prüfen, ob diese Zusage wirksam oder aber eine verbotene und damit unwirksame Begünstigung des Vorsitzenden sei. Bei der Beantwortung dieser individualrechtlichen Fragen aus dem Rechtsverhältnis von Arbeitgeberin und Vorsitzenden stehe dem Betriebsrat kein Recht zur Mitbeurteilung zu.
 
Hier finden Sie die Pressemitteilung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 19.03.2019

Rechtliche Grundlagen

§ 37 Abs. 4, § 78 Satz 2 und § 99 Betriebsverfassungsgesetz

§ 37 Abs. 4 Betriebsverfassungsgesetz
Ehrenamtliche Tätigkeit, Arbeitsversäumnis
(4) Das Arbeitsentgelt von Mitgliedern des Betriebsrats darf einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Dies gilt auch für allgemeine Zuwendungen des Arbeitgebers.


§ 78 Satz 2 Betriebsverfassungsgesetz
Schutzbestimmungen
Die Mitglieder des Betriebsrats, des Gesamtbetriebsrats, des Konzernbetriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Gesamt-Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Konzern-Jugend- und Auszubildendenvertretung, des Wirtschaftsausschusses, der Bordvertretung, des Seebetriebsrats, der in § 3 Abs. 1 genannten Vertretungen der Arbeitnehmer, der Einigungsstelle, einer tariflichen Schlichtungsstelle (§ 76 Abs. 8) und einer betrieblichen Beschwerdestelle (§ 86) sowie Auskunftspersonen (§ 80 Absatz 2 Satz 4) dürfen in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht gestört oder behindert werden.

Sie dürfen wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt oder begünstigt werden; dies gilt auch für ihre berufliche Entwicklung.


§ 99 Betriebsverfassungsgesetz
Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen
(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft
über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn
1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde,
2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde,
3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten,
4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist,
5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder
6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.

(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.

(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.