Bianca Dreier ist Betriebsrätin in der Wittener „Bauhaus“-Filiale. Dies ist eine der wenigen Filialen der Baumarkt-Kette, in der es überhaupt einen Betriebsrat gibt. Von Anfang an versuchte die Filialleitung, dem Betriebsrat Knüppel zwischen die Beine zu werfen.

„Es wurde immer vollmundig eine vertrauensvolle Zusammenarbeit von Betriebsrat und Geschäftsleitung eingefordert. „Gemeint war damit aber immer, dass der Betriebsrat die Wünsche und Vorstellungen der Filialleitung akzeptieren sollte“, erinnert sich Memet Özcan, Betriebsratsvorsitzender in Witten.


„Bis heute gibt es ständig Probleme bei den Plänen zur Arbeitseinteilung der Beschäftigten, trotz bestehender Betriebsvereinbarung“, ergänzt Ver.di-Mitglied Dreier.

Abwegiger Kündigungsanlass

So verfiel dann der Arbeitgeber - wie allzu oft in derartigen Situationen - auf die Idee, einen nichtigen Vorfall zum Anlass zu nehmen, das Kündigungsverfahren gegen die Betriebsrätin zu betreiben.

Ihr wurden Äußerungen vorgeworfen, die sie im Anschluss an ein Personalgespräch der Filialleitung mit einer Auszubildenden gemacht haben soll. Als Augenzeugin hatte die Betriebsrätin ansehen müssen, wie die Auszubildende im Verlaufe des Gespräches in Tränen ausgebrochen war.

„Sie sind doch auch Mutter, blutet Ihnen bei dem Anblick nicht das Mutterherz?“ soll Bianca Dreier daraufhin zu einer Arbeitskollegin gesagt haben. Und: „Sehen Sie, dass die Geschäftsleitung nicht immer so nett ist wie zu Ihnen, sondern das ist das andere Gesicht.“

Diese Bemerkungen empfand die Geschäftsleitung als ungeheuerlich und als unhaltbare bösartige Unterstellung. Aufgrund dieser vollkommen indiskutablen Entgleisung sei die Kündigung des Arbeitsverhältnisses alternativlos.

Die Betriebsrätin wurde sofort von der Arbeit freigestellt. Beim Betriebsrat wurde vergeblich die Zustimmung zur Kündigung von Bianca Dreier beantragt, es folgte das gerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 103 Betriebsverfassungsgesetz.

Große Solidarität im Betrieb

Die beim Arbeitgeber in Ungnade gefallene Betriebsrätin erlebte große Solidarität, insbesondere auch auf einer Betriebsversammlung, die umgehend vom Betriebsrat einberufen worden war.

Und auch der zuständige Rechtsschutzsekretär des Hagener Büros der DGB Rechtsschutz GmbH, der die Betriebsrätin vor Gericht vertrat, machte ihr Mut: „Einen derart abwegigen Kündigungsgrund habe ich noch nicht erlebt!“ stellte der erfahrene Jurist fest und ergänzte: „Dieser Vorfall reicht nicht einmal für eine Ermahnung, geschweige denn für eine Kündigung.“

Rückzieher des Arbeitgebers vor dem Arbeitsgericht

Der Verhandlungstermin vor dem Arbeitsgericht Bochum gestaltete sich dann auch folgerichtig als ein einziges Rückzugsgefecht des Arbeitgebers. Offenbar hatte der erkannt, dass er mit seinem Kündigungsantrag deutlich über das Ziel hinausgeschossen war. Auf dem Vergleichsweg räumte er ein, dass seine Reaktion im Hinblick auf die Äußerungen der Betriebsrätin „unverhältnismäßig“ war und verfolgte sein Kündigungsbegehren nicht weiter.

Bianca Dreier hat inzwischen ihre Arbeit in der Wittener Bauhaus-Filiale wieder aufgenommen.

Anmerkung der Redaktion zum Vorgehen von Bauhaus:

Maßregelung von Betriebsräten durch Arbeitgeber hat viele Gesichter. Zu den beliebtesten Methoden gehört es, sich ein Betriebsratsmitglied herauszupicken und mit einer Kündigung zu bedrohen. Das dahinter steckende Ziel: Das gesamte Betriebsratsgremium soll „diszipliniert“ und gefügig gemacht werden. Begleitet wird dieses Unterfangen oft von nicht enden wollenden Appellen des Arbeitgebers an den Betriebsrat zu vertrauensvoller Zusammenarbeit der Betriebsparteien. Gemeint ist damit aber: Vertrauensvolle Zusammenarbeit liegt nur dann vor, wenn der Betriebsrat das macht, was der Arbeitgeber will.

Union Busting bekämpfen

Es wird Zeit, das rasant zunehmende Union Busting endlich einzudämmen. Gefragt ist hier nicht nur die Solidarität der Betriebsratskollegen, Belegschaft und Gewerkschaft. Notwendig ist auch, derartiges Verhalten öffentlich zu machen und anzuprangern. Betroffene müssen sich gegen erlittenes Unrecht wehren und gerichtliche Hilfe einfordern.

Und: Auch die Arbeitsgerichte und der Gesetzgeber stehen in der Verantwortung. Richter müssen, wenn sie mit derartigen Fällen befasst sind, deutliche Worte finden und Union Busting auch als das bezeichnen, was es ist. Es genügt nicht, in derartigen Situationen nur den juristischen Fall abzuarbeiten, ohne das oft menschenverachtende Verhalten beim Namen zu nennen.

Der Gesetzgeber ist aufgefordert, die demokratisch gewählten Betriebsräte besser zu schützen und endlich gegen mobbende Arbeitgeber und ihre Handlanger, die oft aus dem Rechtsanwalts-Lager stammen, vorzugehen.

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