Der Betriebsrat kann die Ausschreibung von Arbeitsplätzen verlangen, die vom Arbeitgeber für die Dauer von sechs Monaten für die Besetzung mit Leiharbeitnehmern vorgesehen sind.

In dem Beschlussverfahren ging es um die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung von sechs Leiharbeitnehmern. Die Arbeitgeberin betreibt diverse Krankenhäuser und ist Mehrheitsgesellschafterin einer GmbH, deren Betriebszweck darin besteht, Personal an Unternehmen des Gesundheitswesens zu überlassen.

Nach § 7 Abs. 1 des Tarifvertrags Zukunft vom 6. November 2008 können bei der Arbeitgeberin beschäftigte Arbeitnehmer zum Personalüberhang zugeordnet werden. Den Beschäftigten des Personalüberhangs ist eine gleichwertige und zumutbare Weiterbeschäftigung anzubieten (§ 8 Abs. 1 TV Zukunft V.). Solange kein anderweitiger freier Arbeitsplatz vorhanden ist, können den Arbeitnehmern nach § 8 Abs. 4 TV Zukunft V. auch kurzzeitige Einsätze angeboten werden.

Der Betriebsrat traf im April 2010 den Beschluss, dass alle Stellen im Konzern der Arbeitgeberin ausgeschrieben werden sollten. Der entsprechende Beschluss wurde der Arbeitgeberin in der Folgezeit bekannt gegeben. Die Arbeitgeberin bat den Betriebsrat mit mehreren bei diesem am 1. März 2011 eingegangenen Formularschreiben vom 28. Februar 2011 um Zustimmung zur Einstellung von sechs Leiharbeitnehmern für die Zeit vom 1. April bis 30. September 2011 in den Patientenbegleitservice zweier Kliniken. Die Mitarbeiter im Patientenbegleitservice transportieren u.a. Patienten von den Stationen zu den Funktionsabteilungen, führen Hol- und Bringdienste sowie die Verlegung von Patienten zu anderen Fachabteilungen durch, transportieren verstorbene Patienten zur Pathologie und nehmen externe Toteneinlieferungen entgegen. Bis zur Abschaffung des Zivildienstes waren im Patientenbegleitservice auch Zivildienstleistende eingesetzt.

Mit einem am 8. März 2011 bei der Arbeitgeberin eingegangenen Schreiben des Betriebsrats vom selben Tag verweigerte dieser die Zustimmung zu den Einstellungen der Leiharbeitnehmer nach § 99 Abs. 2 Nr. 3 und 5 BetrVG. Im Zustimmungsersetzungsverfahren hat die Arbeitgeberin die Auffassung vertreten, dass kein Zustimmungsverweigerungsgrund bestehe. Eine hinreichende Begründung für die angebliche Benachteiligung des Personals habe der Betriebsrat nicht geliefert. Etwaige Mitarbeiter aus dem Personalüberhang hätten für den Einsatz im Personalbegleitservice nicht zur Verfügung gestanden. Eine interne Ausschreibung der Arbeitsplätze sei nicht erforderlich gewesen, da vorliegend keine dauerhafte Besetzung geplant gewesen sei. Vielmehr beabsichtige man, den Patientenbegleitservice künftig vorrangig mit Absolventen des „freiwilligen sozialen Jahres“ aufzufüllen. Die Einstellung der Leiharbeitnehmer ab dem 1. April 2011 sei auch dringlich, da ein Einsatz der bislang im Patientenbegleitservice beschäftigten Zivildienstleistenden nicht mehr möglich sei.

Das Arbeitsgericht (ArbG) Berlin hat entschieden, dass der Betriebsrat berechtigt war, die Zustimmung zu verweigern. Die Arbeitgeberin hatte die nach § 93 BetrVG erforderliche Ausschreibung der für die Dauer von sechs Monaten mit den Leiharbeitnehmer zu besetzenden Arbeitsplätze nicht vorgenommen. Daher stand dem Betriebsrat ein Grund zur Verweigerung der Zustimmung nach § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG zu Seite. Nach § 93 BetrVG kann der Betriebsrat verlangen, dass Arbeitsplätze die besetzt werden sollen, allgemein oder für bestimmte Tätigkeiten vor ihrer Besetzung innerhalb des Betriebs ausgeschrieben werden. Die Vorschrift gibt eine Ausschreibung von Arbeitsplätzen nicht generell vor. Eine Verpflichtung hierzu besteht nur, wenn der Betriebsrat die Ausschreibung vom Arbeitgeber verlangt hat oder die Ausschreibung zwischen den Betriebsparteien vereinbart wurde. Nach § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG kann der Betriebsrat seine Zustimmung verweigern, wenn eine nach § 93 BetrVG erforderliche Ausschreibung unterblieben ist, was hier der Fall war: Der Betriebsrat hatte das erforderliche Verlangen nach § 93 BetrVG an die Arbeitgeberin gestellt. Im April 2010 war nach der Konstituierung des Betriebsrats ein Beschluss getroffen worden, wonach alle Stellen im Konzern der Arbeitgeberin ausgeschrieben werden sollen. Dieser Beschluss wurde der Arbeitgeberin auch mitgeteilt.

Das ArbG Berlin bezieht sich auf eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG). Das hat durch Beschluss vom 1. Februar 2011 (Aktenzeichen 1 ABR 79/09) festgestellt, dass die Ausschreibungspflicht nach § 93 BetrVG sich auch auf Arbeitsplätze bezieht, die der Arbeitgeber dauerhaft mit Leiharbeitnehmern zu besetzten beabsichtigt. Die Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts beziehen sich ausdrücklich nur auf einen - im dortigen Verfahren streitigen - Einsatz von Leiharbeitnehmern mit einer Einsatzzeit von zumindest einem Jahr. Offen gelassen wurde, ob der Betriebsrat nach § 93 BetrVG auch die Ausschreibung von Arbeitsplätzen verlangen kann, die nur „kurzzeitig“ mit Leiharbeitnehmern besetzt werden sollen. Diese Frage musste das Gericht auch im vorliegenden Verfahren nicht entscheiden. Denn eine „kurzzeitige“ Besetzung liegt nicht vor, wenn der Arbeitgeber – wie vorliegend – beabsichtigt, Leiharbeitnehmer für die Dauer von sechs Monaten auf Arbeitsplätzen einzusetzen. Die Ausschreibungspflicht nach § 93 BetrVG bezieht sich auch auf solche Arbeitsplätze.

Margit Körlings:

Der Betriebsrat hat verlangt, dass sämtliche Arbeitsplätze ausgeschrieben werden. Der Beschluss des Betriebsrates dazu wurde dem Arbeitgeber zugestellt. Daran muss sich der Arbeitgeber nunmehr halten.

Es kommt nicht darauf an, für welche Dauer eine Besetzung vorgesehen ist. § 93 BetrVG stellt gerade auf die Dauer nicht ab, sondern auf den Einsatz von Arbeitnehmern.

§ 93 BetrVG ist eine Schutznorm. Der Betriebsrat soll durch sein Verlangen, der Ausschreibung von Stellen, der Belegschaft ermöglichen, sich neu zu orientieren. Außerdem ist der Arbeitgeber gehalten, bestimmten Arbeitnehmern leidensgerechte Arbeitsplätze anzubieten. Es kann sich dabei um schwerbehinderte Arbeitnehmer oder ihnen gleichgestellte Arbeitnehmer handeln. Hinzu kommen solche Arbeitnehmer, die nicht mehr in der Lage sind, ihren Pflichten aus dem Arbeitsvertrag im geschuldeten Umfang nachzukommen.

Der Schutzzweck von § 93 BetrVG liegt auch in der Wahrung des Betriebsfriedens. Vorhandene Beschäftigungsmöglichkeiten müssen der Belegschaft bekannt gegeben werden, bevor neue Arbeitskräfte von außen eingestellt werden. Es geht dabei um das Transparenzgebot.

Im hier zu entscheidenden Fall kam noch ein Personalüberhang hinzu. Außerdem handelte es sich um Dauerarbeitsplätze. Arbeiten wurden ursprünglich von Zivildienstleistenden erledigt. In Zukunft sollen diese Aufgaben Absolventen des „freiwilligen sozialen Jahres“ übernehmen.

Es ist jedem Betriebsrat nur zu raten, wie im vorliegenden Fall geschehen, zu verfahren. Dies gebietet eine Vertretung im Interesse der Belegschaft.