Ein Sozialplan, der regelt, dass dauerhaft erwerbsgeminderte oder erwerbsunfähige Arbeitnehmer keine Abfindung erhalten, benachteiligt die betroffenen Arbeitnehmer nicht unmittelbar wegen ihrer Behinderung. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden.

Ein zum 31. Juli 2008 betriebsbedingt gekündigter Mitarbeiter war seit Dezember 2001 infolge eines Wegeunfalls ununterbrochen arbeitsunfähig. Seit dem 1. April 2003 bezog er eine zunächst bis zum 30. Juni 2007 befristete Erwerbsminderungsrente. Diese wurde ohne Unterbrechung bis zum 30. Juni 2009 verlängert. Seitdem bezieht der Kläger eine unbefristete Rente.

Der Arbeitgeber hatte mit dem Betriebsrat in einem Sozialplan vereinbart, dass Arbeitnehmer von Leistungen ausgeschlossen sind, die wegen des Bezugs einer befristeten vollen Erwerbsminderungsrente nicht beschäftigt sind und bei denen damit zu rechnen ist, dass die mit der Erwerbsminderung einhergehende Arbeitsunfähigkeit auf Dauer fortbesteht oder zumindest in absehbarer Zeit nicht behoben werden kann. Davon ist nach dem Sozialplan auszugehen, wenn eine den Rentenbezug begleitende Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Jahren oder eine Bewilligung von voller Erwerbsminderungsrente für mehr als drei Jahre vorliegt.

Die auf die Zahlung einer Sozialplanabfindung von rund 220.000 Euro gerichtete Klage des Mitarbeiters hatte vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) keinen Erfolg.

Arbeitgeber und Betriebsrat können in einem Sozialplan vereinbaren, dass Arbeitnehmer keine Abfindung erhalten, die wegen des Bezugs einer befristeten vollen Erwerbsminderungsrente nicht beschäftigt sind und bei denen damit zu rechnen ist, dass ihre Arbeitsunfähigkeit auf nicht absehbare Zeit fortbesteht, entschieden die Erfurter Richter. In einem derartigen Anspruchsausschluss liegt keine unmittelbare Benachteiligung des erwerbsgeminderten Arbeitnehmers wegen seiner Behinderung. Solche Sozialplanregelungen sind keine weniger günstige Behandlung für den Betroffenen Arbeitnehmer als für andere Personen in einer vergleichbaren Lage.

Durch Sozialplanleistungen sollen die wirtschaftlichen Nachteile der Arbeitnehmer ausgeglichen werden, die infolge der Betriebsänderung ihren Arbeitsplatz und damit ihren Anspruch auf Arbeitsentgelt verlieren. Bereits längere Zeit erwerbsgeminderte Arbeitnehmer, die ihre Arbeitsfähigkeit in absehbarer Zeit nicht wiedererlangen werden, erleiden durch die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses keine vergleichbaren Nachteile. In Bezug auf diese Personengruppe können die Betriebsparteien typisierend davon ausgehen, dass sie auch zukünftig nicht in der Lage sein wird, durch den Einsatz ihrer Arbeitskraft Arbeitsentgelt zu erzielen.

Anmerkung von Margit Körlings:

Das Gericht hatte hier zu entscheiden, ob eine Ungleichbehandlung vorliegt. Hinzu kam die Prüfung eines Verstoßes der Benachteiligung wegen einer Behinderung.

Es könnte sich also um Verstöße gegen das Betriebsverfassungsgesetzes sowie gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz handeln.

Wird ein Arbeitnehmer wegen einer Behinderung gegenüber einem anderen Arbeitnehmer in gleicher Situation anders behandelt, so wird er benachteiligt. Dies ist der Grundsatz. Eine zulässige Ausnahme liegt vor, wenn eine sachliche Rechtfertigung gegeben ist.

Im konkreten Fall musste das Bundesarbeitsgericht die Situation des Klägers als behinderten Arbeitnehmer, der eine Erwerbsminderung erhält, mit einem Arbeitnehmer ohne Behinderung ohne Rente vergleichen. Eine Vergleichbarkeit war nicht gegeben.

Die Abfindung wird für den Verlust des Arbeitsplatzes gezahlt. Es handelt sich nicht um eine Art Treueprämie für die Vergangenheit, obwohl bei der Höhe der Abfindung die Betriebszugehörigkeit eine entscheidende Rolle spielt. Die Abfindung stellt vielmehr einen Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes und damit des sozialen Besitzstandes dar. Es soll die Zeit einer Arbeitslosigkeit sowie den Neuanfang auf einem Arbeitsplatz mit gegebenenfalls einer geringeren Vergütung ausgeglichen werden. Die Abfindung hat eine Überbrückungsfunktion welche in die Zukunft gerichtet ist.

Eine Vergleichbarkeit des Klägers mit einem gesunden Arbeitnehmer, der seinen Arbeitsplatz verloren hat, war daher nicht gegeben. Der Kläger hatte schon geraume Zeit vor der Betriebsschließung keinen Anspruch mehr auf Lohn.

Fazit:

Es muss immer auf den Zeitpunkt des Abschlusses einer Vereinbarung abgestellt werden. In diesem Zeitpunkt hat der Vergleich stattzufinden.