Ein Betriebsratsmitglied kann auf Antrag des Arbeitgebers wegen unbefugter Zugriffe auf das elektronische Personalinformationssystem aus dem Betriebsrat ausgeschlossen werden. Eine außerordentliche Kündigung rechtfertigt dieses Verhalten aber nicht.

Der Fall:

Der betroffene Arbeitnehmer steht in einem Arbeitsverhältnis als Krankenpfleger in einem Unfallkrankenhaus. Er ist seit 2001 Betriebsratsmitglied sowie seit 2005 freigestellter stellvertretender Betriebsratsvorsitzender bzw. Betriebsratsvorsitzender. Er hat von dem Computer des Betriebsrats aus auf das im Betrieb verwendete Personalinformationssystem, mit dem personenbezogene Arbeitnehmerdaten im Sinne einer elektronischen Personalakte verwaltet werden, in zahlreichen Fällen unberechtigt Zugriff genommen, um jeweils einem Informationsbedürfnis des Betriebsrats zu entsprechen.

Die Entscheidung:

Das LAG Berlin-Brandenburg hat dem Antrag des Arbeitgebers auf Ausschluss dieses Arbeitnehmers aus dem Betriebsrat stattgegeben.

In den unberechtigten Zugriffen auf das Personalinformationssystem liegt ein erheblicher Verstoß gegen das Bundesdatenschutzgesetz sowie eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte der betroffenen Beschäftigten und damit eine grobe Verletzung betriebsverfassungsrechtlicher Pflichten. Der Betriebsrat ist verpflichtet, über die Einhaltung des Bundesdatenschutzgesetzes zu wachen und die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer zu schützen; stattdessen hat das Betriebsratsmitglied die Rechte der Arbeitnehmer in erheblicher Weise verletzt.

Den Antrag auf Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zu einer außerordentlichen Kündigung hat das LAG allerdings zurückgewiesen, weil die Zugriffe auf das Personalinformationssystem allein aufgrund und zum Zwecke der Betriebsratstätigkeit erfolgt sind. Dass das Betriebsratsmitglied mit seinem Verhalten auch gegen seine arbeitsvertraglichen Verpflichtungen verstoßen hat, rechtfertigt unter Abwägung der weiteren Umstände des Einzelfalls keine sofortige Auflösung des Arbeitsverhältnisses.

Das LAG hat die Rechtsbeschwerde an das BAG nicht zugelassen.

Folgen für die Praxis:

Vorliegend hat das Betriebsratsmitglied fraglos erheblich gegen seine Verpflichtung verstoßen, personenbezogene Daten nicht unbefugt zu nutzen. In dem elektronischen Personeninformationssystem waren sämtliche Daten zu den jeweiligen Mitarbeitern gespeichert. Das Betriebsratsmitglied hat sich ohne Zustimmung der jeweils Beschäftigten Einblick verschafft.

Der Arbeitgeber versuchte insbesondere die fristlose Kündigung des Betriebsratsmitglieds. Der Ausschluss aus dem Betriebsrat sollte nur hilfsweise erfolgen, falls die Kündigung scheitern sollte.

Bei der Beurteilung der Kündigung kam dem Betriebsratsmitglied „zugute“, dass es seine Pflichtverletzung im Rahmen seiner Betriebsratstätigkeit begangen hatte. Deswegen müsse – so das Gericht – ein besonders strenger Maßstab für den Kündigungsgrund geltend, da ein Betriebsratsmitglied regelmäßig in einer besonderen Konfliktsituation stehe.

Den Interessen des Arbeitgebers sei in einem solchen Fall, in denen der Pflichtverstoß ausschließlich im Rahmen der Amtstätigkeit erfolgt, hinreichend dadurch Rechnung getragen, dass er ein Ausschlussverfahren betreiben könne – so das Gericht.
Die Kündigung war daher unberechtigt.

Anders der Ausschlussantrag des Arbeitgebers.
Das LAG hatte keinen Zweifel daran, dass der Pflichtenverstoß des Betriebsratsmitglieds objektiv erheblich und offensichtlich schwerwiegend war.
Der Pflichtenverstoß muss sich auch auf die weitere Arbeit des Betriebsrates nachteilig auswirken. Dies sah das Gericht durch den Vertrauensverlust der Beschäftigten in das Betriebsratsmitglied als auch den Vertrauensverlust zwischen den Betriebsparteien als erfüllt an.

Letztlich positiv zu sehen ist, dass die außerordentliche Kündigung des Betriebsratsmitglieds gescheitert ist. Das LAG hat den besonders strengen Maßstab gestärkt, der bei einem Pflichtenverstoß im Rahmen des Betriebsratstätigkeit anzulegen ist.

Beschluss des LAG Berlin-Brandenburg vom 12.11.2012, Az: 17 TaBV 1318/12