Leitsätze der Redaktion

 

1. Die Zahlung von Aufwandsentschädigungen an Betriebsratsmitglieder darf keine versteckte Lohnerhöhung darstellen.
2. Wehrt sich ein Betriebsrat gegen die Streichung einer solchen Pauschale durch den Arbeitgeber, muss er deren Zulässigkeit darlegen und beweisen.
3. Ein pauschaler Aufwendungsersatz muss an die typischen und erwartbaren Auslagen anknüpfen.
4. Wird die Pauschale über Jahrzehnte unverändert gewährt, spricht dies gegen die Orientierung an den tatsächlichen Verhältnissen.
5. Eine Generalpauschale für alle Betriebsratsmitglieder in gleicher Höhe ist in aller Regel unzulässig, ebenso die generelle Zahlung einer Mehrarbeitspauschale statt des Freizeitausgleichs nach § 37 Abs. 3 BetrVG.

Anmerkung von Matthias Beckmann, DGB Rechtsschutz GmbH:

Das Betriebsratsamt ist ein Ehrenamt. Um diesen betriebsverfassungsrechtlichen Grundsatz dreht sich die Entscheidung des ArbG Stuttgart.
Aus dem Ehrenamtsprinzip folgt, dass Betriebsratsmitglieder für ihre Betriebsrats-Tätigkeit keine besondere Vergütung erhalten dürfen. In die gleiche Richtung zielt das sogenannte Begünstigungsverbot. Betriebsratsmitglieder dürfen nicht bessergestellt werden als vergleichbare andere Beschäftigte – dies soll unter anderem auch die Unabhängigkeit des Betriebsrates sicherstellen.
Auf der anderen Seite hat der Arbeitgeber aber die Kosten zu tragen, die dem Betriebsrat durch seine Tätigkeit entstehen. Derartige Aufwendungen müssen vom Arbeitgeber ersetzt werden. Der Betriebsrat darf durch seine Tätigkeit schließlich auch nicht finanziell benachteiligt sein.

Hier besteht insbesondere dann Konfliktpotential, wenn der Arbeitgeber nicht konkret die vom Betriebsrat gemachten Aufwendungen jeweils finanziell ausgleicht, sondern eine Pauschale zahlt.

Im vorliegenden Fall hatte der Arbeitgeber jahrelang eine Mehrarbeitspauschale und einen pauschalen Aufwendungsersatz gezahlt. Jedes Betriebsratsmitglied erhielt, ohne dass geprüft wurde, ob tatsächlich Mehrarbeit oder Aufwendungen anfielen, monatlich einen pauschalen Zusatzbetrag. Als der Arbeitgeber diese Pauschale abschaffte bzw. kürzte, klagte ein Betriebsratsmitglied hiergegen.

Das ArbG wies die Klage ab. Die Mehrarbeitspauschale sei wegen Verstoßes gegen das Begünstigungsverbot rechtswidrig und daher unwirksam.
Grundsätzlich könnten regelmäßig wiederkehrende Kosten zwar auch durch Pauschalen an die Betriebsratsmitglieder ersetzt werden, es müsse aber ein Bezug zu tatsächlichen Aufwendungen bestehen. Ein Anknüpfen an typische oder erwartbare Auslagen wäre aber nicht erkennbar. Insbesondere dass alle Betriebsratsmitglieder dieselbe Pauschale erhielten, spräche gegen einen Bezug zu tatsächlich auch entstehenden Kosten.

Auch eine Mehrarbeitspauschale müsse sich an den tatsächlichen Umständen orientieren. Dies sei eine Grundvoraussetzung für ihre Zulässigkeit. Wiederum sprach hier gegen eine solche Orientierung, dass alle Betriebsratsmitglieder dieselbe Pauschale erhielten unabhängig von tatsächlich geleisteten Überstunden. Im Übrigen sei wegen der gesetzlichen Regelung ein Freizeitausgleich bei Mehrarbeitsstunden vorrangig. Nur wenn dies aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich sei, sei überhaupt eine Vergütung der Mehrarbeit zulässig.
Auch wenn eine Pauschale über Jahre hinweg in unveränderter Höhe gezahlt werde, spräche dies gegen eine Orientierung an den tatsächlichen Umständen.

Festzuhalten bleibt demnach, dass ein pauschalierter Aufwendungsersatz zwar grundsätzlich zulässig sein kann, aber erheblichen Anforderungen an die Begründetheit unterliegt. Das Anknüpfen an tatsächliche Aufwendungen oder Mehrarbeit muss sich auch in einer Differenzierung zwischen den Betriebsratsmitgliedern niederschlagen. Die gleiche Pauschale für alle ist in jedem Fall unwirksam.
Auch obliegt dem Betriebsratsmitglied, welches die Pauschale für sich geltend macht, als Anspruchssteller die Darlegung der Zulässigkeit der Pauschale.

Das Urteil des ArbG Stuttgart vom 13.12.2012, Az: 24 Ca 5430/12