Dietmar Hexel erläutert, wie Betriebsräte auch bei geänderter Firmenstruktur ihr Mitbestimmungsrecht wahren können.
Dietmar Hexel erläutert, wie Betriebsräte auch bei geänderter Firmenstruktur ihr Mitbestimmungsrecht wahren können.

Komplexität und Beschleunigung beherrschen das Geschehen. Vernetzte Wertschöpfungsketten, differenzierte Kundenwünsche, Digitalisierung, ganzheitliche Produktionssysteme und ein stärkerer Wunsch der Beschäftigten nach Sinn, Respekt und Selbstbestimmung erfordern eine Weiterentwicklung der Arbeitsbeziehungen.
 

Mitbestimmung bei agilen Arbeitsgruppen

Neue Führungsphilosophien lauten „Transparenz und Vertrauen“ statt „Kommando und Kontrolle“. Neben hierarchischen Strukturen entstehen übergreifende Netzwerke und „agile“ Arbeitsformen.
 
Solche grundlegend anderen Organisationsformen und Methoden bedürfen der vorherigen Zustimmung des Betriebsrats und einer klaren Haltung der Unternehmensführung zu einem humanistischen Menschenbild.
 
Agile Arbeitsgruppen haben im Gegensatz zur „klassischen“ Arbeitsorganisation die weitgehende Ressourcenhoheit über ihre eigene Arbeit. Gleichzeitig verändert sich das Verhältnis zum Betriebsrat und zu zentralen Regelungen.
 

Betriebsrat kann Aufgaben delegieren

Den Regelungsrahmen bildet § 28a BetrVG. Danach sind zwei Betriebsvereinbarungen abzuschließen. Eine regelt, was die Arbeitsgruppen zukünftig alleine entscheiden und verhandeln können ohne das Risiko einer Selbstausbeutung.
 
„Agile Mitbestimmung“ bedeutet Abbau von Fremdherrschaft, mehr Gestaltungsfreiheit, mehr demokratische Selbstorganisation und Selbstbestimmung.
 
Dazu gehören auch die Wahl von Managern und ein anderes Selbstverständnis der Unternehmen. Nachhaltige Unternehmen müssen zukünftig sowohl für den Einzelnen, als auch für die Gesellschaft insgesamt sinnvoll sein und einen Beitrag zum Gemeinwohl (Purpose) leisten.
 
Dieser Beitrag ist aus der Fachzeitschrift Arbeit und Recht, ISSN 0003-7648, 06/2019, vom Juni 2019, 69. Jahrgang
 
»Arbeit und Recht« ist eine der profiliertesten Autoren-Fachzeitschriften.
Sie befasst sich intensiv, differenziert und auf wissenschaftlichem Niveau mit dem deutschen und europäischen Arbeitsrecht. In enger Zusammenarbeit mit dem Bundesarbeitsgericht, dem Bundessozialgericht und der DGB Rechtsschutz GmbH bietet die Fachzeitschrift vertiefte Informationen zur deutschen und europäischen Rechtspolitik und Rechtsetzung - immer mit Fokus auf Wissenschaft, gerichtliche und gewerkschaftliche Praxis.
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Rechtliche Grundlagen

§ 28a BetrVG

§ 28a Übertragung von Aufgaben auf Arbeitsgruppen

(1) In Betrieben mit mehr als 100 Arbeitnehmern kann der Betriebsrat mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder bestimmte Aufgaben auf Arbeitsgruppen übertragen; dies erfolgt nach Maßgabe einer mit dem Arbeitgeber abzuschließenden Rahmenvereinbarung. Die Aufgaben müssen im Zusammenhang mit den von der Arbeitsgruppe zu erledigenden Tätigkeiten stehen. Die Übertragung bedarf der Schriftform. Für den Widerruf der Übertragung gelten Satz 1 erster Halbsatz und Satz 3 entsprechend.

(2) Die Arbeitsgruppe kann im Rahmen der ihr übertragenen Aufgaben mit dem Arbeitgeber Vereinbarungen schließen; eine Vereinbarung bedarf der Mehrheit der Stimmen der Gruppenmitglieder. § 77 gilt entsprechend. Können sich Arbeitgeber und Arbeitsgruppe in einer Angelegenheit nicht einigen, nimmt der Betriebsrat das Beteiligungsrecht wahr.