Der Betriebsrat muss bei seiner Arbeit darauf achten, was geheim oder vertraulich ist und was er offenbaren darf. Copyright by Destina/fotolia.
Der Betriebsrat muss bei seiner Arbeit darauf achten, was geheim oder vertraulich ist und was er offenbaren darf. Copyright by Destina/fotolia.

Die strafrechtlichen Normen des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) bieten zum einen Schutz gegen eine Beeinflussung der Betriebsratsarbeit. 

§ 120 BetrVG schützt die Geheimhaltungsinteressen des Arbeitgebers und die Vertraulichkeitsinteressen der Arbeitnehmer*innen und schränkt damit die Handlungsfreiheit des Betriebsrates ein. 

Geheimhaltungsinteressen der Arbeitgeber

§ 120 BetrVG lautet auszugsweise: Wer unbefugt ein fremdes Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis offenbart, das ihm in seiner Eigenschaft als Mitglied des Betriebsrats (…) bekannt geworden ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. 

Als Täter kommen in Betracht: Mitglieder oder Ersatzmitglieder des Betriebsrats, Vertreter

einer Gewerkschaft oder Arbeitgebervereinigung sowie Sachverständige, Berater,

Auskunftspersonen und Arbeitnehmer, die vom Betriebsrat zur Erfüllung seiner Aufgaben

hinzugezogen oder ihm zur Verfügung gestellt werden.

Die strafrechtliche Vorschrift enthält eine wichtige Einschränkung: Der Arbeitgeber muss ausdrücklich darauf hingewiesen haben, dass bestimmte Informationen geheim bleiben sollen.

Nicht alles ist geheim zu halten

Was geheimhaltungsbedürftig ist, richtet sich vor allem nach § 79 BetrVG. Nach dieser Vorschrift sind Mitglieder und Ersatzmitglieder des Betriebsrats verpflichtet, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die ihnen wegen ihrer Zugehörigkeit zum Betriebsrat bekannt geworden und vom Arbeitgeber ausdrücklich als geheimhaltungsbedürftig bezeichnet worden sind, nicht zu offenbaren und nicht zu verwerten. 

Die Verpflichtung zur Geheimhaltung gilt nicht gegenüber anderen Mitgliedern des Betriebsrats.

Im Streitfall ist gerichtlich zu klären, wann ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis vorliegt. 

Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse

Der Begriff ist gesetzlich nicht definiert. Nach dem Bundesarbeitsgericht gilt: Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse sind Tatsachen, die im Zusammenhang mit einem Geschäftsbetrieb stehen, nicht offenkundig, sondern nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt sind und nach dem bekundeten Willen des Betriebsinhabers geheim gehalten werden sollen; es muss an der Geheimhaltung ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse bestehen (BAG vom 10.03.2009  - 1 ABR 87/07).

Beispiele für Betriebsgeheimnisse, die den technischen Betriebsablauf betreffen, sind Diensterfindungen, Konstruktionsbezeichnungen, Unterlagen über neue technische Verfahren, Modelle, Versuchsprotokolle, chemische Formeln, Rezepturen etc.

Geschäftsgeheimnisse, die den allgemeinen Geschäftsverkehr des Unternehmens betreffen, sind wirtschaftliche und kaufmännische Tatsachen wie Absatzplanung, Vorzugspreise, Kalkulation, Liquidität, Auftragslage, Umsatzhöhe, Kundenlisten.

Objektives Geheimhaltungsinteresse

Neben der ausdrücklichen Bezeichnung der Umstände als geheim, ist erforderlich, dass der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung hat. Dafür muss jeweils objektiv feststellbar sein, ob ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis vorliegt oder nicht. 

Besteht kein objektives Geheimhaltungsinteresse, so kann der Arbeitgeber eine Angelegenheit nicht willkürlich - etwa durch ihre Bezeichnung als vertrauliche Mitteilung - zum Geschäftsgeheimnis machen. 

Unlautere oder gesetzeswidrige Vorgänge, wie zum Beispiel Steuerhinterziehungen genießen keinen Geheimschutz. 

Entlassungspläne als Geschäftsgeheimnis?

Verhandlungen über einen Interessensausgleich und Planungen zur Personalreduzierung können Arbeitgeber nicht per se wirksam zu Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen erklären. 

Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein stellte sich klar der Arbeitgeberposition entgegen, wonach Informationen über einen geplanten betriebsändernden Personalabbau generell bis zum Abschluss der Verhandlungen über einen Interessensausgleich unter die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse fallen (Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Beschluss vom 20.05.2015, 3 TaBV 35/14). 

Daran ändere auch eine ausdrückliche Geheimhaltungserklärung der Arbeitgeberseite nichts. Vielmehr sei immer eine Wertung im Einzelfall erforderlich, um zu klären, ob ein sachliches und objektiv berechtigtes wirtschaftliches Interesse an der Geheimhaltung vorliegt. Pauschale Argumente wie die Sorge vor Unruhe in der Belegschaft oder einem Wettbewerbsnachteil sieht das Landesarbeitsgericht nicht als ausreichend an. 

Vertraulichkeitsinteressen der Arbeitnehmer

Nach § 120 BetrVG wird auch bestraft, wer unbefugt ein fremdes Geheimnis eines Arbeitnehmers aus dessen persönlichen Lebensbereich offenbart, das ihm in seiner Eigenschaft als Mitglied des Betriebsrats bekannt geworden ist. 

Es muss sich um ein Geheimnis handeln, über das nach den Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes Stillschweigen zu bewahren ist. Dazu zählen der Inhalt einer Personalakte oder von Gehaltsverhandlungen (§§ 82, 83 BetrVG) sowie persönliche Verhältnisse der Arbeitnehmer, die im Rahmen personeller Maßnahmen bekannt geworden und vertraulich sind (z.B. Krankheiten und Vorstrafen).

Wahrung entgegenlaufender Interessen

Problemtisch ist für den Betriebsrat, dass er verschiedene, zum Teil gegensätzliche Interessen zu berücksichtigen hat. 

So ist er zum Beispiel nach § 89 BetrVG verpflichtet, bei der Bekämpfung von Unfall- und Gesundheitsgefahren die für den Arbeitsschutz zuständigen Behörden durch Anregung, Beratung und Auskunft zu unterstützen. Diese Verpflichtungen können nicht generell hinter den Geheimhaltungsinteressen und dem Datenschutz zurückstehen. 

Arbeitnehmerdatenschutz und Arbeitszeitschutz  

Nach ganz allgemeiner Meinung im Schrifttum steht die Geheimhaltungspflicht des Betriebsrats der Unterrichtung des Amtes für Arbeitsschutz über die tatsächlich geleisteten Arbeitszeiten der Arbeitnehmer nicht entgegen. Wegen der ausdrücklichen Pflicht zur Auskunft gegenüber den Aufsichtsbehörden, tritt die Schweigepflicht grundsätzlich zurück. 

Aber: Die Auskunftspflicht berechtigt den Betriebsrat nicht immer und ohne Ausnahmen dazu, den Aufsichtsbehörden die vom Arbeitgeber elektronisch erfassten tatsächlich geleisteten Arbeitszeiten der Arbeitnehmer namensbezogen mitzuteilen. Aus Gründen des Datenschutzes müsse der Betriebsrat vielmehr im Einzelfall die Erforderlichkeit der Datenweitergabe prüfen und hierbei die Interessen der betroffenen Arbeitnehmer berücksichtigen (BAG, Beschluss vom 3.06.2003, 1 ABR 19/02). 

Offenbleiben muss, ob dies unverändert nach Einführung der Datenschutzgrundverordnung DSGVO gilt. Nach der alten Regelung im Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) durften personenbezogene Daten eines Beschäftigten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses für dessen Durchführung oder Beendigung erforderlich ist. 

Die neue Regelung zum Beschäftigtendatenschutz (§ 26 BDSG) ist erweitert worden, unter anderem um Daten, die für die Pflichterfüllung der Interessenvertretung erforderlich sind (...oder zur Ausübung oder Erfüllung der sich aus einem Gesetz oder einem Tarifvertrag, einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung (Kollektivvereinbarung) ergebenden Rechte und Pflichten der Interessenvertretung der Beschäftigten erforderlich ist.). 

Strafrechtsnormen des Betriebsverfassungsgesetzes sind Antragsdelikte

Mögliche Straftaten werden nach § 120 BetrVG - ebenso wie die Behinderung der Betriebsratsarbeit nach § 119 BetrVG - nur auf Antrag des Verletzten verfolgt. 

Ein Tipp zum Schluss: Erforderliche Schulungsmaßnahme

Die Strafrechtsvorschriften der §§ 119 und 120 BetrVG gehören zum Grundlagenwissen für Betriebsräte. Eine Schulung zu dem Thema kann deshalb erforderlich sein, wie das Landesarbeitsgericht Köln in einem Beschlussverfahren bestätigte (14 TaBV 44/07).
 

Besonders wichtig dabei: Das gilt ohne konkreten betrieblichen Anlass.

 

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Rechtliche Grundlagen

§ 120 Betriebsverfassungsgesetz

§ 120 BetrVG Verletzung von Geheimnissen

Wer unbefugt ein fremdes Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis offenbart, das ihm in seiner Eigenschaft als
1. Mitglied oder Ersatzmitglied des Betriebsrats oder einer der in § 79 Abs. 2 bezeichneten Stellen,
2. Vertreter einer Gewerkschaft oder Arbeitgebervereinigung,
3. Sachverständiger, der vom Betriebsrat nach § 80 Abs. 3 hinzugezogen oder von der Einigungsstelle nach § 109 Satz 3 angehört worden ist,
3a. Berater, der vom Betriebsrat nach § 111 Satz 2 hinzugezogen worden ist,
3b. Auskunftsperson, die dem Betriebsrat nach § 80 Absatz 2 Satz 4 zur Verfügung gestellt worden ist, oder
4. Arbeitnehmer, der vom Betriebsrat nach § 107 Abs. 3 Satz 3 oder vom Wirtschaftsausschuss nach § 108 Abs. 2 Satz 2 hinzugezogen worden ist,
bekannt geworden und das vom Arbeitgeber ausdrücklich als geheimhaltungsbedürftig bezeichnet worden ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt ein fremdes Geheimnis eines Arbeitnehmers, namentlich ein zu dessen persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis, offenbart, das ihm in seiner Eigenschaft als Mitglied oder Ersatzmitglied des Betriebsrats oder einer der in § 79 Abs. 2 bezeichneten Stellen bekannt geworden ist und über das nach den Vorschriften dieses Gesetzes Stillschweigen zu bewahren ist.
(3) Handelt der Täter gegen Entgelt oder in der Absicht, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe. Ebenso wird bestraft, wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, zu dessen Geheimhaltung er nach den Absätzen 1 oder 2 verpflichtet ist, verwertet.
(4) Die Absätze 1 bis 3 sind auch anzuwenden, wenn der Täter das fremde Geheimnis nach dem Tode des Betroffenen unbefugt offenbart oder verwertet.
(5) Die Tat wird nur auf Antrag des Verletzten verfolgt. Stirbt der Verletzte, so geht das Antragsrecht nach § 77 Abs. 2 des Strafgesetzbuches auf die Angehörigen über, wenn das Geheimnis zum persönlichen Lebensbereich des Verletzten gehört; in anderen Fällen geht es auf die Erben über. Offenbart der Täter das Geheimnis nach dem Tode des Betroffenen, so gilt Satz 2 sinngemäß.