Betriebsratswahl per Online führt zur Nichtigkeit der Wahl
Betriebsratswahl per Online führt zur Nichtigkeit der Wahl

Wahlvorstand stützt Einführung der Online-Wahl auf professorales Gutachten

 
Der für die Betriebsratswahl verantwortliche Wahlvorstand beabsichtigte, die anstehende Wahl als Präsenz- und Briefwahl und zugleich auch noch als Online-Wahl durchzuführen. Um die im Gesetz nicht vorgesehene Möglichkeit der Online-Wahl rechtlich absichern zu lassen, holten Wahlvorstand und Arbeitgeberin ein Gutachten ein. Erstellt hat das Gutachten Prof. Dr. W., Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Recht der Umwelt, Technik und Information an der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bayreuth im September 2015.
 

Sieben Arbeitnehmerinnen beantragen festzustellen, dass die Wahl nichtig ist

 
In dem Verfahren vor dem Arbeitsgericht beriefen sich die Arbeitnehmerinnen, auf eine Mehrzahl von Anfechtungsgründen. Im Besonderen waren sie der Auffassung, dass die gesetzlich nicht vorgesehene Online-Wahl die Nichtigkeit der Wahl zur Folge haben müsse. Denn ein elektronisches Wahlverfahren verstoße gegen den Grundsatz der Öffentlichkeit. Überdies können die Wähler Manipulationen nicht feststellen bzw. nachweisen. Auch sei der Unmittelbarkeitsgrundsatz verletzt, da die Zugangsdaten an betriebliche E-Mail-Adressen versandt worden seien, die von mehreren Personen gemeinsam genutzt würden.
 

Arbeitsgericht stützt Entscheidung auf Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts

 
Ohne auf weitere hilfsweise vorgebrachte Anfechtungsgründe näher einzugehen, kamen die Richter*innen des Hamburger Arbeitsgerichts in ihrem Beschluss vom 07.06.2017 zu dem Ergebnis, dass die Durchführung einer Online-Wahl zur Nichtigkeit der Betriebsratswahl führt. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei eine Betriebsratswahl dann nichtig, wenn ein grober und offensichtlicher Verstoß gegen wesentliche Grundsätze des gesetzlichen Wahlrechts vorliegt. Ein solcher Verstoß setzt voraus, dass auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht mehr besteht. Von einem solchen Fall sei hier auszugehen. Die Wahlordnung sehe neben der klassischen Präsenzwahl auch die Möglichkeit der schriftlichen Stimmabgabe einer Briefwahl vor. Eine elektronische Stimmabgabe per Online-Wahl sei nicht von der Wahlordnung vorgesehen.
 

Beschluss noch nicht rechtskräftig

 
Gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts besteht für den Betriebsrat und die Arbeitgeberin die Möglichkeit, Beschwerde beim Landesarbeitsgericht einzulegen. Sollte eine der Beteiligten hiervon Gebrauch machen, werden wir über den weiteren Verlauf berichten.
 

Hier finden Sie den Beschluss Arbeitsgericht Hamburg vom 07.06.2017

Das sagen wir dazu:

Folgen einer Anfechtung


Wird eine Betriebsratswahl erfolgreich angefochten, verliert der Betriebsrat mit Rechtskraft des entsprechenden arbeitsgerichtlichen Beschlusses sein Amt. Die Wahl muss wiederholt werden. Bisher von dem Betriebsrat gefasste Beschlüsse bleiben wirksam!

Nichtigkeit der Betriebsratswahl

In extremen Ausnahmefällen kann die Nichtigkeit der Wahl festgestellt werden.
Die Konsequenzen sind in diesem Fall erheblich: Der betroffene Betriebsrat verliert nach rechtskräftiger Feststellung der Nichtigkeit umgehend sein Mandat, alle bisher gefassten Beschlüsse sind nichtig, Neuwahlen müssen durchgeführt werden.
Im Gegensatz zur Anfechtung kann jede Person die Nichtigkeit der Wahl geltend machen. Einen entsprechenden Antrag kann sie jederzeit stellen – er ist nicht an eine gesetzliche Frist gebunden. Somit kann die Überprüfung auch während der gesamten Amtszeit des neu gewählten Betriebsrats erfolgen.