Nach fünf Jahren als Leiharbeitnehmer endlich fest eingestellt: Ein Grund zur Freude, meinte ein Mann aus dem Raum Hameln. Die Firma stellte ihn zunächst zwar nur befristet ein, es gab aber Hoffnung auf Entfristung.

Diese Hoffnung starb weitere vier Jahre später, als das befristete Arbeitsverhältnis vom Chef nicht mehr verlängert wurde. Im letzten Arbeitsvertrag von Anfang 2019 hieß es, der Mitarbeiter werde zur Vertretung eines krankheitsbedingt ausgefallenen Kollegen befristet bis maximal 31. März 2021 als Produktionsmitarbeiter eingestellt.

Der Erkrankte schied aus

Tatsächlich kehrte der erkrankte Arbeitnehmer innerhalb der Befristungszeit der Ersatzkraft nicht mehr zurück. Schon Mitte 2020 beendete der Abwesende sein Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber. Der Vertreter war davon nicht betroffen. Sein Vertrag lief bis zum zeitlich vereinbarten Befristungsende weiter.

Obwohl der Arbeitsplatz vor dem Ende der Befristung frei wurde, stellte der Chef den Vertreter nicht dauerhaft ein. Uwe Ellersiek vom Rechtsschutzbüro Hameln vertrat den von Arbeitslosigkeit bedrohten Mann, der im Unternehmen insgesamt neun Jahre lang gearbeitet hatte und kämpfte um eine dauerhafte Einstellung seines Mandanten.

„Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht stand unserem Antrag auf Entfristung entgegen“ bedauert Ellersiek die ablehnende gerichtliche Entscheidung. Der von ihm vertretene Kläger habe letztlich keine Chance vor Gericht gehabt.

Den Grund zur Vertretung gab es im Betrieb

Der erkrankte Mitarbeiter sei zunächst durch eine andere Person vertreten worden. Dieser Mitarbeiter werde zwischenzeitlich an anderer Stelle beschäftigt. Damit habe der Chef eine neue Vertretung für den kranken Mitarbeiter finden müssen. Die Wahl sei auf den Kläger gefallen.

Den Vertretungsbedarf habe es damit nachweislich gegeben, heißt es im Urteil des Arbeitsgerichts Hameln.

Weil der Kläger schon zuvor mehrere Verträge mit derselben Firma gehabt habe, sei nur noch eine Befristung mit Sachgrund möglich gewesen. Die Vertretung eines*r erkrankten Mitarbeiter*in sei ein anerkannter Sachgrund. In welcher Weise der Arbeitgeber befristete Arbeitsverträge abschließen dürfe, habe das Bundesarbeitsgericht abschließend entschieden.

Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Befristung

Der sachliche Grund für die Befristung liegt in den Fällen der Vertretung nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts darin, dass der Arbeitgeber mit dem*der ausfallenden Mitarbeiter*in bereits in einem Arbeitsverhältnis steht und mit dessen*deren Rückkehr rechnet. Deshalb besteht für die Vertretung von vorneherein nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis.

Bei einer Arbeitsunfähigkeit kann der Arbeitgeber grundsätzlich davon ausgehen, dass der*die krankheitsbedingt ausgefallene Mitarbeiter*in zurückkehrt. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, sich zu erkundigen, wie lange die Arbeitsunfähigkeit voraussichtlich andauern wird.

Der Sachgrund der Vertretung gilt aber als vorgeschoben, wenn der Arbeitgeber über Informationen verfügt, an Hand derer er an der Rückkehr des *der Erkrankten zweifeln muss.

Die Dauer der Befristung muss der Arbeitgeber nicht rechtfertigen. Die Laufzeit des befristeten Arbeitsvertrages muss sich daher nicht mit der voraussichtlichen Dauer der Arbeitsunfähigkeit des*der ausgefallenen Stammkraft decken.

Die Tätigkeiten dürfen unterschiedlich sein

Außerdem muss eine befristet eingestellte Person nicht unmittelbar diejenige Tätigkeit übernehmen, die die zeitweilig ausfallende Stammkraft innehatte. Die befristete Beschäftigung zur Vertretung lässt es zu, dass der Arbeitgeber andere Beschäftigte versetzt oder umsetzt. Der Arbeitgeber muss nur nachweisen, dass die Einstellung einer Vertretung mit dem Ausfall einer anderen Arbeitskraft im Zusammenhang steht. Das berechtigt auch zu Umorganisationen innerhalb des Betriebes.

Der Arbeitgeber habe alle rechtlichen Vorgaben beachtet, heißt es im Urteil aus Hameln. Insbesondere habe der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis auch doppelt befristen dürfen. Es sei zulässig, im Vertrag festzuschreiben, dass das Arbeitsverhältnis mit der Rückkehr des*der Erkrankten endet und daneben noch eine zeitliche Befristung auf ein bestimmtes Datum zu vereinbaren.

Selbst wenn über den vereinbarten Zweck - hier die Vertretung - hinaus gearbeitet werde, führe dies nicht zu einer unbefristeten Fortdauer des Arbeitsverhältnisses. Das Arbeitsverhältnis dürfe bis zur vereinbarten zeitlichen Höchstbefristung fortgeführt werden.

Die zeitliche Höchstbefristung bleibt auch bei vorzeitigem Ausscheiden

Auch das zwischenzeitliche Ausscheiden des erkrankten Mitarbeiters und die damit feststehende Tatsache, dass dieser nicht mehr zurückkehrt, ändere nichts daran, dass es bei der zeitlichen Höchstbefristung bleibe. Für deren Wirksamkeit komme es nämlich nur auf die Situation zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses an.

Damals konnte der Arbeitgeber nicht voraussehen, dass sein erkrankter Mitarbeiter ausscheiden würde. Das reichte dem Gericht als Rechtfertigung für die Befristung aus. Obwohl frühzeitig feststand, dass der kranke Mitarbeiter nicht mehr zurückkommen würde, lief die Befristung weiter und endete wie ursprünglich vereinbart. Und das nach neun Jahren!

Das ist kein Grund zur Freude

Uwe Ellersiek bezeichnet das Befristungsrecht als „Katastrophe“, zumindest sofern es die sachgrundlose und die doppelte Befristung betreffe. Das Bundesarbeitsgericht halte die doppelte Befristung ausdrücklich für zulässig. Es sei an der Zeit, dass sich auch der Gesetzgeber noch einmal an das Thema mache. Die Befristung mit einem Sachgrund nimmt er davon aus. Eine Chance hätte sein Mandant nur gehabt, wenn der Arbeitgeber schon zu Beginn der Befristung gewusst hätte, dass der Erkrankte seine Arbeit aufgrund der Arbeitsunfähigkeit nicht mehr wieder aufnehmen würde, meint Uwe Ellersiek weiter. So, wie es aussieht, werden wir mit der sachgrundlosen und auch der doppelte Befristung weiter leben müssen. Sozialpolitisch sind beide vielfach nicht gewollt - solange das Gesetz jedoch nicht geändert wird und die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht dazu eindeutig ist, wird sich daran nichts ändern.

Das Urteil des Arbeitsgericht Hameln vom 8. September 2021 – 3 Ca 68/21 hier im Volltext