Arbeitgeber war hier ein querschnittsgelähmter Mann, der nach einem Arbeitsunfall eine
24-Stunden Betreuung brauchte. Er beschäftigte mehrere Pflegekräfte. Die Klägerin stellte er ab November 2008 für die Grundpflege, Behandlungspflege und alle notwendigen hauswirtschaftlichen Tätigkeiten ein.
Im Arbeitsvertrag stand zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter anderem:
Bei Tod des Arbeitgebers oder dessen dauerhaften Unterbringung in einer stationären Einrichtung endet der Vertrag 14 Tage nach dem Todestag bzw. dem Aufnahmetag, ohne dass es einer Kündigung bedarf.
Eine Schwangerschaft und ein Todesfall
Im Herbst 2019 wurde die Pflegekraft schwanger und befand sich ab Ende November im Beschäftigungsverbot.
Der pflegebedürftige Mann verstarb am 21. März 2020. Ein bevollmächtigter Neffe beantragte beim zuständigen Landesamt die behördliche Zustimmung, um das Arbeitsverhältnis mit der schwangeren Pflegekraft zu kündigen. Das Landesamt verwies darauf, dass das Arbeitsverhältnisses durch den Tod des Arbeitgebers ende. Eine Zustimmung zur Kündigung sei deshalb nicht nötig.
Der Neffe teilte der Klägerin daraufhin schriftlich mit, dass das Arbeitsverhältnisses gemäß des Arbeitsvertrages zum 04. April 2020 ende. Vorsorglich kündigte er das Arbeitsverhältnis außerordentlich zum gleichen Zeitpunkt, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin.
Wird der Mutterschutz umgangen?
Die Pflegekraft erhob Klage beim Arbeitsgericht Stralsund. Die Regelung im Arbeitsvertrag, nach der das Arbeitsverhältnis automatisch 14 Tage nach dem Tod des Arbeitgebers ende, sei unwirksam. Denn dadurch werde das Mutterschutzgesetz umgangen und die gesetzliche Kündigungsfrist verkürzt.
Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Ihre Berufung beim Landesarbeitsgericht (LAG) begründete die Klägerin mit der Unzulässigkeit einer Kündigung während der Schwangerschaft. Die Regelung im Mutterschutzgesetz solle eine finanzielle Absicherung der werdenden Mutter gewährleisten und sie vor der psychischen Belastung einer Kündigung bewahren. Nicht anders verhalte es sich, wenn ein Arbeitsvertrag befristet sei. Zudem sei die Regelung im Arbeitsvertrag unwirksam, wonach das Arbeitsverhältnis zwei Wochen nach dem Tod enden solle. Das widerspreche dem Teilzeit- und Befristungsgesetz, wonach ein Arbeitsverhältnis frühestens zwei Wochen nach schriftlicher Mitteilung über die Zweckerreichung ende.
Der Tod als solcher ist gewiss, nur der Zeitpunkt nicht
Die Richter*innen beim LAG stimmten der Rechtsauffassung der Klägerin nicht zu. Sie sahen das mit dem Verstorbenen geschlossene und auf die Erben übergegangene Arbeitsverhältnis ebenfalls als beendet an.
Die strittige Regelung im Arbeitsvertrag ordneten die Richter*innen als Zweckbefristung ein. In einem solchen Fall betrachten die Vertragsparteien den Eintritt des künftigen Ereignisses als feststehend und nur den Zeitpunkt des Eintritts als ungewiss. Ob der pflegebedürftige Mann jemals dauerhaft stationär versorgt werden würde, sei ungewiss gewesen, nicht hingegen der Tod.
Die Regelung, wonach mit dem Tod des Arbeitgebers der Arbeitsvertrag ende, sei auch hinreichend bestimmt, da der Todestag einer Person zweifelsfrei feststellbar sei.
Die Eigenart der Arbeitsleistung rechtfertigt die Befristung
Neben der Möglichkeit, einen Arbeitsvertrag nur für eine bestimmte Zeit nach dem Kalender abzuschließen, ist eine Befristung zulässig, wenn es dafür einen sachlichen Grund gibt.
Wenn die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt, stellt dies einen sachlichen Grund dar. Den bejahte das LAG hier. Das Arbeitsverhältnis einer Pflegekraft, die ausschließlich zur Betreuung des pflegebedürftigen Arbeitgebers eingestellt wird, weise Besonderheiten auf. Diese ließen eine zweckbefristete Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Tod des Arbeitgebers zu.
Kein Verstoß gegen das Mutterschutzgesetz
Die Befristung des Arbeitsvertrages verstoße nicht gegen das Mutterschutzgesetz, so das LAG weiter. § 17 des Gesetzes beziehe sich ausschließlich auf Kündigungen, nicht aber auf Befristungen. Es schütze nur vor Kündigungen durch den Arbeitgeber und nicht auch vor Beendigungen des Vertrags aus anderen Gründen.
Ein allgemeines Verbot der Beendigung des Arbeitsverhältnisses während der Schwangerschaft enthalte das Mutterschutzgesetz nicht.
Ein kleiner Erfolg beim Landesarbeitsgericht
Ein zweckbefristeter Arbeitsvertrag endet, wenn sein Zweck erreicht ist, frühestens jedoch zwei Wochen, nachdem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer darüber informiert hat. Daran gemessen habe das Arbeitsverhältnis nicht schon am 04. April 2020, sondern am 10. April 2020 geendet.
Bei dem kleinen Erfolg blieb es für die Klägerin. Im Übrigen wies das LAG ihre Berufung zurück. Aus welcher Sicht man diese besondere Situation auch betrachten mag, rein rechtlich konnte die Entscheidung keine andere sein.
LINKS:
Das vollständige Urteil des LAG ist hier nachzulesen
Hier gibt es allgemeine Infos zum Mutterschutz
Rechtliche Grundlagen
(1) Ein kalendermäßig befristeter Arbeitsvertrag endet mit Ablauf der vereinbarten Zeit.
(2) Ein zweckbefristeter Arbeitsvertrag endet mit Erreichen des Zwecks, frühestens jedoch zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Zweckerreichung.
(3)(4)(5)
§ 14 Teilzeit- und Befristungsgesetz: Zulässigkeit der Befristung
(1) Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn
1. der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,
2. die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern,
3. der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird,
4. die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt,
5.-8.
§ 17 Mutterschutzgesetz: Kündigungsverbot
(1) Die Kündigung gegenüber einer Frau ist unzulässig
1. während ihrer Schwangerschaft,
2. bis zum Ablauf von vier Monaten nach einer Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche und
3. bis zum Ende ihrer Schutzfrist nach der Entbindung, mindestens jedoch bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung,
wenn dem Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung die Schwangerschaft, die Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche oder die Entbindung bekannt ist oder wenn sie ihm innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird. (…)
(2)(3)