Eine Zweckbefristung ist unwirksam, wenn im Arbeitsvertrag selbst bereits sämtliche Umstände des Zwecks berücksichtigt. Copyright by K.C./fotolia
Eine Zweckbefristung ist unwirksam, wenn im Arbeitsvertrag selbst bereits sämtliche Umstände des Zwecks berücksichtigt. Copyright by K.C./fotolia

Befristungen  - kaum ein Thema im Arbeitsrecht lässt die Emotionen so hochkochen wie Arbeitsverhältnisse, die wegen eines bestimmten Zwecks oder gar sachgrundlos befristet sind. Einmal mehr konnte sich ein Gewerkschaftsmitglied, in diesem Fall ein Mitglied von Ver.di, mit Hilfe des Hamburger Büros der DGB Rechtsschutz GmbH gegen eine unrechtmäßige Befristung des Arbeitsvertrags wehren.
 
Der Kläger schloss im März 2016 einen Arbeitsvertrag mit der Beklagten. Diese betreibt in Hamburg ein medizinisch-psychologisches Institut zur Wiedererlangung der Fahrerlaubnis. Der Kläger wurde als studentische Hilfskraft eingestellt. Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt 17 Stunden pro Woche.
 

Befristeter Arbeitsvertrag

Zunächst war der Arbeitsvertrag vom März 2016 bis Ende Februar 2017 befristet. Das Arbeitsverhältnis sollte mit der Beendigung des Studiums enden. Der Arbeitsvertrag enthält außerdem noch folgende Regelungen:
 
-§ 2 Arbeitszeit und Art der Tätigkeit
 
1.    Der Mitarbeiter erbringt seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall auf Anforderung und Anweisung des zuständigen Vorgesetzten.
2.    Während des Semesters beträgt die maximale Arbeitszeit 20 Stunden je Woche.
In den Semesterferien kann die wöchentliche Arbeitszeit auch darüber liegen, max. 38,5 Stunden/Woche.
3.    Die Art der Tätigkeit bestimmt im Einzelnen der zuständige Vorgesetzte. Der Mitarbeiter erklärt sich bereit, auch an anderer Stelle des Unternehmens eine gleichartige oder eine andere Tätigkeit zu übernehmen, falls persönliche oder betriebliche Gründe dies erfordern.
 
    […]
 
-§ 4 Probezeit/Kündigungsfristen
 
       1.   Die ersten drei Monate des befristeten Arbeitsverhältnisses gelten als Probezeit. In diesem Zeitraum
    können beide Parteien das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von 14 Tagen kündigen.
    
    […]
 
3.    Das Arbeitsverhältnis endet automatisch, ohne dass es einer Kündigung bedarf, auch vor Ablauf
der Befristung in dem Zeitpunkt, in welchem der Mitarbeiter das Studium beendet. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Bekanntgabe der Prüfungsergebnisse.
 
Anfang Februar 2017 wurde das Arbeitsverhältnis befristet verlängert bis Ende August 2018. Mitte August 2017 konnte der Kläger sein Studium erfolgreich abschließen.
 

Kläger begehrt Feststellung

Die Beklagte äußerte dem Kläger gegenüber, dass sie das Arbeitsverhältnis wegen der bestandenen Abschlussprüfung als beendet ansehe. Nur aufgrund eines Irrtums sei der befristete Arbeitsvertrag bis zum 31. August 2018 verlängert worden.
 
Der Zweck der Befristung sei damit eingetreten. Der Kläger erhob Klage mit dem Ziel feststellen zu lassen, dass die Befristung unwirksam ist. Vertreten wurde der Kläger als Mitglied einer DGB-Gewerkschaft - Ver.di - vom DGB Rechtsschutz.
 
Der Kläger war der Meinung, das Arbeitsverhältnis sei über das Beendigungsdatum seines Studiums  - Mitte August 2017  - hinaus verlängert worden. Ebenfalls sei das Arbeitsverhältnis auch über den 31. August 2018 hinaus unbefristet verlängert worden. Die Beendigung des Studiums stelle keinen Sachgrund für die automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
 
Zwar habe er als Student ein Interesse daran gehabt, die von ihm geschuldete Arbeitsleistung flexibel erbringen zu dürfen. Dies sei aber bereits durch die entsprechenden Formulierungen im Arbeitsvertrag geschehen. So habe man eine flexible Arbeitszeit vereinbart  - dies habe zur Folge, dass die vereinbarte automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses und die Befristung zum 31. August 2018 unwirksam seien.
 

Arbeitsverhältnis ist unbefristet

Das Arbeitsgericht Hamburg gab der Klage statt. Es sah in der Formulierung im Arbeitsvertrag keine wirksame Sachgrundbefristung.
 
Die Beklagte machte nach Ansicht des Gerichts einzig die Harmonisierung von Studium und Arbeit geltend, um gemäß § 14 Absatz 1 Nr. 6 TzBfG die Zweckbefristung zu rechtfertigen. Zu wenig, wie das Arbeitsgericht Hamburg findet.
 
Das Arbeitsgericht betrachtet den Sachverhalt auch vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht.
 

Hintergrund: Was sagt das Bundesarbeitsgericht?

In älteren Entscheidungen vertrat das Bundesarbeitsgericht (BAG) die Ansicht, dass eine Befristung wie sie der Beklagten vorschwebt, in der Tat rechtmäßig ist. So war anerkannt, dass die Befristung von Arbeitsverträgen mit Studenten, die neben dem Studium bezahlte Nebenbeschäftigungen suchten, üblich und sachlich gerechtfertigt waren.
 
Dies galt für den Fall, dass die Erwerbstätigkeit immer wieder den wechselnden Erfordernissen des Studiums angepasst werden musste.
 
Nunmehr betont das BAG aber einen anderen Aspekt: Die Befristung muss angesichts der Vertragsgestaltung im Einzelfall erforderlich sein, um den stets wechselhaften Erfordernissen des Studiums zu entsprechen. Anders ist dies, wenn bereits die arbeitsvertragliche Vereinbarung so gestaltet ist, dass dem Studenten eine hinreichende flexible Handhabung seiner Arbeitszeiten möglich ist. Die Befristung kann dann nicht mehr auf die Notwendigkeit einer Anpassung der Arbeitszeiten an die Erfordernisse des Studiums gestützt werden.
 

Arbeitsvertrag regelt bereits alles

Nach Ansicht des Arbeitsgericht Hamburg ist im Arbeitsvertrag vom März 2016 bereits das Interesse des Klägers hinsichtlich flexibler Arbeitszeit berücksichtigt. Dem Kläger war es stets möglich, aufgrund des Arbeitsvertrages eine Tätigkeit bei der Beklagten den Erfordernissen seines Studiums anzupassen.
 
So sehe bereits § 2 Absatz 3 des Arbeitsvertrages vor, dass die Arbeitszeit während des Semesters maximal 20 Stunden beträgt. In den Semesterferien, der vorlesungsfreien Zeit, kann demgegenüber die Arbeitszeit auf bis zu 38,5 Stunden erhöht werden. Durch diese Regelung ist nach Ansicht des Arbeitsgerichts Hamburg eine Befristung des Arbeitsvertrages nicht erforderlich.
 
Nach den Regelungen des Arbeitsvertrages hat der Kläger keine Mindestarbeitszeit zu leisten. Eine Lage der Arbeitszeit ist gerade nicht fest vereinbart. Der Kläger kann also während der Vorlesungszeit seine Arbeitszeit quasi um die Vorlesungszeiten herum legen. Der Kläger kann auch gar nicht für die Beklagte arbeiten, auch wenn sein Vorgesetzter in Hinblick auf den Arbeitsanfall Arbeitsleistung durch den Kläger anordnet. Kurzum: Was von Beklagtenseite Sinn und Zweck der Befristung war, wurde dem Kläger bereits durch die Formulierung im Arbeitsvertrag zugestanden. Damit war der Klage stattzugeben.
 
Hier gehts zum vollständigen Urteil des ArbG Hamburg

Das sagen wir dazu:

Einmal mehr zeigt sich: Befristen will gelernt sein. Befristete Arbeitsverträge sind an sich ein probates Mittel, um Menschen den (Wieder-) Eintritt in die Erwerbstätigkeit zu ermöglichen. Der Gesetzgeber geht nach wie vor vom Prototyp des unbefristeten Arbeitsverhältnisses aus. Befristete Arbeitsverträge sollen die Ausnahme sein, nicht die Regel. Soviel zur Theorie.

Nun zur Praxis: Die Vorliebe der Arbeitgeber, sich von Befristung zu Befristung zu hangeln, stellt einen Missbrauch der gesetzlichen Regelungen dar. Bemerkenswert ist, dass sich die Arbeitgeber damit letztlich selbst schaden. Wer befristet, denkt zu kurz. Befristete Arbeitsverhältnisse sind in sozialer und ökonomischer Hinsicht sehr schädlich. Wer nicht weiß, wie und ob es mit seinem Arbeitsplatz weiter geht, tätigt nur noch geringe bis gar keine Konsumausgaben mehr. Dies schwächt die Binnennachfrage und damit die Gesamtwirtschaft. So nutzen Befristungen letztlich niemandem.

Der Kläger durfte im vorliegenden Fall seinem Verfahren gelassen entgegen sehen. Ein Kostenrisiko besteht für ihn – zumal als ehemaligen Studenten – nicht. Als Ver.di–Mitglied hat der Kläger Anspruch auf Beratung und Vertretung im Arbeits-, Sozial- und Verwaltungsrecht, ohne auch nur einen Cent extra zahlen zu müssen. Für Mitglieder der DGB-Gewerkschaften ist die Beratung und Vertretung im Mitgliedsbeitrag enthalten

Rechtliche Grundlagen

§ 14 Abs. 1 TzBfG

(1) Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn
1. der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,
2. die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern,
3. der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird,
4. die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt,
5. die Befristung zur Erprobung erfolgt,
6. in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen,
7. der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird oder
8. die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.