Befristung geknackt!
Befristung geknackt!

Das Arbeitsgericht Trier hatte darüber zu entscheiden, ob die Befristung des Arbeitsvertrages einer Klägerin wirksam ist, die geflüchteten Kindern in einer Aufnahmeeinrichtung für Asylanten beim Erlernen der deutschen Sprache half.

Wir berichteten über diesen Fall unter:

Befristung geknackt-Lehrerin obsiegt gegen Land Rheinland-Pfalz

Gegen das Urteil legte das beklagte Land Berufung ein.

Die Berufungsbegründung

In seiner Berufungsbegründung wiederholt das beklagte Land im Wesentlichen diejenigen Argumente, die es auch schon in der ersten Instanz vorgebracht hatte. Ein Sachgrund für die Befristung sei gegeben, weil

  • nur ein vorübergehender Beschäftigungsbedarf bestanden habe und
  • die Vergütung der Klägerin aus Haushaltsmitteln stamme, die für eine befristete Beschäftigung bestimmt seien.

Das Urteil des Landesarbeitsgerichts

Nach zutreffender Auffassung des Landesarbeitsgerichts liegt ein Sachgrund für die Befristung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin nicht vor.

Vorübergehender Beschäftigungsbedarf

Stützt sich ein Arbeitgeber darauf, dass nur ein vorübergehender Beschäftigungsbedarf bestehe, muss er im Moment des Vertragsschlusses eine Prognose erstellen, die auf Tatsachen beruht. Sie muss aus Sicht der Situation zu diesem Zeitpunkt den Schluss zulassen, dass das Beschäftigungsbedürfnis zu einem bestimmten Zeitpunkt entfallen wird. Dabei reicht - so das Landesarbeitsgericht - „ … eine allgemeine Unsicherheit über den zukünftig bestehenden Bedarf nicht. Eine solche Unsicherheit gehört zum unternehmerischen Risiko des Arbeitgebers, das er nicht durch Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages auf den Arbeitnehmer abwälzen darf.“ 

Im Fall der Klägerin hat das beklagte Land “… nicht dargelegt, dass es eine Prognose erstellt hat, der konkrete Anhaltspunkte … zugrundelagen.“ Denn im Sommer 2015 “ …befand sich die Anzahl der Asylbegehrenden …auf einem Höchststand. Ein konkreter und zeitlich eingrenzbarer Rückgang der Zahl der Asylsuchenden war in diesem Zeitraum nicht absehbar.“

Die vom beklagten Land ins Feld geführten politischen Maßnahmen auf nationaler wie europäischer Ebene “… rechtfertigte(n) nicht die Prognose, dass der Beschäftigungsbedarf für die Klägerin … entfallen würde.“ 
Denn das beklagte Land habe nicht dargelegt, “… welche Auswirkungen der zu erwartenden politischen Bestrebungen zur Begrenzung der Ströme von Asylbegehrenden oder Bürgerkriegsflüchtlingen binnen Jahresfrist konkret … zu erwarten waren.“

Haushaltsmittel, die für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind

Ein Sachgrund für eine Befristung liegt vor, wenn der Arbeitgeber Arbeitneh-mer*innen aus Haushaltsmitteln vergütet, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind. Die wäre nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts “… nur dann der Fall, wenn sich der Haushaltsgeber mit den Verhältnissen der einzelnen Stellen befasst und entschieden hätte, welche Stellen wegfallen sollen.“ Denn - so das Landesarbeitsgericht weiter - “ Jedenfalls dann, wenn Haushaltsmittel für eine große Anzahl von befristeten Arbeitsplätzen zur Verfügung gestellt werden, ist ein Bezug zur konkret betroffenen Stelle nicht mehr nachvollziehbar.“

Zu alledem hat das beklagte Land im Prozess nichts vorgetragen. Da es aber das Vorliegen eines Sachgrundes darlegen und ggfls. beweisen muss, durfte das Gericht nicht davon ausgehen, dass dieser Sachgrund vorliegt.

Ausblick

Das Landesarbeitsgericht hat eine Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Damit bleibt dem beklagten Land nur die Möglichkeit, bei Bundesarbeitsgericht eine Nichtzulassungsbeschwerde zu erheben. Wenn es sich zu diesem Schritt entschließen sollte, werden wir weiter berichten.

Hier Direkt zum Urteil des Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, vom 02.03.2017, Az: 7 Sa 360/16 im Volltext,

Rechtliche Grundlagen

§ 14 Teilzeit- und Befristungsgesetz; § 72 Arbeitsgerichtsgesetz

Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (Teilzeit- und Befristungsgesetz - TzBfG)
§ 14 Zulässigkeit der Befristung
(1) Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn
1. der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,
2. die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern,
3. der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird,
4. die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt,
5. die Befristung zur Erprobung erfolgt,
6. in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen,
7. der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird oder
8. die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.
(2) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Durch Tarifvertrag kann die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung abweichend von Satz 1 festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren.

(2a) In den ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von vier Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von vier Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Dies gilt nicht für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen. Maßgebend für den Zeitpunkt der Gründung des Unternehmens ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die nach § 138 der Abgabenordnung der Gemeinde oder dem Finanzamt mitzuteilen ist. Auf die Befristung eines Arbeitsvertrages nach Satz 1 findet Absatz 2 Satz 2 bis 4 entsprechende Anwendung.

(3) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zu einer Dauer von fünf Jahren zulässig, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens vier Monate beschäftigungslos im Sinne des § 138 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gewesen ist, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch teilgenommen hat. Bis zu der Gesamtdauer von fünf Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung des Arbeitsvertrages zulässig.

(4) Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.


Arbeitsgerichtsgesetz
§ 72 Grundsatz
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
1. eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2. das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3. ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften des § 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 über Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.