Ein Kind ist kindergeldrechtlich kein Kind wenn das Ende einer Erkrankung nicht absehbar ist. Copyright by Adobe Stock/blende11.photo
Ein Kind ist kindergeldrechtlich kein Kind wenn das Ende einer Erkrankung nicht absehbar ist. Copyright by Adobe Stock/blende11.photo

Der Kläger ist der Vater eines Sohnes, der sich wegen langjährigen Drogenkonsums in Therapie befand. Nach Abbruch der Schule des Kindes beantragte der Vater im Juli 2017 Kindergeld für seinen Sohn. Begründet wurde dieser Antrag mit der Ausbildungsplatzsuche seines Sohnes. Auch wurde dessen Ausbildungswilligkeit ausdrücklich bekundet. Aus ärztlichen Bescheinigungen ging jedoch hervor, dass das Ende einer Erkrankung in den Monaten Juni und Juli 2017 nicht absehbar war.
 

 

Finanzgericht: Ausbildungswilligkeit für Kindergeldanspruch reicht aus

Nachdem die Familienkasse die Gewährung von Kindergeld für die Zeit bis Mai 2017 ablehnte, erhob der Vater Klage beim Finanzgericht (FG). Das FG sprach dem Kläger das Kindergeld für den Zeitraum September 2016 bis Mai 2017 zu, weil es die allgemeine Ausbildungswilligkeit des Sohnes genügen ließ.
 

Bundesfinanzhof: Ende der Erkrankung muss absehbar sein

Der Bundesfinanzhof (BFH) hob das für den Kläger positive Urteil des FG auf. Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass bei einem erkrankten Kind eine Berücksichtigung als Kind, das einen Ausbildungsplatz sucht, nur dann in Betracht komme, wenn das Ende der Erkrankung absehbar sei. Dies aber sei in dem Zeitraum, für den das Kindergeld streitig war, nicht der Fall gewesen. Dies ergebe sich aus den ärztlichen Bescheinigungen. Entgegen der Auffassung des FG reiche die allgemein gehaltene Aussage des Kindes, nach dem Ende der Erkrankung eine Ausbildung aufnehmen zu wollen, nicht aus.

 

Als behindertes Kind Anspruch auf Kindergeld nicht ausgeschlossen

Das Kindergeld für den streitigen Zeitraum ist damit allerdings nicht endgültig verloren. Der BFH verwies die Streitsache an das FG zurück, das nun zu prüfen haben wird, ob der Sohn als behindertes Kind berücksichtigt werden kann. Denn für ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, kann, wenn es wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, Kindergeld gewährt werden. Voraussetzung hierfür ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
 
 
Hier finden Sie die Entscheidung des Bundesfinanzhof vom 12.11.2020

Rechtliche Grundlagen

§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 Einkommensteuergesetz (EStG)


§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG

(4) 1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es
wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.