Prüfung des Anspruchs auf Berufsausbildungshilfe kann sich lohnen!
Prüfung des Anspruchs auf Berufsausbildungshilfe kann sich lohnen!

Mit Urteil vom 28. April 2016 hat der Erste Senat des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz entschieden, dass dann, wenn ein Teil der betrieblichen Berufsausbildung bereits vor der Einschreibung als Studierender eines dualen Studiums durchgeführt wird, ein Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe gegenüber der Bundesagentur für Arbeit bestehen kann.
Die Klägerin hatte einen Berufsausbildungsvertrag für die Ausbildung zur Winzerin abgeschlossen. Danach sollte sie sechzehn Monate in einem Winzerbetrieb ausgebildet werden. Der Rest der Ausbildung sollte im Rahmen eines dualen Studiums Weinbau und Oenologie (Bachelor of Science) an der Hochschule Ludwigshafen/Rhein in kurzen Praxisabschnitten im Betrieb durchgeführt werden.

Bundesagentur für Arbeit lehnt Antrag auf Berufsausbildungsbeihilfe ab

Zum dualen Studium war die Klägerin bereits vorläufig zugelassen worden. Eine Einschreibung als Studentin konnte aber erst nach Abschluss der sechzehnmonatigen Praxisphase erfolgen. Da sie trotz ihres Einkommens aus der Ausbildungsvergütung und des anzurechnenden Einkommens der Eltern die finanziellen Voraussetzungen für eine Berufsausbildungsbeihilfe erfüllte, stellte sie bei der beklagten Bundesagentur für Arbeit einen entsprechenden Antrag. Dieser wurde von der Beklagten abgelehnt. Begründet wurde dies damit, dass die Ausbildung Teil des dualen Studiums sei. Für Ausbildungen im Rahmen eines Studiums jedoch sei die Förderung nach dem Gesetz ausgeschlossen.

Sozialgericht gibt Klage der studierenden Klägerin statt

Nach Ablehnung ihres Widerspruchs erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Trier und begründete diese damit, dass eine alternative Förderung des Studiums nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) die Immatrikulation als Studentin voraussetze und die Ausbildung zum großen Teil vor dem Studium stattfinde. Ein Ausschluss der beantragten Leistungen für diesen Teil gelte nicht. Das Sozialgericht Trier folgte der Begründung der Klägerin und verurteilte die Beklagte, Berufsausbildungsbeihilfe für den Ausbildungsabschnitt vor Einschreibung als Studentin zu bewilligen. Gegen diese erstinstanzliche Entscheidung legte die Beklagte Berufung  beim Landessozialgericht ein und machte weiterhin geltend, Berufsausbildungsbeihilfe könne nicht gewährt werden, weil die Ausbildung Teil des Studiums sei, für das ein gesetzlicher Ausschluss der Förderung bestehe.

Wesentlicher Teil der Ausbildung muss bereits vor Beginn des Studiums stattfinden

Die Argumente der Beklagten überzeugten auch das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz nicht, welches die Entscheidung des Sozialgerichts bestätigte und dies im Ergebnis wie folgt begründete:
Wenn der wesentliche Teil der Ausbildung bereits vor Beginn des Studiums stattfindet, die persönlichen Voraussetzungen vorliegen und die Vorgaben des Berufsbildungsgesetzes erfüllt sind (insbesondere anerkannter Ausbildungsberuf, Ausbildungsvertrag und Eintragung in das Verzeichnis der jeweils zuständigen Kammer), könne eine Förderung nicht mit dem Argument ausgeschlossen werden, das Studium stehe gegenüber der betrieblichen Berufsausbildung im Vordergrund. Erst mit Beginn des Studiums finde ein Statuswechsel statt und schließe erst dann die Förderung durch Berufsausbildungsbeihilfe aus. Nach erfolgter Einschreibung als Studierende könne eine Förderung nur noch über das Bundesausbildungsförderungsgesetz erfolgen.

Anmerkung:

Die Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) ist eine staatliche Unterstützung zum Lebensunterhalt während der beruflichen Ausbildung. Sie muss nicht zurückgezahlt werden! Wer also eine berufliche Ausbildung oder eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme absolviert, sollte abchecken, ob ein Anspruch auf BAB besteht!

Die Berufsausbildungsbeihilfe wird nur auf Antrag und nicht rückwirkend bezahlt. Eigenes Einkommen und das der Eltern wird angerechnet. Wer selbst prüfen will, ob und in welcher Höhe ihm BAB zustehen könnte, kann dazu den BAB-Rechner im Internet nutzen: www.babrechner.arbeitsagentur.de

Informationen zum Thema Berufsausbildungsbeihilfe erteilen die örtlichen Agenturen für Arbeit.


Unter nachstehendem Link gibt die Bundesagentur für Arbeit Auskunft zum Thema „Berufsausbildungshilfe“

Für Gewerkschaftsmitglieder besteht die Möglichkeit sich bei offenen Fragen an ihre Gewerkschaft oder an die DGB Rechtsschutz GmbH zu wenden, nachdem die Gewerkschaft für eine entsprechende Beratung durch die Juristen*innen der Rechtsschutz GmbH Rechtsschutz erteilt hat.

Pressemeldung 10/2016 des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 29.04.2016 zum Urteil  vom 28.04.2016 – Aktenzeichen: L 1 AL 84/14: