Zeiten für das An- und Ablegen von Uniform, Schutzausrüstung und Dienstwaffe sind nicht in jedem Fall vergütungspflichtige Arbeitszeit. Copyright by Adobe Stock/Suriyo
Zeiten für das An- und Ablegen von Uniform, Schutzausrüstung und Dienstwaffe sind nicht in jedem Fall vergütungspflichtige Arbeitszeit. Copyright by Adobe Stock/Suriyo

„Es zog der wilde Jägersmann sein grasgrün neues Röcklein an; nahm Ranzen, Pulverhorn und Flint' und lief hinaus ins Feld geschwind.“  - so heißt es schon im Struwelpeter. Auch heute noch bedarf der bewaffnete Einsatz einer gewissen Vorbereitung. Zwei Wachpolizisten wollten deshalb vom Bundesarbeitsgericht bestätigt wissen, dass ihr Arbeitgeber die Umkleidezeit vergüten muss. Schlussendlich waren sie allerdings  - ähnlich wie das literarische Vorbild  - erfolglos.
 


Arbeitgeber ordnet Uniform, Schutzkleidung und Dienstwaffe an

Die beiden Kläger, die beim Land Berlin als Wachpolizisten im Zentralen Objektschutz angestellt sind, wollten festgestellt wissen, dass sie die Umkleide-, Rüst- und damit in Zusammenhang stehenden Wegezeiten zu vergüten sind.
 
Sie mussten auf Weisung ihres Arbeitgebers ihren Dienst in angelegter Uniform mit dem Aufdruck „POLIZEI“ sowie mit den persönlichen Ausrüstungsgegenständen und streifenfertiger Dienstwaffe antreten.
 
Dabei hatte es ihnen der Arbeitgeber freigestellt, ob sie sich schon zu Hause dienstfertig anziehen und den Weg zur und von der Arbeit in Uniform zurücklegen, oder ob sie dies am Einsatzort tun. In letzterem Fall stellt der Dienstherr Waffenschließfächer und Spinde nutzen zur Verfügung.
 
Der eine Wachpolizist bewahrt die Dienstwaffe bei sich zu Hause auf und zieht sich dort auch dienstfertig an, der andere nutzt das dienstliche Waffenschließfach. Um die Waffe von dort abzuholen, muss er auf dem Weg von zu Hause zum Einsatzort einen Umweg machen, weil das Schließfach sich in einem anderen Gebäude befindet.
 

Wann muss der Arbeitgeber Umkleidezeiten vergüten?

Im Grunde ist es ganz einfach: Zu vergüten ist die Zeit, in der der Arbeitnehmer fremdnützig tätig ist. Eindeutig ist dies bei der Arbeitsleistung selbst, es gilt aber auch für alle Tätigkeiten, die erforderlich sind, um die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen.
 
Deswegen wird der Weg zur Arbeit auch grundsätzlich nicht vergütet: Er ist zwar notwendig, damit der Arbeitnehmer seine Arbeit verrichten kann, im Regelfall ist im Arbeitsvertrag aber festgelegt, dass die Arbeit im Betrieb des Arbeitgebers ausgeübt wird. Es ist damit Aufgabe des Arbeitnehmers, sich rechtzeitig dort einzufinden.
 
Umkleidezeiten sind nach der Rechtsprechung nur dann zu vergüten, wenn entweder der Arbeitgeber oder eine arbeitsschutzrechtliche Vorschrift das Tragen einer bestimmten Kleidung vorschreibt und der Arbeitnehmer sich nicht zu Hause umziehen kann.


Umkleidezeit wird nicht immer vergütet

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat die Vergütung für die Wegezeiten  - mit Ausnahme des Umwegs zum Waffenarsenal  - abgelehnt, den Wachpolizisten aber die Vergütung für Umkleidezeiten zugesprochen.
 
Dieses Urteil hat das Bundesarbeitsgericht weitgehend aufgehoben und auch eine Vergütung für die Umkleidezeit verneint.
 
Das Umkleiden und Rüsten mit einer besonders auffälligen Dienstkleidung, persönlichen Schutzausrüstung und Dienstwaffe sei keine vergütungspflichtige Arbeitszeit, wenn dem Arbeitnehmer eine dienstlich Umkleide- und Aufbewahrungsmöglichkeit zur Verfügung gestellt werde und er diese nicht nutze.
 
Lediglich hinsichtlich der Vergütung der Wegezeit schloss sich das BAG dem Urteil der Vorinstanzen an. Zu vergüten sei nur der Umweg zum dienstlichen Waffenschließfach, ansonsten handele es sich um private Lebensführung.
 
Links
 
Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts
 
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Anlegen von Schutzkleidung zählt als Arbeitszeit

Das sagen wir dazu:

Die Frage nach der Vergütung von Umkleidezeit zählt zu den Dauerbrennern im Arbeitszeitrecht. Von entscheidender Bedeutung ist dabei stets die Frage, ob eine Tätigkeit eigen- oder fremdnützig ist. Im Bereich der Wege-, Rüst- und Umkleidezeiten besteht hier eine umfangreiche Rechtsprechung, wobei jeder Einzelfall wiederum seine Eigenarten aufweist.

Vergütung nur, wenn ausschließlich im Sinne des Arbeitgebers

Wenn ein Arbeitgeber eine bestimmte Kleidung oder Ausrüstung anordnet, muss er die für das Anlegen erforderliche Zeit grundsätzlich vergüten. Dabei kann sich diese Anordnung entweder aus gesetzlichen Vorschriften ergeben (Bauhelm, Haarnetz, Schutzbrille) oder aus unternehmerischer Entscheidung nach einem einheitlichen Erscheinungsbild (ggf. mit Emblem und Namen des Arbeitgebers).


Insbesondere im letzten Fall kann der Arbeitgeber die Vergütungspflicht nicht mit dem Argument abweisen, der Arbeitgeber könne die Kleidung ja schon zu Hause anziehen, denn niemand ist verpflichtet, für seinen Arbeitgeber auch noch kostenlos Werbung zu machen.

Andererseits fällt das morgendliche Ankleiden, ebenso wie der Weg zur Arbeit beim Arbeitnehmer ohnehin an, so dass der Arbeitgeber es nicht vergüten muss. Es macht daher letztlich für den Arbeitnehmer keinen Unterschied, ob er sich morgens erst seine private Kleidung anzieht, oder gleich die Firmenkleidung. Er spart sich dann das Umziehen. Hiervon profitiert zwar letztlich auch der Arbeitgeber, der das Umkleiden in der Firma ja zahlen müsste, aber der Arbeitnehmer hat auch keinen Schaden davon.

Vor diesem Hintergrund ist das vorliegende Urteil des Bundesarbeitsgerichtes sicher nicht zu beanstanden.