Als Sachbearbeiter wird der Kläger seit rund zehn Jahren in einer wechselnden versetzten Tagschicht eingesetzt. Die Arbeitszeit beginnt montags bis donnerstags um 7 Uhr oder 9:30 Uhr, freitags um 7 Uhr oder 12 Uhr. Die Arbeitszeit endet entsprechend um 13 Uhr, 15:30 Uhr oder 18 Uhr.
Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit
Im Januar 2022 stellte der Kläger einen Antrag auf Reduzierung seiner Arbeitszeit von 37,5 Stunden auf 35 Stunden. Das sollte ab Mai 2022 gelten. Er beantragte auch, die Arbeitszeit anders zu verteilen. Beginn sollte immer um 7 Uhr sein, Ende am Freitag um 12 Uhr, an den übrigen Tagen um 15 Uhr.
Der Arbeitgeber bestätigte die Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit, lehnte aber die gewünschte Arbeitszeitverteilung ab. Der gewerkschaftliche Rechtsschutz erhob für den Kläger eine Klage beim Arbeitsgericht Hamburg.
Dort erteilte man dem Wunsch des Klägers, im Rahmen seines Teilzeitbegehrens eine neue Arbeitszeit zu wählen, eine überdeutliche Absage.
Die gesetzlichen Grundlagen
Nach § 8 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) können Arbeitnehmer*innen verlangen, dass die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit verringert wird. Mit dem Antrag soll die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit angeben werden. Der Arbeitgeber hat der Verringerung der Arbeitszeit zuzustimmen und ihre Verteilung entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers festzulegen, soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen.
§ 106 der Gewerbeordnung (GewO) regelt das Direktionsrecht des Arbeitgebers. Danach kann der Arbeitgeber neben Inhalt und Ort auch die Zeit der Arbeitsleistung näher bestimmen. Das gilt soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.
Gericht unterstellt Trickserei
Im Urteil heißt es, der Kläger beriefe sich auf eine Verringerung seiner Wochenarbeitszeit, um seine gesamte Arbeitszeit neu zu gestalten und seine bisherige Tätigkeit in einem Zweischicht-Modell umzuwandeln in eine Tätigkeit in einem Einschicht-Modell. Dies entspreche nicht dem Sinn und Zweck des TzBfG. Würde man eine solche Vorgehensweise zulassen, würde dies dem Grundgedanken des § 106 GewO widersprechen und diesen ad absurdum führen, so das Gericht.
Wie kam das Gericht darauf?
Der Kläger hatte nicht beanstandet, wie er in der Vergangenheit zur Arbeit eingeteilt wurde. Das Zweischicht-Modell verstößt nicht gegen eine Betriebsvereinbarung, einen Tarifvertrag oder gesetzliche Vorschriften. Daraus leitete das Gericht ab, dass der Kläger allem Anschein nach keine Möglichkeit habe, im Rahmen des § 106 GewO eine Änderung seiner Arbeitszeit zu erwirken und deshalb zu dem Trick einer minimalen Arbeitszeitverringerung greife, um damit seine gesamte Arbeitszeit neu zu strukturieren.
Änderung der Arbeitszeit als Ergänzung zum Teilzeitbegehren
Die Reduzierung um 2,5 Stunden stehe in keinem angemessenen Verhältnis und werde auch nicht durch § 8 TzBfG gedeckt, so das Gericht weiter.
Hinsichtlich der Verteilung der (verbleibenden) Arbeitszeit sei eine Berufung auf § 8 TzBfG nur möglich, wenn die gewünschte Veränderung der Arbeitszeit mit dem Umfang der gewünschten Reduzierung einhergehe. Für den Kläger soll das nach dem Gericht bedeuten, dass er in dem Zweischichtmodell für 3,7 Stunden Wünsche äußern könne, also z.B. an vier Tagen jeweils ein Ende der Arbeitszeit um 17 Uhr statt 18 Uhr.
Nur in diesem Rahmen wäre dann zu prüfen, ob der gewünschten Arbeitszeit hinreichende betriebliche Gründe entgegenstehen. Da der Wunsch des Klägers darüber weit hinausgehe, müsse eine weitere Prüfung nicht erfolgen.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Arbeitsgericht Hamburg, Urteil vom 29. August 2022 - 8 Ca 72/22
Das sagen wir dazu:
Für Arbeitnehmer*innen ist eine isolierte Klage auf Lage der Arbeitszeit extrem schwierig. Darauf wollte das Gericht letztlich hinaus, wenn es eine Trickserei unterstellt.
Doch: Weder das Gericht noch die Arbeitgeberseite hatte im Verfahren einen Rechtsmissbrauch ins Spiel gebracht. Insofern ist es schon starker Tobak, wenn die Vorsitzende Richterin im Urteil schreibt, der Kläger habe sich eines Tricks bedient.
Einer Rechtfertigung für Teilzeit bedarf es nicht
Das Gericht zieht in seine Überlegungen nicht mit ein, dass das TzBfG für die Reduzierung der Arbeitszeit überhaupt keine Rechtfertigung verlangt. Der Beschäftigte muss also keine Gründe für seinen Teilzeitwunsch nennen. Der Kläger hat für die gewünschten 2,5 Stunden keine Gründe genannt, musste das aber auch nicht. Selbst für eine prozentual niedrige Veränderung seiner Arbeitszeit kann man gute Gründe haben!
Zudem regelt das TzBfG keine Mindestverringerung und auch das Bundesarbeitsgericht hat bisher keine Notwendigkeit gesehen, einen Mindestumfang festzulegen.
Letztlich hätte eine eingehende gerichtliche Prüfung wahrscheinlich zu dem Ergebnis geführt, dass betriebliche Gründe gegen die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit sprechen. Das Gericht hat aber hier eine solche Prüfung gar nicht vorgenommen, sondern den Kläger wegen der nur 2,5 Stunden „abgeschmiert“.
Das sagen wir dazu