Auch in der Probezeit darf ein Arbeitsverhältnis nicht gekündigt werden, weil der Arbeitnehmer von seinen Rechten gebrauch macht.
Auch in der Probezeit darf ein Arbeitsverhältnis nicht gekündigt werden, weil der Arbeitnehmer von seinen Rechten gebrauch macht.


Das Landesarbeitsgericht hat die Klage eines alleinerziehenden Vaters zurückgewiesen, der sich gegen die Probezeitkündigung mit dem Argument gewehrt hatte, die Kündigung stelle eine unzulässige Maßregelung dar, weil er sich „Kind-krank“ gemeldet hatte.
 

Kläger wird „Kind-krank“ und wird gekündigt

 
Der Kläger ist Vater eines zum Kündigungszeitpunkt vier Jahre alten Sohnes. Anfang Dezember 2015 beantragte er eine Woche Urlaub, weil sein Sohn operiert werden müsse, anschließend springe die Krankenkasse ein. Dies wurde von dem Beklagten auch genehmigt.
 
Der Kläger wurde dann bis Ende Dezember „Kind-Krank“ geschrieben, während dieser Zeit erhielt er vom Beklagten die Kündigung in der Probezeit. Hiergegen wehrte sich der Arbeitnehmer, weil er in der Kündigung eine unzulässige Maßregelung sah.
 
Dem widersprach der Beklagte: Er habe schon vor der Krankmeldung kündigen wollen, weil er mit der Leistung des Klägers unzufrieden gewesen sei. Bereits Ende November habe ein Mitarbeiter des Beklagten den Kläger deshalb kündigen wollen, das Kündigungsschreiben aber wegen der Kündigungsfrist von zwei Wochen nicht abgegeben.
 

Verstoß gegen Maßregelungsverbot?

 
Auch wenn das Kündigungsschutzgesetz nicht eingreift, kann eine Kündigung unwirksam sein, etwa wegen Verstoß gegen das Maßregelungsverbot. Danach darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer nicht deshalb benachteiligen, weil dieser in zulässiger Weise seine Rechte ausübt.
 
Dabei muss der Arbeitnehmer beweisen, dass er benachteiligt wird. Die Gerichte erleichtern ihm diesen Beweis dadurch, dass sie es zunächst ausreichen lassen, wenn er Tatsachen vorträgt, die eine Diskriminierung vermuten lassen. Dann muss der Arbeitgeber diesen Anschein widerlegen.
 
Ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Rechtsausübung und Maßregelung liegt etwa dann vor, wenn zwischen beiden ein enger zeitlicher Zusammenhang besteht.
 

LAG: Probezeitkündigung wirksam

 
Einen Verstoß gegen das Maßregelungsverbot lag nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts Mainz nicht vor. Anders als die Vorinstanz wies es damit die Klage zurück.
 
Zum einen liege schon deshalb kein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot vor, weil der Kläger kein Recht geltend gemacht habe. Die bloße Mitteilung der bestehenden Erkrankung des Kindes und der Notwendigkeit der Betreuung stelle keine Rechtsausübung dar.
 
Dadurch, dass der Kläger seinen Sohn betreuen müsse, sei die Arbeitspflicht automatisch entfallen, so dass es keiner weiteren „Rechtsausübung“ bedurft hätte. Dies sei genauso zu werten, wie wenn der Kläger selbst krank geworden sei.
 
Zum anderen bestehe zwar ein zeitlicher Zusammenhang zwischen „Kind-krank“-Meldung und Kündigung, dieser spreche jedoch nicht für eine Maßregelung. Der Beklagte habe nachgewiesen, dass die Kündigungsabsicht schon vor der Krankmeldung bestanden habe, so dass die Vermutung erschüttert sei.
 
 
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Urteil des LAG Mainz


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Das sagen wir dazu:

Insbesondere aus der zweiten Erwägung heraus ist das Urteil des LAG Mainz wohl richtig. Wenn schon vor der Krankmeldung feststand, dass der Kläger gekündigt werden soll, dann hat diese keine Auswirkung mehr auf den Kündigungsentschluss und stellt deshalb auch keine Maßregelung dar.
 
Fragwürdig ist dagegen die Einschätzung des Gerichts, es könne in diesem Fall schon keine unzulässige Rechtsausübung geben, weil das „Kind-krank“ schon von Gesetzes wegen die Arbeitspflicht entfallen lasse.
 
Wäre der Kläger gekündigt worden, weil er Urlaub beantragt hat, so wäre dies eine Maßregelung, weil der Arbeitgeber diesen erst genehmigen muss. Wenn der Arbeitgeber aber wegen Erkrankung kündigt, bei der die Arbeitspflicht „automatisch“ entfällt, so soll dies nach Ansicht des Gerichts keine Maßregelung sein.
 
Diese Einschätzung überzeugt aus Wertungsgesichtspunkten nicht: Wenn schon die Geltendmachung von Rechten nicht zu Einschränkungen führen soll, so muss dies erst recht für die Ausübung bestehender Rechte gelten.

Rechtliche Grundlagen

§ 612a BGB

§ 612a Maßregelungsverbot

Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt.