Neun Jahre hatte er im Gruppenakkord in einem Betrieb gearbeitet, der mit rund 200 Mitarbeitern Fahrzeuge für Kanalreinigung und -sanierung herstellt. Die Vergütung des Schlossers erfolgte nach Leistungslohn. Dessen Ermittlung regelt eine Betriebsvereinbarung, die unter anderem vorsieht, dass die Zeitgradüberschüsse für jeden Mitarbeiter in einem Pool gesammelt und nach Tariflohn errechnet und ausgezahlt werden.
In der Firma war mit einer neuen Betriebsdatenerfassung eine Höchstgrenze beim Leistungslohn eingeführt worden. Bei Überschreiten der Normalleistung von 138 Prozent wurden diese Arbeitszeiten in einem „Stundenpool“ gesammelt, um einen Ausgleich zu schaffen für Zeiten mit geringerem Auftragsvolumen.
Arbeitsgeschwindigkeit nicht beeinflussbar
Nach dem Ausscheiden des Schlossers aus dem Betrieb wies sein Zeitpool einen Minussaldo auf. Dies nahm der Arbeitgeber zum Anlass, bei der letzten Lohnabrechnung die monatliche Vergütung um über 760 Euro zu vermindern. Dagegen klagte der Schlosser vor dem Arbeitsgericht Detmold, vertreten durch das örtliche Büro der DGB Rechtsschutz GmbH. Er war der erste aus dem Unternehmen, der einen Lohnabzug reklamierte. Geholfen hat ihm dabei ein ehemaliger Betriebsratsvorsitzender aus der Firma, der heute in der örtlichen Verwaltungsstelle der IG Metall arbeitet. Dieser hat dem Schlosser geraten, sich an die DGB Rechtsschutz GmbH zu wenden.
Nach dem Ende des Verfahrens erläutert Rechtssekretär Michael Ludwig das Urteil: „Seine Kernaussage lautet, dass grundsätzlich ein Lohnabzug möglich ist, wenn bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Negativsaldo auf dem Zeitkonto besteht.“ Dennoch hat der Mandant des DGB Rechtsschutz-Büros Detmold das Verfahren gewonnen. Denn das Gericht schränkte in seinem Urteil die Gründe für einen Lohnabzug ein: Nur wenn der Arbeitnehmer selbst Einfluss darauf hat, dass ein negatives Zeitguthaben entsteht, muss er dieses finanziell ausgleichen.
Im vorliegenden Fall aber hatte der Schlosser keine Möglichkeit, sein Zeitkonto bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses auszugleichen: „Die Mitarbeiter konnten weder die Arbeitsgeschwindigkeit noch den Arbeitsumfang bestimmen“, erklärt der Rechtssekretär die speziellen Arbeitsbedingungen seines Mandanten, der zum Beispiel an Tankfahrzeugen Nähte verschweißen musste. Deren Anfertigung erfordert Präzision und kann nicht beschleunigt werden.
Der Lohnabzug war unberechtigt
Das Gericht stellte in seiner Urteilsbegründung weiterhin fest, dass die Aufträge vom Arbeitgeber zugewiesen wurden. Der Kläger hatte diese dann in der Gruppe zu bearbeiten. „Der einzelne Arbeitnehmer hatte auf seinen persönlichen Leistungsgrad keinen Einfluss“, weiß Rechtssekretär Michael Ludwig, „der Lohnabzug war daher unberechtigt.“
Rechtliche Grundlagen
Korrekt abgerechnet?
„Die Abrechnungen sollten sorgfältig geprüft werden – besonders die Schlussabrechnung nach dem Ausscheiden aus einem Betrieb. Bestehen über den Betrag unterschiedliche Auffassungen, sollte dem unbedingt nachgegangen werden. Zum Beispiel zunächst bei einem Gespräch mit dem Betriebsrat.
Es gibt leider nicht wenige Arbeitnehmer, die einen finanziellen Verlust hinnehmen, um Ärger zu vermeiden. Das ist generell keine empfehlenswerte Haltung und es besteht auch kein Grund dazu. Denn die Arbeit wurde vom Mitarbeiter in Vorleistung erbracht, bei deren Vergütung sollte daher kein Cent verschenkt werden. Aus dem Bewusstsein heraus, dass die eigene Arbeitsleistung korrekt erbracht wurde, muss die Entlohnung den gleichen Maßstäben unterliegen.
Mit dem Ende eines Arbeitsverhältnisses besteht auch kein Anlass mehr zu einer übertriebenen Loyalität dem Arbeitgeber gegenüber – das rechtmäßig Zustehende sollte daher in jedem Fall eingefordert werden. Es ist völlig unnötig, dem ehemaligen Arbeitgeber geleistete Stunden zu schenken.“