Werkstor verschlossen? Lohn gibt es trotzdem, wenn Arbeitnehmer*innen ihre Arbeitsleistung zur rechten Zeit am rechten Ort anbieten. Copyright by  shocky/Adobe Stock
Werkstor verschlossen? Lohn gibt es trotzdem, wenn Arbeitnehmer*innen ihre Arbeitsleistung zur rechten Zeit am rechten Ort anbieten. Copyright by shocky/Adobe Stock

Erscheint ein Arbeitnehmer nicht zur Arbeit, bekommt er auch keinen Lohn. Von diesem Prinzip gibt es indessen einige Ausnahmen im Fall von Urlaub, Krankheit oder an Feiertagen.
 
Etwas komplizierter wird es, wenn der Arbeitnehmer zwar arbeiten kann und will, der Arbeitgeber ihn aber nicht beschäftigt. Aber auch insoweit gibt es einen Grundsatz: der Arbeitgeber ist nämlich aus dem Arbeitsvertrag nicht nur dazu verpflichtet, das Arbeitsentgelt zu zahlen. Er muss eine ihm angebotene Arbeitsleistung auch abnehmen, also den Arbeitnehmer beschäftigen. Macht er das nicht, befindet er sich im „Annahmeverzug“ und muss den Lohn auch zahlen, wenn deshalb der Arbeitnehmer nicht arbeitet.
 

Der Arbeitnehmer muss die Arbeitsleistung anbieten, zu der er nach dem Arbeitsvertrag verpflichtet ist

Das klingt zunächst einmal recht einfach. Der Arbeitgeber kann nicht mit dem Hinweis darauf, er habe nicht genug Aufträge und könne den Betreffenden deshalb nicht beschäftigen, die Zahlung von Entgelt verweigern. So darf ein Leiharbeitsunternehmen seinen Beschäftigten den Lohn nicht deshalb verweigern, weil er keinen Einsatz für ihn hat.
 
Verpflichtungen bestehen aber auch auf Seiten der Arbeitnehmer*innen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts darf der Arbeitnehmer nicht irgendeine Arbeitsleistung anbieten, sondern er muss sich für diejenige zur Verfügung stellen, zu der er nach dem Arbeitsvertrag verpflichtet ist. Er muss seine Arbeitskraft k:in eigener Person, am rechten Ort, zur rechten Zeit und in der rechten Weise anbieten:k.
 

Nicht immer weiß der Arbeitnehmer, wo er seine Arbeitskraft anbieten muss

Unser Büro in Ludwigshafen hat Anfang des Jahres einen Fall vor dem Arbeitsgericht vertreten, in dem ein Arbeitgeber einem Beschäftigten den Lohn für einige Tage verweigert hat. Dieser Beschäftigte wollte nach einer längeren Krankheit die Arbeit wieder aufnehmen. Zwischen den Parteien wurden WhatsApp-Nachrichten ausgetauscht, ohne dass der Arbeitgeber klargestellt hatte, wo der Arbeitnehmer arbeiten sollte.
 
Dieser suchte morgens den Einsatzort auf, an dem er zuletzt eingesetzt worden war. Die Arbeit, die er dort vor seiner Krankheit verrichtet hat, war jedoch nicht mehr vorhanden. Die Parteien tauschten weitere WhatsApp-Nachrichten aus und telefonierten.
 
Der Arbeitgeber hat im Verfahren dann noch vorgetragen, er habe versucht, den Beschäftigten zu erreichen, um ihm "neue Einsatzdaten" mitzuteilen. Später habe er dem Arbeitnehmer noch  eine WhatsApp-Nachricht geschickt mit der Frage, ob er auch bereit sei, „Montage zu machen“. Gemäß seines Arbeitsvertrages sei der Beschäftigte verpflichtet, sich in ganz Deutschland einsetzen zu lassen.
 

Der Arbeitnehmer muss zur rechten Zeit am rechten Ort sein

Das Arbeitsgericht Ludwigshafen verurteilte den Arbeitgeber indessen, den Lohn zu zahlen. Zur Begründung führte das Gericht an, nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gelte im Arbeitsrecht der Grundsatz "ohne Arbeit kein Lohn". Soweit der Arbeitnehmer Vergütung für Zeiten verlange, in denen er nach eigenem Vorbringen nicht gearbeitet habe, habe er darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass einer der Tatbestände vorgelegen habe, der eine Pflicht zur Vergütung ohne Arbeit regele.
 
Der Arbeitnehmer müsse die Arbeitsleistung so anzubieten, wie sie zu bewirken sei, also am rechten Ort, zur rechten Zeit und in der rechten Art und Weise, wie es der Arbeitsvertrag vorsehe. Da in der Regel der Arbeitgeber durch Weisungen die konkrete Arbeit bestimme, genüge der Arbeitnehmer seiner Darlegungslast, indem er vortrage, er habe sich zur rechten Zeit am rechten Ort bereitgehalten, um Arbeitsanweisungen des Arbeitsgebers zu befolgen. Die Darlegungslast sei unter Berücksichtigung des konkreten Arbeitsverhältnisses zu bestimmen. Im Regelfall müsse der Arbeitnehmer vortragen, an welchen Tagen er von wann bis wann Arbeit geleistet bzw. - bei Nichtarbeit"' sich auf Weisung des Arbeitgebers zur Arbeit bereitgehalten habe.
 

Arbeitsgericht: der Arbeitgeber hätte per WhatsApp-Nachricht eine konkrete Tätigkeit zuweisen können

Das habe der Arbeitnehmer im vorliegenden Fall getan. Der Arbeitgeber habe zwar behauptet, er habe den Arbeitnehmer nicht erreicht. Jedoch sei unstreitig, dass die Parteien WhatsApp-Nachrichten ausgetauscht hätten.
 
In der letzten WhatsApp-Nachricht habe der Arbeitgeber nicht bestimmt, welche Tätigkeiten der Arbeitnehmer wo aufnehmen solle, sondern lediglich gefragt, ob der Kläger bereit sei, „Montage zu machen“. Mangels neuer Arbeitszuweisung hatte der Beschäftigte sich also zur rechten Zeit am rechten Ort bereitgehalten, um Arbeitsanweisungen des Arbeitsgebers zu befolgen.
 
Hier geht es zur Entscheidung
 
Vergleiche unseren Artikel „Annahmeverzug bei unterlassener Arbeitseinteilung“