Arbeitgeber muss Umkleidezeit zahlen, wenn Schutzkleidung gesetzlich vorgeschrieben ist.
Arbeitgeber muss Umkleidezeit zahlen, wenn Schutzkleidung gesetzlich vorgeschrieben ist.

Arbeitskleidung wird von Arbeitnehmer*innen getragen. Aber müssen sie deshalb auch die Reinigung bezahlen? Arbeitgeber versuchen gelegentlich, auf diese Weise Betriebskosten auf die Beschäftigten abzuwälzen. Hier musste jetzt das Bundesarbeitsgericht mal wieder Klartext reden.

Hygiene wird großgeschrieben, Arbeitsrecht dagegen nicht


Der Streit über die Reinigungskosten entstand in einem Schlachthof in Niedersachsen. Lebensmittelrechtlich ist dort entsprechende Schutzkleidung vorgeschrieben, die aus hygienischen Gründen im Betrieb getragen werden muss. Und auch nur dort, durch Hygieneschleusen abgetrennt, getragen werden darf.

Diese Arbeitskleidung stellt der Arbeitgeber zur Verfügung und auch die Reinigung wird von ihm durchgeführt. Allerdings wurde vom Nettolohn der Arbeitnehmer*innen monatlich 10,23 € einbehalten, als Anteil für die Reinigungskosten der Schutzkleidung. Eine tarifliche oder vertragliche Regelung existierte nicht.

Dagegen klagte der Betriebsratsvorsitzende des Betriebes - und gewann in allen drei Instanzen.

Reinigung im Interesse des Arbeitgebers


Das Bundesarbeitsgericht hat hier nach dem allgemeinen Grundsatz entschieden, dass die Kosten von demjenigen zu tragen sind, in dessen Interesse das Geschäft vorgenommen wird.

Da die Ausstattung mit sauberer und hygienisch einwandfreier Schutzkleidung in einem lebensmittelverarbeitenden Betrieb gesetzlich vorgeschrieben ist, ist die Reinigung der Arbeitskleidung Voraussetzung für den Betrieb des Schlachthofes. Die Reinigung liegt deshalb im Interesse des Arbeitgebers, so dass er die Kosten zu tragen hat und nicht vom Lohn der Beschäftigten einbehalten kann, auch nicht anteilig.

Der Fall betraf einen Betrieb der Lebensmittelproduktion, in dem besondere hygienische Bestimmungen gelten und deshalb auch spezielle Schutzkleidung vorgeschrieben ist. Nach der Begründung dürfte dieses Urteil aber auch auf andere Branchen übertragbar sein, in denen saubere Arbeitskleidung in erster Linie im Interesse des Arbeitgebers getragen werden muss.

Vertragliche Übernahme der Kosten?


Offen gelassen hat das Bundesarbeitsgericht, ob eine arbeitsvertragliche Vereinbarung zulässig wäre, nach der die Arbeitnehmer*innen solche Reinigungskosten übernehmen.

Dies hatte aber bereits in der Berufungsinstanz das Landesarbeitsgericht entschieden: Selbst wenn eine (schriftliche oder mündliche) vertragliche Regelung vorliegen würde, wäre sie nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam.

Denn eine solche Vereinbarung ist mit wesentlichen Grundlagen der Gesetzlichen Regelung zur Kostentragungspflicht nicht zu vereinbaren. Außerdem würde sie eine unbillige Benachteiligung der Arbeitnehmer*innen darstellen.


Presseerklärung des Bundesarbeitsgerichts

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