Videoüberwachung am Arbeitsplatz ist nur zweckgebunden möglich.
Videoüberwachung am Arbeitsplatz ist nur zweckgebunden möglich.

Beklagter in dieser Sache war ein Fußballverein, der einen Fanshop betrieb. In diesem Fanshop gab es einen Raum, der für das Publikum nicht zugänglich war. Über die genaue Nutzung dieses Raumes waren die Parteien im Streit. 

Lagerraum oder Sozialraum?

Aus Arbeitgebersicht handelte es sich hauptsächlich um einen Lagerraum. Nach Darstellung der Arbeitnehmervertreter wurde der Raum aber vor allem als Sozialraum von den Mitarbeitern benutzt, also in den Pausen zum Essen, Trinken und zum Umziehen. 


Unstreitig war, dass der Raum vom Arbeitgeber mit Kameras überwacht wurde.


Eine Beschäftigte klagte auf Schmerzensgeld, Löschen der Daten und Unterlassen weiterer Aufnahmen. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Wegen der Größe des Betriebes sei der Arbeitgeber zur Einrichtung eines Sozialraumes gar nicht verpflichtet. Daher könne er den Raum auch überwachen. Die Klägerin hat Berufung angekündigt.

Streitthema Überwachung am Arbeitsplatz

Durch die fortschreitende Technisierung ist eine lückenlose Überwachung durch IT, Fahrtenschreiber, Kamers oder Telefonanlagen ohne weiteres möglich. Für Arbeitnehmer bedeutet aber jede Kontrolle und bereits das Gefühl ständiger Beobachtung einen erheblichen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte. 


Für jede Maßnahme ist daher eine Abwägung der beiderseitigen berechtigten Interessen geboten. Bei Videoüberwachung ist zwischen offener und verdeckter Überwachung zu unterscheiden. Die verdeckte Beobachtung kann nach Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts allenfalls für kurze Zeit zur Aufdeckung konkreter Straftaten erlaubt sein, wenn andere Maßnahmen nicht verfügbar sind.

Interessen müssen abgewogen werden

Offene Videoüberwachung von Geschäftsräumen mit Publikumsverkehr ist nach dem Bundesdatenschutzgesetz grundsätzlich zulässig, wenn sie der Diebstahlsvorsorge oder allgemeinen Sicherheitsinteressen dient. Dann überwiegen diese Interessen in der Regel gegenüber schutzwürdigen Interessen der Kunden und auch der Beschäftigten.


Auch Lagerräume darf der Arbeitgeber grundsätzlich überwachen. Sozialräume eher nicht und Umkleiden gar nicht; dort wiegt die Privatsphäre stets mehr. Im hiesigen Fall hat es sich das Arbeitsgericht offensichtlich zu einfach gemacht. Es wird auf die Feststellungen der II. Instanz ankommen, wie der Raum tatsächlich genutzt wurde.


Ist eine offene Videoüberwachung zulässig, sind die Aufnahmen aber auch zweckgebunden, zum Beispiel zum Schutz gegen Diebstähle. Der Kontrolle der Arbeitsleistung der Beschäftigten dürfen sie nicht dienen und als solche in einem Rechtsstreit auch nicht verwendet werden.

Praxistipp: Mitbestimmung beim Kameraeinsatz

Bei der Videoüberwachung am Arbeitsplatz ist man stets im Bereich der erzwingbaren Mitbestimmung. Sie ist stets eine technische Einrichtung, die zur Überwachung von Verhalten und Leistung der Mitarbeiter, wenn nicht bestimmt, zumindest geeignet ist.


Bei der Einführung sollte daher eine Betriebsvereinbarung hierüber abgeschlossen werden. Diese sollte genau regeln, welche Bereiche überwacht werden dürfen und zu welchem Zweck. Auch sollte ausdrücklich vereinbart werden, dass der Arbeitgeber außerhalb von Straftaten personelle Maßnahmen auf die gemachten Aufnahmen nicht stützen darf. Damit ist ausgeschlossen, dass der Arbeitgeber Beschäftigte aufgrund der gewonnen Informationen abmahnt, versetzt, kündigt oder vergleichbare Maßnahmen ergreifen darf.


Auch Fristen, nach deren Ablauf die Daten zu löschen sind, und Regelungen, wer überhaupt die Aufzeichnungen einsehen darf, gehören in die Betriebsvereinbarung. Sämtliche betroffene Mitarbeiter, insbesondere auch solche, die neu eingestellt werden, sind über die Überwachung zu informieren. (Dieser Artikel ist zuerst erschienen in: „AiB-Newsletter, Rechtsprechung für den Betriebsrat“ des Bund-Verlags, Ausgabe 7/2016 vom 13.04.2016.)

 

Das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen gibt es hier im Volltext

 

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Im Praxistipp § 87 Betriebsverfassungsgesetz - Mitbestimmungsrechte

Rechtliche Grundlagen

§ 87 Betriebsverfassungsgesetz - Mitbestimmungsrechte

Betriebsverfassungsgesetz
§ 87 Mitbestimmungsrechte

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:
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6. Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
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