

Die Klägerin, eine Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst, arbeitet seit nahezu 20 Jahren bei der beklagten Stadt, zuletzt im Umfang von wöchentlich 14,13 Stunden. Die Stadt setzte sie in der Sozialen Gruppenarbeit (SGA) ein. Bei der SGA handelt es sich um eine Hilfe zur Erziehung nach dem Sozialgesetzbuch. Die gruppenpädagogische Arbeit ist im Wesentlichen u.a. darauf ausgerichtet, den Verbleib der Kinder in ihren Ursprungsfamilien zu sichern und das Selbstbewusstsein der Kinder zu stärken.
Die SGA 1 bezieht sich auf Kinder. Die SGA 2 bezieht sich auf Jugendliche. Die Klägerin war zu unterschiedlichen Zeiten und im wochenweisen Wechsel in beiden Gruppen eingesetzt. Zu ihren Aufgaben gehörten die Wahrnehmung der Aufsichtspflicht über den gesamten Tagesablauf, die Betreuung, die Erstellung von Tagesprotokollen und auch weitere, projektbezogene Aufgaben.
Hauptarbeitgeber der Klägerin war ein Landkreis
Die Klägerin stand in einem weiteren Arbeitsverhältnis mit 31 Wochenstunden bei einem Landkreis. Dort arbeitete sie in der Nachmittagsbetreuung. Bei der Beklagten Stadt beantragte sie die Reduzierung ihrer Arbeitszeit von 14,13 Stunden auf acht Stunden wöchentlich und gab einen exakten Wunsch für die Lage dieser Arbeitszeit an, nämlich für den Zeitraum vom 1. Dezember 2022 bis zum 30. November 2024 mit einer Verteilung auf montags 4,75 Stunden, mittwochs 14-tägig 1,5 Stunden und freitags 1,75 Stunden.
Die Beklagte wies ihr daraufhin einen Einsatz in einem anderen Erziehungsbereich zu und erklärte sich mit der Reduzierung der Arbeitszeit mit einem Schreiben vom 11. Oktober 2022 einverstanden. Zur Lage der Arbeitszeit stand darin nichts. Erst mit einem weiteren Schreiben von Ende November 2022 legte die Beklagte die Lage der Arbeitszeit fest, allerdings anders als von der Klägerin gewünscht.
Vertreten durch die Jurst:innen des DGB Rechtsschutzbüros Bochum erhob die Betroffene Klage. Die Klage richtete sich einerseits gegen die Zuweisung der neuen Tätigkeit. Andererseits wollte die Klägerin die von ihr gewünschte Lage der Arbeitszeit durchsetzen.
Die Beklagte wusste von der Haupttätigkeit der Klägerin
Die Klägerin wies darauf hin, dass ihr der Einsatz in dem Bereich, in welchen die Beklagte sie versetzt habe, nicht zumutbar sei. Die Arbeitszeiten dort kollidierten mit den Einsatzzeiten bei ihrem Hauptarbeitgeber. Dort sei sie seit dem 01. Dezember 2022 mit 31 Stunden pro Woche tätig. Sie habe zuvor auch versucht, die Stunden bei der Beklagten aufzustocken. Dies habe die Beklagte ihr jedoch verwehrt. Nur deshalb habe sie die Tätigkeit beim Landkreis aufgenommen. Sie habe ihre Arbeitszeiten beim Landkreis auch um die Tätigkeit bei der Beklagten herumgelegt. Die Beklagte kenne diese Arbeitszeiten.
Die Beklagte hielt demgegenüber einen Einsatz der Klägerin mit der verringerten Stundenzahl in der SGA nicht für möglich und auch nicht für zumutbar. Die Klägerin habe außerdem in der Vergangenheit oft krankheitsbedingt gefehlt, was problematisch hinsichtlich der erforderlichen Kontinuität in der Betreuung in der SGA sei. Demgegenüber bestehe in dem neuen Arbeitsbereich, in welchem die Klägerin nun arbeiten solle, eine Vakanz.
Hinsichtlich der Verteilung der Arbeitszeit gab das Gericht der Klage statt
Die Verteilung der Arbeitszeit gelte entsprechend den Wünschen der Klägerin gemäß § 8 Abs. 5 Satz 3 TzBfG als festgelegt. Den gegen die Zuweisung einer neuen Tätigkeit gerichteten Antrag wies das Gericht demgegenüber ab.
Gemäß § 8 Abs. 1 TzBfG können Arbeitnehmer:innen, deren Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat, verlangen, dass die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit verringert wird. Die Verringerung der Arbeitszeit und der Umfang der Verringerung sind mindestens drei Monate vor deren Beginn schriftlich geltend zu machen. Dabei soll die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit angegeben werden (§ 8 Abs. 2 TzBfG). Weitere Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer:innen beschäftigt (§ 8 Abs. 7 TzBfG).
Diese Voraussetzungen habe die Klägerin erfüllt, so das Arbeitsgericht. Nun sei der Arbeitgeber aufgefordert gewesen, ihr seine Entscheidung über die Verringerung der Arbeitszeit und ihre Verteilung spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Verringerung schriftlich mitzuteilen. Das regelt § 8 Abs. 5 TzBfG.
Die Beklagte versäumte die Frist
Die Beklagte habe der Verringerung der Arbeitszeit mit Schreiben vom 11. Oktober 2022 zugestimmt. Dieses Schreiben enthalte aber nichts bezüglich der von der Klägerin gewünschten Lage der Arbeitszeit.
Gemäß § 8 Abs. 5 Satz 3 TzBfG gelte die Verteilung der Arbeitszeit entsprechend den Wünschen des:der Beschäftigten als festgelegt, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer:in über die Verteilung der Arbeitszeit kein Einvernehmen erzielt hätten und der Arbeitgeber nicht spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Arbeitszeitverringerung die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit schriftlich abgelehnt habe.
Dieses sei vorliegend der Fall, denn die Parteien hätten kein Einvernehmen über die Verteilung der Arbeitszeit erzielt und die Beklagte habe die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit auch nicht spätestens einen Monat vor dem 01. Dezember 2022 abgelehnt. Sie habe der Klägerin erst später, nämlich Ende November 2022 ein weiteres Schreiben geschickt, mit dem sie die Arbeitszeiten anders als von der Klägerin gewünscht festgelegt habe.
Das war zu spät
Weil die Beklagte die gesetzliche Frist nicht beachtet habe, müsse sie die Klägerin in zeitlicher Hinsicht nun so beschäftigten wie diese es gewünscht hatte.
Zwar habe die Beklagte von Gesetzes wegen die Möglichkeit, die Lage der Arbeitszeit noch einmal zu ändern. Dazu müsse das betriebliche Interesse daran, das Interesse des:der Betroffenen an der Beibehaltung erheblich überwiegen. Der Arbeitgeber müsse die Änderung auch spätestens einen Monat vorher angekündigt haben. Das sei hier nicht der Fall. Weder habe die Beklagte diese Ankündigungsfrist beachtet noch betriebliche Interessen vorgebracht.
Gegen die Zuweisung der neuen Tätigkeit ließ sich nichts machen
Gemäß § 106 Satz 1 GewO könne der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt seien.
Vorliegend habe der Arbeitsvertrag den Inhalt der Tätigkeit und den Arbeitsort der Klägerin vertraglich nicht näher festgelegt. Die Klägerin sei als Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst beschäftigt. Unter dieses Tätigkeitsbild falle sowohl die bisherige Tätigkeit in der SGA, als auch die Tätigkeit im neuen Einsatzbereich.
Auch durch tarifvertragliche Regelungen finde eine Einschränkung nicht statt. § 4 Abs. 1 Satz 1 TVöD erlaube eine Versetzung und Abordnung aus dienstlichen oder betrieblichen Gründen.
Billiges Ermessen wahrte die Beklagte
Die Zuweisung der neuen Tätigkeit entspreche auch billigem Ermessen. Die Beklagte habe einerseits das Vertrauensverhältnis der Klägerin zu den von ihr zu betreuenden Kindern und Jugendlichen zu beachten. Dem stehe jedoch das Interesse des Arbeitgebers in eine hohe Betreuungskontinuität entgegen. Es sollten so wenige Wechsel in der Betreuung wie möglich erfolgen. Dies hielt das Gericht aufgrund der geschilderten Situation der Kinder und Jugendlichen für mehr als sinnvoll.
Im Übrigen solle die Vergütung der Klägerin gleich bleiben und die Verteilung der Arbeitszeit müsse aufgrund der Zustimmungsfiktion, wie in ihrem Teilzeitantrag gewünscht, erfolgen.
Dennoch stellte sich das Ergebnis des Prozesses als überaus positiv dar; denn die für eine weitere berufliche Tätigkeit essentielle Frage der Verteilung der Arbeitszeit hatte das Gericht im Sinne der Klägerin entschieden.