Verjährungsvorschriften können Ausschlussfristen hemmen. Copyright by grafikplusfoto/fotolia
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Der Kläger war bis zum 31. Juli 2015 bei der Beklagten als technischer Sachbearbeiter beschäftigt.
 

Arbeitsvertrag mit Ausschlussfristen

Der Arbeitsvertrag des Klägers beinhaltete eine zweistufige Ausschlussfrist. Das bedeutet, dass er Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend machen muss. Lehnt der Arbeitgeber ab, muss der Sachbearbeiter innerhalb von weiteren drei Monaten beim Arbeitsgericht klagen.
 
Vergleiche allgemein zu Ausschlussfristen:

Video „Ausschlussfristen  - was ist das denn“

Quiz „Ausschlussfristen“

 

Ansprüche des Klägers

Der (spätere) Kläger verlangte am 14.September 2015 von seinem Arbeitgeber die Abgeltung des restlichen Urlaubs sowie Vergütung für Überstunden.
Mit Schreiben vom 28. September 2015 lehnte die (spätere) Beklagte ab, die Ansprüche des Klägers zu erfüllen. Gleichzeitig teilte sie jedoch mit, sie strebe eine einvernehmliche Lösung des Streites an.
Daraufhin führten die Rechtsanwälte beider Seiten bis zum 25. November 2015 Vergleichsverhandlungen, die letztlich scheiterten. Deshalb blieb dem Sachbearbeiter nichts anderes übrig, als seine Ansprüche am 21. Januar 2016 einzuklagen.
 

Die erste Stufe der Ausschlussfrist

Der Kläger hielt die erste Stufe der Ausschlussfrist ein, denn er machte seine Ansprüche  innerhalb von weniger als drei Monaten nach Fälligkeit der Beklagten gegenüber schriftlich geltend.
 

Die zweite Stufe der Ausschlussfrist

Der Arbeitgeber lehnte die Ansprüche des Sachbearbeiters bereits am 28. September 2015 ab. Die Klage vom 21. Januar 2016 ist damit eigentlich zu spät gekommen, denn die zweite Stufe der Ausschlussfrist war bereits am 28. Dezember 2015 abgelaufen.
 

Bundesarbeitsgericht wendet Verjährungsvorschrift an

Ausschluss- und Verjährungsfristen verfolgen denselben Zweck. Innerhalb eines überschaubaren Zeitraums soll Klarheit darüber herrschen, ob es weiteren Streit über behauptete Ansprüche geben wird oder nicht. Damit dienen beide Fristen gleichermaßen der Rechtssicherheit. Deshalb ist es nach Auffassung des Bundesarbeitsgericht gerechtfertigt, diejenige Verjährungsvorschrift auch auf Ausschlussfristen anzuwenden, die regelt, welche Auswirkungen Vergleichsverhandlungen haben.
 

Verjährung ist bei Vergleichsverhandlungen gehemmt

Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch ist die Verjährung eines Anspruchs bei Vergleichsverhandlungen zwischen den Parteien „ … gehemmt, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert.“
Der Zeitraum, in dem Vergleichsverhandlungen stattfinden, „ … wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet.“
 

Zweite Stufe der Ausschlussfrist gewahrt

Überträgt man diese Verjährungsregelung auf den Fall des Sachbearbeiters, beginnt die zweite Stufe der Ausschlussfrist erst mit dem 25. November 2015. Denn bis zu diesem Datum liefen die Vergleichsverhandlungen. Damit hat die Klage vom 21. Januar auch die zweite Stufe der Ausschlussfrist gewahrt.
 

Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht

Das Landesarbeitsgericht hatte die Berufung des Klägers allein wegen der Ausschlussfrist zurückgewiesen. Dazu, wieviel Urlaubstage der Kläger am Ende des Arbeitsverhältnisses noch hatte und wie viele Überstunden zu vergüten sind, hat das Landesarbeitsgericht keine Feststellungen getroffen. Deshalb hat das Bundesarbeitsgericht den Rechtsstreit zurückverwiesen.
Auf jeden Fall aber werden die Ansprüche des Klägern nicht an den Ausschlussfristen scheitern.


Hier finden Sie die Pressemitteilung des BAG vom 20.06.2018

Rechtliche Grundlagen

§§ 203, 209 BGB

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
§ 203 Hemmung der Verjährung bei Verhandlungen
Schweben zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände, so ist die Verjährung gehemmt, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. Die Verjährung tritt frühestens drei Monate nach dem Ende der Hemmung ein.



Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
§ 209 Wirkung der Hemmung
Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet.