Leiharbeit rechtswidrig, wenn Arbeitnehmer eigene Firma gründet und sich selbst verleiht.
Leiharbeit rechtswidrig, wenn Arbeitnehmer eigene Firma gründet und sich selbst verleiht.

Dem Fall lag eine eher ungewöhnliche Konstellation zugrunde: Der Arbeitnehmer, ein Kameramann, war zunächst als freier Mitarbeiter bei einem öffentlich-rechtlichen Rundfunk beschäftigt.

Kameramann verleiht sich selbst an Rundfunksender

Er erhielt jedoch nur Aufträge für wenige Tage im Jahr, weit unter einer Vollzeitbeschäftigung. Der Sender signalisierte ihm, dass er als Leiharbeitnehmer häufiger eingesetzt werden würde.

Der Arbeitnehmer gründete daraufhin eine GmbH mit Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung, dessen Geschäftsführer er war. Dann verlieh er sich selbst an die Rundfunkanstalt und wurde tatsächlich in Vollzeit eingesetzt. 


Nachdem die Parteien in dieser Konstruktion einige Jahre zusammengearbeitet hatten, machte der Arbeitnehmer schließlich geltend, tatsächlich in einem Arbeitsverhältnis zu stehen. Er klagte auf Feststellung.

Geschäftsführer kann nicht Leiharbeitnehmer sein

Das Landesarbeitsgericht hat dem Kameramann Recht gegeben. Die Überlassung sei unwirksam, es bestehe ein Arbeitsverhältnis. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz gelte nur für Arbeitnehmer von Verleihunternehmen. Der Kläger aber war der Geschäftsführer und damit kein Arbeitnehmer.


Der Kläger war zudem nach Ansicht des LAG sowohl örtlich als auch zeitlich den Weisungen der Rundfunkanstalt unterworfen. Bei seiner Beschäftigung gab es nach Art und Umfang keinen Raum für programmgestaltende Tätigkeiten. 


Die Ausrüstung wurde von der Beklagten gestellt und der Kläger war in die Arbeitsorganisation eingebunden.

Arbeitnehmer handelt nicht treuwidrig

Schließlich sei es auch nicht rechtsmissbräuchlich, dass sich der Kläger auf die Unwirksamkeit der von ihm ja schließlich mitaufgebauten Konstellation berief. Der Arbeitnehmer habe dies zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes durch Aufträge der Rundfunkanstalt getan. 


Den maßgeblichen Beteiligten auf Seiten des Senders seien die Konstruktion und auch die Geschäftsführereigenschaft des Arbeitnehmers bekannt gewesen.


Die Vorinstanz hingegen hatte die Arbeitnehmereigenschaft des Klägers verneint. Das Arbeitsgericht hatte darauf abgestellt, dass der Kläger seine Leistungen nicht in dem Maße in einer persönlichen Abhängigkeit zu Beklagten erbracht hatte, wie ein Arbeitnehmer das tut. Er hätte sich frei entscheiden können, ob er einen Auftrag annimmt oder nicht und hätte auch für Dritte tätig werden können. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache wurde die Revision zugelassen.

Praxistipp: Möglichkeiten des Betriebsrates bei Leiharbeit

Vor Einsatz eines Leiharbeitnehmers ist der Betriebsrat zu beteiligen. Der Betriebsrat kann also ein Augenmerk darauf haben, ob in seinem Betrieb auf derartige Konstruktionen zurückgegriffen wird.


Grundsätzlich ist es erstrebenswert, den Einsatz von Leiharbeitnehmern in einer (freiwilligen) Betriebsvereinbarung zu regeln. Dort können dann eine grundsätzliche Begrenzung der Leiharbeit, Entlohnungsangleichung oder auch Übernahmeregelungen für Leiharbeitnehmer festgelegt werden. Dieser Artikel ist zuerst erschienen in: „AiB-Newsletter, Bund-Verlags, Ausgabe 4/2016 vom 24.02.2016.

Im Praxistipp: § 99 Betriebsverfassungsgesetz Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen

Rechtliche Grundlagen

§ 99 Betriebsverfassungsgesetz - Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen

Betriebsverfassungsgesetz
§ 99 Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen

(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn

1.die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde,

2.die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde,

3.die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten,

4.der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist,
5.eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder

6.die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.

(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.

(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.