Mehr Schein als Sein: Hauswirtschaftsleistungen gab es nur auf dem Papier. Copyright by Africa Studio/Adobe Stock
Mehr Schein als Sein: Hauswirtschaftsleistungen gab es nur auf dem Papier. Copyright by Africa Studio/Adobe Stock


Im Juni 2017 schlossen die Parteien einen „Teilzeitarbeitsvertrag für Arbeiter und Angestellte ohne Tarifbindung“. Das Arbeitsverhältnis wurde auch gelebt, also eine Arbeitsleistung erbracht und Lohn gezahlt. Nach einem Dreivierteljahr sprach der Mann eine Kündigung aus. Die Frau klagte Lohn für die letzten beiden Monate, Urlaubsabgeltung und ein Arbeitszeugnis ein.

Im Verfahren schilderten die Parteien die tatsächlichen Tätigkeiten unterschiedlich. Sie sprach von Hauswirtschaftsleistungen, er von Sexdienstleistungen. Letztlich bildeten die hauswirtschaftlichen Verrichtungen aber nicht den Schwerpunkt des (Arbeits-)Verhältnisses. So viel zum Sachverhalt. Wer es genauer wissen möchte, sei auf das unten verlinkte Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm verwiesen.

Arbeitsgericht Bochum spricht der Klägerin Lohn, Urlaubsabgeltung und Zeugnis zu


Ein mehr als ungewöhnlicher Fall. Man fragt sich, wieso keine der Parteien eingelenkt hat, nicht mal nach dem Urteil des Arbeitsgerichts Bochum. Sollte man nicht meinen, dass beide Seiten wirklich ein Interesse daran haben sollten, diese Geschichte nicht noch vor einem weiteren Gericht verhandeln zu müssen?

Nun haben sie es aber getan und wir möchten die Sache rein rechtlich beleuchten:

Das Scheingeschäft ist nichtig


Der Beklagte stellte sich auf den Standpunkt, der Arbeitsvertrag über Hauswirtschaftsleistungen sei nichtig, da es sich um ein Scheingeschäft handele. Damit lag er rechtlich ganz richtig.

Auch die Vorsitzende Richterin beim Landesarbeitsgericht Hamm (LAG) bestätigt, dass sich der Arbeitsvertrag als Hauswirtschafterin als Scheingeschäft darstelle (§ 117 Abs. 2 BGB). Denn sie hätten die Klägerin nicht verpflichten wollen, im Haushalt des Beklagten zu arbeiten. Das Verhältnis der Parteien habe sich vielmehr so dargestellt, dass der Beklagte unter Einsatz erheblicher finanzieller Zuwendungen versucht habe, die Klägerin an sich zu binden.

Das verdeckte Geschäft ist wirksam


Der Beklagte unterlag rechtlich hingegen, soweit er aus dem Scheingeschäft eine Nichtigkeit des Arbeitsvertrages insgesamt ableiten wollte. Auch wenn das Scheingeschäft keine Wirkung entfaltet, so tut es doch das verdeckte Geschäft. Dies gilt zumindest, wenn das Rechtsgeschäft nicht gegen die guten Sitten oder gegen ein Gesetz verstößt.

Das LAG kommt hier zu dem Ergebnis, dass der (Prostitutions-)Vertrag nicht sittenwidrig und damit wirksam ist.

Es beleuchtet dafür ausführlich die Frage der Sittenwidrigkeit anhand der Rechtsprechung der obersten Gerichte seit Erlass des Prostitutionsgesetzes. Danach habe der Gesetzgeber sich bei Erlass des Gesetzes von der Erwägung leiten lassen, dass nach überwiegender Auffassung die Prostitution nicht mehr als sittenwidrig gelte (z.B. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 06.11.2002 - 6 C 16/02). Dem schließt sich das LAG an.

Die Berufung war teilweise erfolgreich


Das LAG ändert das erstinstanzliche Urteil nur in einem Punkt ab:
Es spricht der Klägerin keinen Lohn für den letzten Monat des Vertragsverhältnisses zu. Dienste, welcher Art auch immer, wurden nicht mehr erbracht. Da die Klägerin aber auch nicht mehr leistungsbereit gewesen sei, habe sie auch keinen Lohnanspruch.

Beklagter muss offene Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erfüllen


Die Urlaubsabgeltung muss der Beklagte aber zahlen. Dabei ging das LAG von einem Arbeitsverhältnis und nicht von einem freien Dienstverhältnis aus. Denn die Parteien hätten ihr Vertragsverhältnis als Arbeitsverhältnis bezeichnet und nur eine vom Vertragsinhalt abweichende Leistung der Klägerin vereinbart.

Das LAG bejahte ebenfalls den Anspruch der Klägerin auf ein Arbeitszeugnis. Was sie damit auch immer anfangen möchte, bleibt wohl ihr Geheimnis.


LINKS:

Das vollständige Urteil des Landesarbeitsgerichts ist in der Rechtsprechungsdatenbank der Justiz NRW nachzulesen

Rechtliche Grundlagen

§ 117 BGB Scheingeschäft

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
§ 117 Scheingeschäft
(1) Wird eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, mit dessen Einverständnis nur zum Schein abgegeben, so ist sie nichtig.
(2) Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so finden die für das verdeckte Rechtsgeschäft geltenden Vorschriften Anwendung.