Bei triftigen Gründen Anspruch auf Zwischenzeugnis. Copyright by bpstocks/ fotolia
Bei triftigen Gründen Anspruch auf Zwischenzeugnis. Copyright by bpstocks/ fotolia

Der seit September 2007 bei der Beklagten als Sachbearbeiter tätige Kläger war bis zum 31. August 2017 beim Bezirksamt Hamburg Nord beschäftigt. Zum September 2017 versetzte die Beklagte den Kläger zur Behörde für Inneres und Sport. 

 

Beklagte beruft sich auf eigene Beurteilungsrichtlinien

Der Kläger beantragte die Erteilung eines qualifizierten Zwischenzeugnisses bei der Beklagten, die dieses jedoch unter Verweis auf § 35 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) ablehnte.

 

Die Beklagte berief sich darauf, dass für den Fall der Versetzung auf einen Arbeitsplatz bei einer anderen Behörde die Beurteilungsrichtlinien der Beklagten den Erhalt einer Beurteilung aus Anlass des Wechsels des Erstbeurteilers vorsähen. Gründe, die sie veranlassen könnten, dem Kläger ein Zwischenzeugnis auszustellen, vermochte sie nicht zu erkennen.

 

Kläger nimmt gerichtliche Hilfe in Anspruch

Nachdem außergerichtlich keine Einigung zu erzielen war, beantragte der Kläger Rechtsschutz bei seiner Gewerkschaft. 

 

Der durch die Juristen*innen des Hamburger Büros der DGB Rechtsschutz GmbH vertretene Kläger beantragte beim Arbeitsgericht Hamburg, die Beklagte zu verurteilen, ihm ein qualifizierte Zwischenzeugnis über den Beschäftigungszeitraum vom 01.09.2007 bis 31.08.2017 zu erteilen.

 

Die beklagte Stadt hielt weiterhin an ihrer seltsam anmutenden Rechtsauffassung fest und beantragte die Klage abzuweisen.

 

Argumentation der Beklagten überzeugt nicht

Mit Urteil vom 26. April 2018 kamen die Hamburger Arbeitsrichter zu dem Ergebnis, dass der Kläger Anspruch auf Erteilung des begehrten Zwischenzeugnisses hat. Dies ergebe sich aus § 35 Abs. 2 TV-L, wonach triftige Gründe im Sinne der tariflichen Vorschrift vorlägen.

 

Denn hierzu zähle auch die Versetzung oder der Wechsel eines Vorgesetzten. Keine Grundlage fände die Rechtsauffassung der Beklagten in der tariflichen Regelung. Am Bestehen des tariflichen Anspruchs würden auch die Beurteilungskriterien der Beklagten nichts ändern.

 

Berufung möglich

Sollte die Stadt Hamburg an ihrer Rechtsauffassung festhalten, wonach die städtischen Beurteilungsrichtlinien Vorrang vor tariflichen Vorschriften haben und das Rechtsmittel der Berufung einlegen, so werden wir über den weiteren Verlauf der Sache berichten. 

Das sagen wir dazu:

Wer Texte liest, sollte sie auch verstehen können.

Sinnvoll wäre es sicherlich gewesen, wenn die Stadt Hamburg die außergerichtliche Bearbeitung einem Sachbearbeiter übertragen hätte, der in der Lage ist, klare und unmissverständliche Tarifvertragstexte nicht nur zu lesen, sondern diese auch zu verstehen. 

Denn dann hätte es sicherlich keine fünf Minuten gedauert, um zu dem Ergebnis zu kommen, wie sich dies nun aus dem Urteil ablesen lässt.

Entscheidungsgründe kurz und überzeugend!

Ganze 9,5 Zeilen benötigte das Gericht um die Entscheidungsgründe darzulegen. Schon hieraus ergibt sich, dass es sich um eine Rechtsfrage handelte, die leicht zu lösen war. Warum dennoch die Arbeitsgerichtsbarkeit bemüht werden musste, kann und muss das Geheimnis der sachbearbeitenden Stelle im „Fachamt Personalservice“ des Bezirksamt Hamburg-Nord bleiben.

 

Hier geht es zur vollständigen Entscheidung des Arbeitsgerichts Hamburg vom 26.04.2018:

Rechtliche Grundlagen

§ 35 Zeugnis TV-L

(1) Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses haben die Beschäftigten Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis über Art und Dauer ihrer Tätigkeit, das sich auch auf Führung und Leistung erstrecken muss (Endzeugnis).

(2) Aus triftigen Gründen können Beschäftigte auch während des Arbeitsverhältnisses ein Zeugnis verlangen (Zwischenzeugnis).

(3) Bei bevorstehender Beendigung des Arbeitsverhältnisses können die Beschäftigten ein Zeugnis über Art und Dauer ihrer Tätigkeit verlangen (vorläufiges Zeugnis).