Der Teufel steckt oft im Detail, deshalb empfiehlt es sich, ein Zeugnis genau unter die Lupe zu nehmen. Copyright by Adobe Stock/sebra
Der Teufel steckt oft im Detail, deshalb empfiehlt es sich, ein Zeugnis genau unter die Lupe zu nehmen. Copyright by Adobe Stock/sebra

Während eines noch laufenden Arbeitsverhältnisses muss der Arbeitgeber seinen Beschäftigten auf Wunsch ein Zwischenzeugnis erteilen. War - wie hier - der Chef des Klägers aus Ludwigshafen durchweg zufrieden mit dessen Arbeitsleistung, zeigte er das gerne in einem Zwischenzeugnis. Mit diesem Zwischenzeugnis war auch der Kläger sehr zufrieden.

Das Zwischenzeugnis beschrieb verantwortungsvolle Tätigkeiten des Klägers

Ein Problem trat aber auf, als der Mann nach Ende des Arbeitsverhältnisses ein abschließendes Arbeitszeugnis haben wollte. Das enthielt nicht alle positiven Bewertungen des Zwischenzeugnisses, insbesondere fehlten darin verantwortungsvolle Tätigkeiten, die der Kläger ausweislich des Zwischenzeugnisses verrichtet hatte. Der Chef hatte einiges weggelassen.

So wollte der Kläger nicht aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden. Er hatte zwischenzeitlich eine Erwerbsminderungsrente bekommen, jedoch nur auf Zeit. Jasmin Marzoll vom DGB Rechtsschutzbüro Ludwigshafen, die den Kläger vertrat, meint, ihr Mandant habe sich zu Recht nicht mit dem Beendigungszeugnis zufrieden geben wollen. Denn man wisse ja nie, ob er es nicht doch noch benötigen würde, sollte die Rente nicht weiter bewilligt werden.

Zeugnisklagen sind nicht beliebt

Rechtsstreite auf Erteilung eines Zeugnisses werden oft nicht ernst genommen. Kaum Eine*r führt einen solchen Prozess gerne. Es ist auch für Prozessvertretung meist sehr viel Arbeit, denn jedes Wort, das im Zeugnis stehen, muss im Verfahren genannt werden. Da erscheinen in einem Urteil schon schnell einmal mehrere Seiten mit unterschiedlichen Zeugnisformulierungen, wobei sich der wirkliche Unterschied nicht immer direkt erschließt.

Zu Ihrem Verfahren vor dem Arbeitsgericht Ludwigshafen meint Marzoll deshalb auch  „Im Gütetermin war das Verfahren noch etwas belächelt worden, sowohl vom Vorsitzenden, wie auch von dem gegnerischen Rechtsanwalt, denn ich hatte auch ein fehlendes Komma moniert zwischen zwei Hauptsätzen. Dazu finden sich keine Ausführungen in der Entscheidung, aber es wurde im Ergebnis übernommen.“

Es besteht nur ein Anspruch auf ein Zeugnis mit der Note „drei“

Grundsätzlich gilt, dass Arbeitnehmer*innen die Umstände beweisen müssen, die ein gutes oder ein sehr gutes Arbeitszeugnis rechtfertigen. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass grundsätzlich regelmäßig nur ein Anspruch darauf besteht, ein „befriedigendes“ Arbeitszeugnis zu erhalten, also mit der Note „drei“. Ist der*die Arbeitnehmer*in damit nicht zufrieden, ist eine Klage dem Arbeitsgericht möglich, damit der Arbeitgeber ein besseres Zeugnis erteilt.

Weil Arbeitnehmer jedoch die Beweispflicht für die Note "gut" oder "sehr gut" haben, sind solche Verfahren eher selten von Erfolg gekrönt. Anders kann das aber sein, wenn der Arbeitgeber erst kurz zuvor ein Zwischenzeugnis erteilt hatte.

Eine gute Note im Zwischenzeugnis ist allerdings nur eine Momentaufnahme. Sie bedeutet nicht unbedingt, dass auch das Beendigungszeugnis die gleiche Note haben muss.

Der Kläger hat einen Rechtsanspruch auf ein korrektes Zeugnis

Zurück zum Verfahren aus Ludwigshafen: Das Arbeitsgericht weist darauf hin, dass der Kläger einen Rechtsanspruch auf Erteilung eines Zeugnisses hat. Ein qualifiziertes Zeugnis, welches hinsichtlich der Tätigkeitsbeschreibung sowie Leistung und Verhalten nicht der Wahrheit entspreche, erfülle nicht den ursprünglichen Zeugnisanspruch.

In dem Fall könnten Betroffene im Klagewege die Erfüllung des Zeugnisanspruchs durch Berichtigung des bereits erteilten fehlerhaften Zeugnisses beantragen. Der Arbeitgeber müsse die ausgeübten Tätigkeiten im Zeugnis vollständig und in chronologischer Reihenfolge aufführen. Ein Dritter müsse sich anhand des Zeugnisses ein klares Bild von der ausgeübten Tätigkeit machen können.

Die einzelnen Arbeitsaufgaben müssen im Zeugnis aufgeführt sein

Unwesentliches dürfe der Arbeitgeber zwar verschweigen, nicht jedoch Aufgaben und Tätigkeiten, die ein Urteil über die Kenntnisse und die Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers erlaubten.

Von einem Zwischenzeugnis dürfe ein Arbeitgeber im Arbeitszeugnis nur abweichen, wenn die späteren Leistungen und das Verhalten des Arbeitnehmers das rechtfertigten.

Dies gelte auch für die in dem Arbeitszeugnis wiederzugebenden und vom Kläger zu erledigenden Aufgaben. Der Kläger begehre die Erteilung eines Arbeitszeugnis, das inhaltlich weitgehend mit dem zuvor erteilten Zwischenzeugnis übereinstimmen. Der Arbeitgeber habe einen Passus des Zwischenzeugnisses im Beendigungszeugnis nicht übernommen. Es gehe dabei um die Tätigkeiten des Klägers als Spezialist für einen bestimmten Bereich stellvertretend für den Schichtleiter und in der Sachbearbeitung.

Das Zwischenzeugnis war erst zwei Jahre alt

Das Arbeitsverhältnis habe zwei Jahre nach Erteilung des Zwischenzeugnisses geendet. Es lägen keinerlei Umstände vor, die es rechtfertigten könnten, im Arbeitszeugnis von der Tätigkeitsbeschreibung des Zwischenzeugnisses abzuweichen. Insbesondere habe die Beklagte im Verfahren nicht dargelegt, dass dem Kläger die einzelnen Aufgaben, die das Zwischenzeugnis noch aufführte, nicht zugewiesen gewesen seien.

Mithin müsse der Arbeitgeber das Zeugnis so wie vom Kläger ausführlich vorformuliert, erteilen.

Hier geht es zum Urteil

Das sagen wir dazu:

Dass für dieses Zeugnis ein Rechtsstreit geführt werden musste, ist bereits verwunderlich. Offensichtlich war der Arbeitgeber mit seinem Beschäftigten ja durchweg zufrieden gewesen. Der Mann war auch so krank, dass er nicht mehr weiterarbeiten konnte. Warum dann das abschließende Arbeitszeugnis gerichtlich erstritten werden musste, bleibt das Geheimnis des Chefs.

Eine kleine Auswahl zu unseren Veröffentlichungen im Zusammenhang mit Zeugnisstreitigkeiten lesen Sie hier:

Bundesarbeitsgericht: Arbeitnehmer haben keinen Anspruch auf ein gutes Zeugnis

Zu gut ist auch nicht gut

Arbeitgeber muss sich an den vereinbarten Zeugnistext halten

Rechtliche Grundlagen

§ 109 GewO

Gewerbeordnung
§ 109 Zeugnis
(1) Der Arbeitnehmer hat bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Das Zeugnis muss mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis) enthalten. Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass sich die Angaben darüber hinaus auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis (qualifiziertes Zeugnis) erstrecken.
(2) Das Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein. Es darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen.
(3) Die Erteilung des Zeugnisses in elektronischer Form ist ausgeschlossen.