DGB Rechtsschutz:
Fast-Food-Ketten wie McDonald´s und Burger King kommen immer wieder ins Gerede im Zusammenhang mit der Nichtbeachtung der Mitbestimmungsrechte von Betriebsräten. Woran liegt das?
Burkhard Siebert:
Aufgrund von großen Widerständen der Arbeitgeber existieren in der Systemgastronomie traditionell sehr wenige Betriebsratsgremien. Oftmals werden Neugründungen von Betriebsräten schon behindert. Wenn sich einmal ein Betriebsrat gegründet hat und mit der Arbeit beginnt, fangen die Probleme oft erst richtig an. Insbesondere bei der zentralen Frage der Mitbestimmung bei der Arbeitszeit wollen sich die Arbeitgeber nicht von ihrer „Flexibilität“ trennen und mit einem Betriebsrat sprechen. Dabei ist hier ein fairer Umgang sehr wichtig!
DGB Rechtsschutz:
Werden Betriebsräte nicht dadurch mürbe gemacht, dass sie ständig um ihre Rechte - und das auch noch vor Gericht – kämpfen müssen?
Burkhard Siebert:
Ja natürlich. Am Anfang stehen sehr oft Auseinandersetzungen um ganz normale, selbstverständliche Arbeitsstrukturen wie ein Betriebsratsbüro. Oder der Arbeitgeber stellt Seminarbesuche in Frage oder fordert, dass gar die Betriebsratsarbeit konsequent außerhalb der Arbeitszeit stattfinden soll.
Ein ganz besonders heftiges Beispiel der Behinderung von Betriebsräten erleben wir aktuell bei der Burger King GmbH. Das Unternehmen ist der größte Franchisenehmer von Burger King in Deutschland. Seit der Übernahme durch neue Investoren werden die guten Betriebsrätestrukturen systematisch bekämpft. Gegen Betriebsräte werden Kündigungsverfahren in Gang gesetzt, Schadensersatzklagen erhoben, Abmahnungen verteilt, oder der Lohn wird nicht ausgezahlt. Dies ist aber nur ein kleiner Ausschnitt. Alles scheint dem Ziel zu folgen, die Betriebsräte unter Druck zu setzen, sie mit Dingen zu beschäftigen, die sie von ihren eigentlichen Aufgaben, wie z.B. die Einhaltung von Tarifverträgen zu überwachen, abbringen. Und natürlich schüchtert so ein massives Vorgehen auch ein. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass einzelne Betriebsräte sich sehr „bedeckt halten“.
DGB Rechtsschutz:
Macht sich das betriebsratsfeindliche Verhalten durch die Geschäftsführung der Burger King GmbH bei den jetzigen Betriebsratswahlen bemerkbar, oder gibt es eine „Jetzt-erst-recht- Reaktion“?
Burkhard Siebert:
Leider habe ich keine Glaskugel, daher kann ich zum heutigen Stand noch nicht einschätzen, wie viele der ehemals 28 Betriebsratsgremien nach den regulären Wahlen noch existieren werden. Einzelne Gremien wurden bereits gewählt: Da wurden die aktiven Betriebsräte in ihrem Amt bestätigt. Das lässt uns hoffen, dass wir auch zukünftig aktive Betriebsräte bei der Burger King GmbH haben werden, die dafür einstehen, dass Gesetze und Tarifverträge im Interesse der Beschäftigten eingehalten werden.
DGB Rechtsschutz
In großem Stil werden bei der Burger King GmbH tarifliche und gesetzliche Zahlungsansprüche der Beschäftigten missachtet. Was kann NGG dagegen für die Beschäftigten tun?
Burkhard Siebert:
Wir haben in den vergangenen Monaten diverse Maßnahmen durchgeführt. Am Wichtigsten war zunächst die Information der Beschäftigten. Wir haben in allen Betrieben mehrsprachige Informationen verteilt, in denen wir die wesentlichen tariflichen Ansprüche beschrieben haben. Man muss ja erst einmal seine Rechte kennen, um dafür dann auch zu kämpfen. Ein weiterer Schritt war, gemeinsam mit der DGB Rechtsschutz GmbH in mehr als 200 Fällen tarifliche Leistungen einzuklagen. Die Burger King GmbH zahlt in der Regel auch erst dann, wenn ein Gericht sie dazu verurteilt. Im Übrigen reden wir oftmals über Sachverhalte, die sehr eindeutig sind und bei denen im Vorfeld bereits klar ist, dass das Verfahren zugunsten unserer Mitglieder ausgeht. Auch das soll wohl Druck auf die Beschäftigten ausüben.
Darüber hinaus haben wir natürlich auch mit dem Arbeitgeberverband, dessen Mitglied die Burger King GmbH ist, gesprochen, damit auch über diesen Weg auf Tariftreue gedrängt wird. Darüber sind zumindest einige wenige Punkte abgeräumt worden.
Wir werden auch zukünftig den Druck auf die Burger King GmbH aufrechterhalten, bis die Anwendung von Tarifverträgen und Gesetzen wieder zur Normalität gehören. Durch die öffentliche Kommunikation der Rechte und gerichtlichen Erfolge machen wir den von Unrecht Betroffenen auch Mut und geben Kraft für die Auseinandersetzung.
DGB Rechtsschutz:
Welche Rolle kann dabei die DGB Rechtsschutz GmbH spielen?
Burkhard Siebert:
Die DGB Rechtsschutz GmbH spielt in der ganzen Auseinandersetzung eine zentrale Rolle. Es ist ungeheuer wichtig, einem so agierenden Arbeitgeber die rechtlichen Grenzen aufzuzeigen und sicherzustellen, dass unsere Mitglieder erfolgreich ihre Ansprüche einklagen können. Wenn wir einen so großen Arbeitgeber damit durchkommen lassen, werden andere sicherlich auf einen ähnlichen Zug aufspringen.
DGB Rechtsschutz:
Hast Du einen Überblick, wie viele Zahlungsklagen und wie viele Kündigungsverfahren (Zustimmungsersetzungsverfahren) es seit der Übernahme von 91 Filialen durch die Yi-Ko-Holding schon gegeben hat? Gab es überhaupt schon Erfolge für die Burger King GmbH?
Burkhard Siebert:
Das sind insgesamt weit mehr als 200 Verfahren, die wir seit Mai 2013 gegen die Burger King GmbH für unsere Mitglieder einleiten mussten. Ein Ende ist momentan leider noch nicht in Sicht.
Gegen Betriebsräte wurden nach unserem Kenntnisstand insgesamt 19 Kündigungsverfahren eingeleitet. Hinzu kommen noch einige Schadensersatzklagen, Wahlanfechtungen, Anträge auf Auflösung des Betriebsrates usw. Der Strauß der Grausamkeiten ist sehr bunt.
DGB Rechtsschutz:
Es hat vor einiger Zeit Mitarbeiteraktionen (auch von Betriebsräten) gegen NGG gegeben. Wie bewertest Du das?
Burkhard Siebert:
Mitarbeiteraktionen gegen NGG sind uns nicht bekannt. Uns liegt lediglich eine Aktion des Geschäftsführers der Burger King GmbH Ergün Yildiz vor, der eine sogenannte Petition entworfen bzw. zumindest in den Umlauf gebracht und Betriebsräte aufgefordert hat, diese zu unterzeichnen. In dieser Petition wird NGG aufgefordert, ihre angebliche Kampagne gegen das Unternehmen einzustellen. Übersetzt heißt das: Wir sollen aufhören, wir sollen unsere Arbeit als NGG einstellen, damit unsere Mitglieder weiter um ihre tariflichen Rechte gebracht werden können. Das wird es natürlich nicht geben!
Spannend sind für uns vielmehr die Reaktionen aus den Betrieben. Im Zeitraum Oktober 2013 bis Januar 2014 haben wir vor den Betrieben der Burger King GmbH mit Aktionen über den Rechts- und Tarifbruch im Unternehmen informiert. Nicht selten sind Kolleginnen und Kollegen aus den Betrieben heraus gekommen und haben sich dafür bedankt, dass wir ihnen so deutlich an der Seite stehen und uns für unsere Mitglieder stark machen.
DGB Rechtsschutz:
Es gibt eine Schadensersatzklage der Burger King GmbH gegen NGG wegen Verleumdung. Was wird der Gewerkschaft vorgeworfen?
Burkhard Siebert:
Im Wesentlichen wird uns in einer 140seitigen Klageschrift vorgeworfen, dass wir unsere Arbeit machen. Ernsthaft, die Burger King GmbH wirft uns vor, dass wir öffentlich darstellen, dass das Unternehmen Tarifverträge nicht einhält und versucht, Betriebsräten zu kündigen usw. Laut der Burger King GmbH wollen wir mit dieser „Kampagne“ die Marke Burger King schädigen. Das ist natürlich totaler Quatsch. Wir wollen lediglich, dass unsere Kolleginnen und Kollegen zu fairen Bedingungen ihre Arbeit machen können.
Wir lassen uns aber von dieser juristischen Attacke nicht davon abbringen, neben der juristischen Auseinandersetzung auch weiter öffentlichen Druck auf die Burger King GmbH auszuüben.