Muss es unbedingt schriftlich sein? Copyright by DDRockstar/fotolia.
Muss es unbedingt schriftlich sein? Copyright by DDRockstar/fotolia.

Diese Frage hatte das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein zu beantworten.
 

Vorteile eines schriftlichen Arbeitsvertrags

Liegt ein schriftlicher Arbeitsvertrag vor, können beide Parteien im Streitfall vor Gericht leicht beweisen, welche Vereinbarungen sie getroffen haben. Deshalb empfiehlt es sich, Arbeitsverträge schriftlich abzuschließen.
 

Arbeitsvertrag ohne schriftliche Vereinbarung

Wirksame Arbeitsverträge kommen aber auch zustande, wenn die Parteien sich

  • mündlich
  • durch schlüssiges Verhalten

einigen.
 

Einigung durch schlüssiges Verhalten

Eine solche Einigung ist wirksam, wenn aus dem Verhalten beider Parteien zu schließen ist, dass sie einen Arbeitsvertrag miteinander eingehen wollen. Das ist etwa der Fall, wenn eine Arbeitnehmer die Arbeit tatsächlich aufnimmt und der Arbeitgeber dies widerspruchslos duldet.
 

Der Fall beim Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein

Im Rahmen einer Telefonkonferenz teilte ein Mitarbeiter der Beklagten dem Kläger mit, dass er zum 01.06.2016 zur Beklagten „wechseln“ werde. Der Mitarbeiter war nicht berechtigt, für die Beklagte Arbeitsverträge abzuschließen.
Trotzdem nahm der Kläger aufgrund dieser „Zusage“ die Arbeit auf. Die Beklagte nahm dies widerspruchslos hin.
 

Schriftform im Tarifvertrag vorgeschrieben

Die Beklagte und die Gewerkschaft ver.di hatten einen Manteltarifvertrag unterzeichnet. In § 5 ist geregelt:
„Der Schriftform bedürfen:
der Abschluss und die Änderung des Arbeitsvertrages …“

Deshalb argumentierte die Beklagte, ein Vertragsschluss durch schlüssiges Verhalten sei wegen dieser Vorschrift im Tarifvertrag nicht möglich. Es sei also kein Arbeitsvertrag zustande gekommen.
 

Tarifvertrag ist auszulegen

Das Landesarbeitsgericht weist in seinem Urteil darauf hin, dass mit einer solchen Regelung zweierlei gemeint sein kann.

  • Die Regelung kann konstitutiv sein. Das bedeutet, die Tarifvertragsparteien wollen, dass tatsächlich nur schriftliche Verträge wirksam sind.
  • Die Regelung kann deklaratorisch sein. Das bedeutet, die Tarifparteien wollen, dass Arbeitsverträge schriftlich zu schließen sind. Aber beachten die Parteien diese Regel nicht, führt das nicht zur Unwirksamkeit des Vertrages.

 
Um entscheiden zu können, welche der beiden Varianten die jeweiligen Tarifvertragsparteien vereinbaren wollten, ist der Tarifvertrag auszulegen. Dabei - so die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts - hat „ … ein tarifliches Schriftformgebot für den Abschluss eines Arbeitsvertrags regelmäßig nur deklaratorische Wirkung …“
Das bedeutet, dass die Tarifvertragsparteien besonders darauf hinweisen müssen, wenn sie - ausnahmsweise - eine konstitutive Regelung treffen wollen.

Ein solcher besonderer Hinweis findet sich in der Regelung des § 5 Manteltarifvertrag nicht. Da das Landesarbeitsgericht auch sonst keine Hinwiese auf eine konstitutive Regelung finden konnte, blieb es bei dem Grundsatz des Bundesarbeitsgerichts.
Deshalb ist zwischen dem Kläger und der Beklagten ein wirksamer Arbeitsvertrag durch schlüssiges Handeln zustande gekommen.
 
Hier finden Sie das vollständige Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein, Urteil vom 07. August 2018 - 1 Sa 23/18 -