Nicht alles was gefällt, ist am Arbeitsplatz auch erlaubt
Nicht alles was gefällt, ist am Arbeitsplatz auch erlaubt

Frisuren werden nicht mehr nur als Widerstand gegen die Kultur genutzt, sondern sind heute Ausdruck der Persönlichkeit, genau wie Körperschmuck, zum Beispiel Tattoos und Piercings.
Immer mehr versuchen Vorgesetzte aber dies buchstäblich zu beschneiden. Immer zu Recht?

Fingernägel zu lang?

Mit der Länge von Fingernägeln hatte sich das Landesarbeitsgericht in Köln auseinanderzusetzen. Die Kölner Richter hatten Vorschriften des Arbeitgebers über die Farbe der Unterwäsche der Arbeitnehmer/innen für in Ordnung erachtet.

Da der Arbeitgeber auch die Länge der Fingernägel vorgeschrieben hatte, setzten sie sich auch hiermit auseinander. Der Arbeitgeber hatte angewiesen, dass beim Sicherheitspersonal die Fingernägel nicht mehr als 0,5 cm über der Fingerkuppe sein dürfen.

Auch dies hatte das Gericht gebilligt. Dass zu lange Fingernägel bei der Arbeit behindern können und für die eventuell abzutastenden Passagiere sogar gefährlich werden könnten, dürfte ein gutes Argument sein.

Es gibt Anweisungen einer Bäckereikette, keine künstlichen Fingernägel und keinen Nagellack zu tragen. Begründet wird dies mit der Argumentation, sowohl die künstlichen Fingernägel als auch Nagellack könnten abfallen und dem Kunden das Essen ungenießbar machen.

Und die Farbe?

Der Arbeitgeber schrieb beim Sicherheitspersonal auch die Farbe der Fingernägel vor. Er wollte einfarbige Fingernägel haben. Bei der Kleidung kann der Arbeitgeber einen Anspruch auf Einheitlichkeit haben, aber bei der Farbe der Fingernägel?

Bei der Farbe der Fingernägel haben die Richter der Regelung des Arbeitgebers einen Riegel vorgeschoben. Für das äußere Erscheinungsbild der Arbeitnehmer sei die Farbe der Fingernägel unerheblich und das Interesse des Arbeitgebers geringer einzuschätzen, als das Recht der Arbeitnehmer auf Individualität.

Ob dies auch für andere Arbeitsplätze gilt, kann aus dem Urteil nicht hergeleitet werden.
Auch kann der Arbeitgeber einen Anspruch auf gepflegte Fingernägel haben. Oder möchten Sie von einem Metzger bedient werden, dem man ansieht, dass er am Tag zuvor Ölwechsel gemacht hat?

Außerhalb der Sicherheit und Hygiene ist aber immer der Anspruch der Arbeitnehmer auf freie Entfaltung der Persönlichkeit zu beachten. Hier ist noch vieles im Fluss. Sollten die Vorschriften zu eng werden, empfiehlt es sich, Rechtsrat einzuholen.

Haarig!

Die Kölner Richter haben auch entschieden, dass die Farbe der Haare den Arbeitgeber nichts angeht.  Auch künstliche Haare oder Einflechtungen sind Sache des Arbeitnehmers.

Etwas anderes wird aber dann gelten, wenn die Haare aus Gründen der Hygiene oder der Sicherheit verdeckt bzw. zusammengebunden getragen werden müssen. Beispielsweise wenn Lebensmittel verarbeitet oder verkauft werden.

Bilder auf der Haut?

Was ist mit Tattoos? Auch hier ist vieles im Fluss. Die Mutter des Autors ist noch in einer Zeit groß geworden, als Tattoos nach allgemeiner Ansicht Seeleuten oder Gefängnisinsassen vorbehalten waren. Der Autor war weder Seemann noch Gefängnisinsasse. Gesellschaftliche Normen können sich also ebenso wie Ansichten ändern.

Tattoos dürften mittlerweile gesellschaftlich anerkannt sein. Aber Überall? Auch hier gibt es Grenzen. Tattoos mit rechtsradikalen Hintergründen können sogar zu Strafanzeigen führen und sind natürlich undenkbar. Auch Tattoos, die Botschaften enthalten, die den Werten des Unternehmens widersprechen, werden für den Arbeitgeber nicht hinzunehmen sein.

Generell gilt, dass es den Arbeitgeber nichts angeht, ob der Arbeitnehmer tätowiert ist oder nicht. Unabhängig von der Frage, wie er das feststellen will. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn das Tattoo offen nach außen gezeigt wird.

Wie bei der Kleidung kommt es auch hier auf den Einzelfall an. Einem Tätowierer kann wohl eher nicht untersagt werden, Tattoos offen zu tragen.

Tattoos bei Polizisten

In diesem Zusammenhang darf auf die Dienstvorschriften, beispielsweise der Polizei, verwiesen werden, die zu auffälligen Körperschmuck untersagen. Keine leichte Aufgabe zu klären, was „zu auffällig“ ist.

2014 haben sich Richter des Verwaltungsgerichts Frankfurts  mit der Frage großflächiger Tattoos auf dem Unterarm eines Polizisten auseinandergesetzt und entschieden, dass dies für den gehobenen Vollzugsdienst kein Hindernis darstellt.

Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz urteilte allerdings bereits 2005, dass ein Justizvollzugsbeamter seine Uniform so tragen muss, dass die Unterarmtätowierungen verdeckt sind.

Begründet wurde dies damit, dass durch das Tragen einer Uniform ein einheitliches und neutrales Auftreten der Beamten erreicht werden soll. Ein großflächiges und deshalb besonders auffälliges Tattoo verhindere dies, trotz des Einstellungswandels der Bevölkerung zu Tätowierungen.

Da die Tätowierungen des Klägers denjenigen ähneln, die auch im Milieu von Strafgefangenen verbreitet seien, wäre ein Distanzverlust zu den Strafgefangenen und damit einer Schwächung der Autorität des Beamten zu befürchten. Dies hätte aber auch anders entschieden werden können.

Rauswurf wegen Tattoo?

Der Autor geht davon aus, dass das Tragen von Tattoos nur in sehr wenigen Fällen eine Kündigung rechtfertigen dürfte.

Ohnehin wäre dies nur dann möglich, wenn sich das Tattoo nicht verbergen lässt und in einer Umgebung getragen wird, in der dies (noch) unüblich ist. Stellt der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer in Kenntnis des Tattoos ein, dürfte eine Kündigung nachträglich kaum vor den Arbeitsgerichten Bestand haben.

Dies gilt insbesondere dann, wenn das Tattoo verdeckt werden kann. Eine Anweisung, das Tattoo zu verdecken,  kann aber wirksam sein. Wenn das Tattoo Symbole aufweist, die gewaltverherrlichende, sexistische oder allgemein die Würde des Menschen verletzende Inhalte haben, kann eine Kündigung wirksam sein. Aber auch bei Bezügen zu extremen politischen Ansichten.

Was ist mit Piercings, Ohrringen etc.?

Wenn diese ein Sicherheitsrisiko darstellen, kann der Arbeitgeber bei jeder Art von Schmuck verlangen, diesen auszuziehen bzw. mit Abkleben so zu sichern, dass nichts mehr passieren kann. Dies gilt auch für Ketten, Ringe und weiteren Schmuck, der problemlos zu entfernen ist.

Dies gilt auch bei Hygienefragen. Zwar könnte sich der Autor durchaus über den Einkaräter Massivgoldring in seinem Essen freuen. Spätestens bei der Zahnarztrechnung und der stattgefunden Magen-Darm OP dürfte die Freude eingeschränkt sein. Über einen Ohrring im Essen möchte der Autor nicht nachdenken.

Bei der Frage alleine des Aussehens willens wird die Abwägung der Interessen des Arbeitsgebers und des Arbeitnehmers jedoch schwieriger. Auch hier kommt es auf den Einzelfall an.

Fazit

Was unsichtbar ist, geht den Arbeitgeber nichts an. Alles was die Sicherheit oder Hygiene gefährdet, muss entfernt oder gesichert werden.

Bei sichtbarem Körperschmuck muss im Einzelfall entschieden werden, ob eine Darstellung nach außen mit Kundenkontakt erfolgt oder nicht. Wenn der Arbeitnehmer sich nicht nach außen darstellen muss, darf der Arbeitgeber wesentlich weniger eingreifen.

Bei der Außendarstellung ist zwischen den Interessen des Arbeitgebers und denen der Arbeitnehmer genau abzugrenzen, wobei hier aufgrund des Wandels und der Akzeptanz in der Bevölkerung mit Sicherheit ein Wandel stattfinden wird. Ob die oben genannten Richter tätowiert waren, konnte der Autor nicht herausfinden.

 

Weitere Infos zu dem Thema "Kleider machen Leute? - Was darf mir der Chef vorschreiben?" finden Sie hier.