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Praxisfall
Ratgeber

Der Fall aus der Praxis

Testen Sie Ihr Wissen in den Praxisfällen!
 
 
Die Reihe „Der Fall aus der Praxis“ stellt interessante Sachverhalte dar, über die Arbeits- und Sozialgerichte tatsächlich zu entscheiden hatten. 
Bei uns können Sie Richter spielen! 
Sie entscheiden, wer Recht hat und lesen hinterher, ob Sie richtig gelegen haben.
Viel Spaß!
Der Fall aus der Praxis | Muss der öffentliche Arbeitgeber 2x zum Vorstellungsgespräch einladen?

Die Auflösung


Hat wirklich jede*r eine zweite Chance? Copyright by Adobe Stock/contrastwerkstatt

Die Rechtslage

Der Wortlaut des Schwerbehindertengesetzes ist bei öffentlichen Arbeitgebern eindeutig:
„Haben schwerbehinderte Menschen sich um einen . . . Arbeitsplatz beworben . . . werden sie zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen.“
Bei einem Verstoß gegen das Gebot, niemanden wegen seiner Schwerbehinderung zu benachteiligen, sieht das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz eine  „ . . . angemessene Entschädigung in Geld . . .“  vor.

Die Entscheidungen des Arbeits -und Landesarbeitsgerichts

Das Arbeitsgericht wies die Klage des schwerbehinderten Bewerbers ab. Auf seine Berufung verurteilte das Landesarbeitsgericht die Bundesagentur, Schadensersatz in Höhe eines zu erwartenden Bruttomonatsentgelts zu bezahlen. Gegen diese Entscheidung legte die Agentur Revision zum Bundesarbeitsgericht ein.

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

Die höchsten deutschen Arbeitsrichter*innen stellen zunächst fest, dass die Bundesagentur für Arbeit verpflichtet war, den Bewerber einzuladen. Schließlich war er nicht offensichtlich ungeeignet für die ausgeschriebenen Stellen. An dieser Einladungspflicht ändert sich nichts dadurch, dass es sich ausschließlich um eine interne Stellenausschreibung gehandelt hat.
 
Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts ist die Bundesagentur für Arbeit dieser Pflicht aber ausreichend nachgekommen. Denn beide Stellen hatten ein identisches Anforderungsprofil, und die Regionaldirektion der Bundesagentur führte das Auswahlverfahren nach identischen Kriterien durch. Eine Einladung zu einem zweiten Vorstellungsgespräch war also nicht erforderlich. Deshalb hat die Bundesagentur den Bewerber wegen seiner Schwerbehinderung nicht benachteiligt.
Damit sind die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch nicht erfüllt.

Das Ergebnis

Richtig ist die Aussage:
Dem Bewerber steht kein Schadensersatz zu.

BAG 25. Juni 2020; 8 AZR 75/19 (Pressemitteilung)

Autor:
Michael Wanner