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Praxisfall
Ratgeber

Der Fall aus der Praxis

Testen Sie Ihr Wissen in den Praxisfällen!
 
 
Die Reihe „Der Fall aus der Praxis“ stellt interessante Sachverhalte dar, über die Arbeits- und Sozialgerichte tatsächlich zu entscheiden hatten. 
Bei uns können Sie Richter spielen! 
Sie entscheiden, wer Recht hat und lesen hinterher, ob Sie richtig gelegen haben.
Viel Spaß!
Der Fall aus der Praxis | Gerichtlicher Vergleich als Sachgrund für Befristung

Die Auflösung


Die Entscheidung des BAG

Das Bundesarbeitsgericht hat zugunsten des Arbeitnehmers entschieden.

Sachgrundlose Befristung ist nicht möglich

Eine sachgrundlose Befristung kommt zwar grundsätzlich in Betracht, wenn sie maximal zwei Jahre dauert. Allerdings scheidet eine Befristung ohne Sachgrund nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz aus, „ … wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.“ So liegt der Fall hier. Vor der zweiten Befristung bestand zwischen der Parteien bereits ein befristetes Arbeitsverhältnis. Für die zweite Befristung war also ein Sachgrund erforderlich.

Vergleich als Sachgrund

Nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz liegt ein Sachgrund für eine Befristung unter anderem vor, wenn „ … die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.“

Der Grundgedanke dieser Regelung ist, durch die Beteiligung des Gerichts sicherzustellen, dass die Parteien nur Befristungen vereinbaren, die den Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligen. Denn das Gericht hat nach dem Bundesarbeitsgericht „ … die Aufgabe, den Arbeitnehmer vor einem grundlosen Verlust seines Arbeitsplatzes zu bewahren und damit einen angemessenen Ausgleich der wechselseitigen, grundrechtsgeschützten Interessen der Arbeitsvertragsparteien zu finden.“

Dieser Schutzpflicht dem Arbeitnehmer gegenüber kann das Gericht aber nur nachkommen, wenn es an der Ausgestaltung des Vergleichs „ … verantwortlich mitwirkt.“

Zwei Verfahren, zu einem gerichtlichen Vergleich zu kommen

Die Zivilprozessordnung eröffnet zwei Möglichkeiten, zu einem gerichtlichen Vergleich zu gelangen:

  • die Parteien unterbreiten dem Gericht einen gleichlautenden Vergleichstext und das Gericht stellt das Zustandekommen des Vergleichs mit diesem Inhalt durch Beschluss fest
  • das Gericht schlägt den Parteien von sich aus einen Vergleich vor, die Parteien nehmen diesen Vorschlag an und das Gericht stellt das Zustandekommen des Vergleichs mit diesem Inhalt durch Beschluss fest.

Verantwortliche Mitwirkung des Gerichts

Eine verantwortliche Mitwirkung des Gerichts setzt voraus, das es auf den Inhalt des Vergleiches Einfluss nehmen kann. Das ist nur der Fall, wenn es das Gericht selbst ist, das den Vergleichsvorschlag ausarbeitet. Verfassen dagegen die Parteien den Vergleichstext, kommt dem Gericht lediglich eine Protokollierungsfunktion zu, ohne das es die Möglichkeit hätte, den Inhalt des Vergleichs Einfluss zu beeinflussen.

Ergebnis

Ein gerichtlicher Vergleich, bei dem das Gericht seine Schutzpflicht dem Arbeitnehmer gegenüber nicht nachkommen kann, weil es keinen Einfluss auf den Vergleichsinhalt hat, kann kein Sachgrund für eine Befristung nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz sein. Deshalb hat der Arbeitnehmer sein zweites Verfahren gewonnen und steht in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis. Denn die zweite Befristung ist unwirksam, weil ein Sachgrund für sie nicht besteht.

Das vollständige Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 21.03.17, Aktenzeichen: 7 AZR 369/15) finden Sie hier.