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Wiedereinstellungsanspruch
Der Arbeitgeber kann nach den Grundsätzen von »Treu und Glauben« (§ 242 BGB) verpflichtet sein,...
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Wiedereinstellungsanspruch

Was ist das?

 

Der Arbeitgeber kann nach den Grundsätzen von »Treu und Glauben« (§ 242 BGB) verpflichtet sein, einen Arbeitnehmer, den er zunächst wirksam gekündigt hat, wieder einzustellen.

Dies ist dann der Fall, wenn sich nach Ausspruch der Kündigung - noch während der laufenden Kündigungsfrist (ggf. aber auch danach; siehe Rn. 4) - eine neue Sachlage ergibt, die eine Weiterbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers ermöglicht.

Der Wiedereinstellungsanspruch dient als Korrektiv dafür, dass bereits eine - regelmäßig irrtumsanfällige - Prognose (z.B. prognostizierter Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit oder negative Krankheitsprognose) eine Kündigung rechtfertigen kann (BAG v. 28.06.2000 - 7 AZR 904/98, NZA 2000, 1097).

Erweist sich die Prognose später als falsch, ist das Vertrauen des Arbeitnehmers darauf, das Arbeitsverhältnis werde fortgesetzt, wenn sich - bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses oder ausnahmsweise auch danach - eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit ergibt, schützenswert (BAG v. 22.04.2004 - 2 AZR 281/03, EzA § 312 BGB 2002 Nr. 2).

Deshalb muss der Arbeitgeber dem gekündigten Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses anbieten. Andernfalls handelt er rechtsmissbräuchlich.

Zum Wiedereinstellungsanspruch nach Abschluss eines Aufhebungsvertrag 

 

Ein Wiedereinstellungsanspruch soll nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts (BAG v. 27.02.1997 - 2 AZR 160/96, AiB 1997, 612) entfallen, wenn überwiegende (schutzwürdige) Interessen des Arbeitgebers einer Wiedereinstellung entgegenstehen (z.B. wenn nach Ausspruch einer Kündigung im Hinblick auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bereits eine Ersatzeinstellung vorgenommen wurde).

 

Ein Wiedereinstellungsanspruch kommt nicht nur nach wirksamer betriebsbedingter Kündigung, sondern unter Umständen auch nach personenbedingter Kündigung und verhaltensbedingter Kündigung sowie im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag in Betracht.

 

Betriebsbedingte Kündigung

 

Entscheidet sich der Arbeitgeber beispielsweise, eine Betriebsabteilung stillzulegen und kündigt er deshalb den dort beschäftigten Arbeitnehmern, so ist er regelmäßig zur Wiedereinstellung entlassener Arbeitnehmer verpflichtet, wenn er sich noch vor Ablauf der Kündigungsfrist entschließt, die Betriebsabteilung mit einer geringeren Anzahl von Arbeitnehmern doch fortzuführen (BAG v. 04.12.1997 - 2 AZR 140/97, AiB 1998, 408 = NZA 1998, 701).

Bei der Auswahl der wiedereinzustellenden Arbeitnehmer hat der Arbeitgeber soziale Gesichtspunkte (Alter, Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten der Arbeitnehmer, Schwerbehinderung) zu berücksichtigen.

Haben die Arbeitsvertragsparteien noch während der Kündigungsfrist durch einen gerichtlichen Vergleich das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufgehoben, so kann dieser Vergleich wegen Wegfall der Geschäftsgrundlage an die geänderte betriebliche Situation anzupassen sein; unter Umständen mit dem Ergebnis, dass der Arbeitnehmer wiedereinzustellen ist und er die Abfindung zurückzuzahlen hat (BAG v. 04.12.1997 - 2 AZR 140/97, a.a.O.).

Unentschieden ließ der 2. Senat des Bundesarbeitsgerichts die Frage, ob ein Wiedereinstellungsanspruch auch dann entstehen kann, wenn der Arbeitgeber erst nach Ablauf der Kündigungsfrist die Unternehmerentscheidung, die zur Entlassung geführt hat, aufhebt oder ändert (BAG v. 04.12.1997 - 2 AZR 140/97, a.a.O.).

Demgegenüber vertritt der 7. Senat die Auffassung, dass ein Wiedereinstellungsanspruch generell ausgeschlossen ist, wenn der Kündigungsgrund erst nach Ablauf der Kündigungsfrist wegfällt (BAG v. 06.08.1997 - 7 AZR 557/96, NZA 1998, 254; 28.06.2000 - 7 AZR 904/98, NZA 2000, 1097).

Nach zutreffender Ansicht des 8. Senats des BAG kommt ein Wiedereinstellungsanspruch eines wirksam gekündigten Arbeitnehmers auch dann in Betracht, wenn nach dem Ablauf der Kündigungsfrist auf Grund eines Betriebsüberganges eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den Arbeitnehmer besteht (BAG v. 21.08.2008 - 8 AZR 201/07, NZA 2009, 29).

Diesen Anspruch muss der gekündigte Arbeitnehmer innerhalb eines Monats ab dem Zeitpunkt, in dem er von den den Betriebsübergang ausmachenden tatsächlichen Umständen Kenntnis erlangt, gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber bzw. nach erfolgtem Betriebsübergang gegenüber dem Betriebserwerber geltend machen (BAG v. 21.08.2008 - 8 AZR 201/07, a.a.O.).

Personenbedingte Kündigung

 

Ein Wiedereinstellungsanspruch kommt in Frage, wenn sich bei einem Arbeitnehmer - nach Ausspruch einer wirksamen krankheitsbedingten Kündigung - die »negative« Gesundheitsprognose in eine »positive« Prognose verwandelt hat.

Allerdings reicht es nicht aus, dass der Arbeitnehmer die negative Prognose nur erschüttert.

Er muss vielmehr darlegen und beweisen, dass von einer positiven Gesundheitsprognose auszugehen ist (BAG v. 17.06.1999 - 2 AZR 639/98, NZA 1999, 1328).

Ein Wiedereinstellungsanspruch scheidet nach zweifelhafter Ansicht des BAG aus, wenn die nachträgliche überraschende grundlegende Besserung des Gesundheitszustands erst nach Ablauf der Kündigungsfrist eingetreten ist (BAG v. 27.06.2001 - 7 AZR 662/99, NZA 2001, 1135).

Verhaltensbedingte Kündigung

 

Ein Anspruch auf Wiedereinstellung kann beispielsweise nach - wirksamer - verhaltensbedingter (Verdachts-)Kündigung bestehen, wenn sich später die Unschuld des Gekündigten herausstellt oder zumindest nachträglich Umstände bekannt werden, die den bestehenden Verdacht beseitigen (so schon BAG v. 14.12.1956 - 1 AZR 29/55, AP Nr. 3 zu § 611 BGB Fürsorgepflicht).

Dagegen reicht nach Ansicht des BAG die Einstellung eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens (§ 170 Abs. 2 Satz 1 Strafprozessordnung) nicht aus, um einen Wiedereinstellungsanspruch zu begründen (BAG v. 20.08.1997 - 2 AZR 620/96, NZA 1997, 1340).

Die Einstellungsverfügung stelle lediglich eine vorläufige Beurteilung durch die staatlichen Ermittlungsbehörden dar, der keinerlei Bindungswirkung für ein Arbeitsgerichtsverfahren zukomme.

 

Quelle: Betriebsratspraxis von A bis Z (Christian Schoof); Tarifvertrag: Wiedereinstellungsanspruch - Was ist das?

Betriebsratspraxis von A bis Z ist Bestandteil des Online-Moduls »Betriebsratswissen online«.

 

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