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Die Meinungsfreiheit und damit auch die Meinungsäußerungsfreiheit sind nicht nur Grundrechte sondern...
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Kategorie | W

Whistleblower

Die Meinungsfreiheit und damit auch die Meinungsäußerungsfreiheit sind nicht nur Grundrechte sondern sie bilden den Kern jeder freien Gesellschaft. Grundrechte wirken in diesem Sinne aber zunächst einmal nur gegenüber dem Staat. Wenn sich Privatleute einander „die Meinung“ sagen, ist eine sorgfältige Abwägung der beiderseitigen Interessen notwendig, weil sich beide Seiten auf den Schutz durch die Rechtsordnung berufen können.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat einer deutschen Arbeitnehmerin Recht gegeben, der gekündigt wurde, weil sie Missstände in dem Pflegeheim, in dem sie arbeitete, öffentlich und mit Unterstützung ihrer Gewerkschaft angeprangert hatte. Ausschlaggebend für die Kündigung war letztendlich eine Strafanzeige, die die Kollegin gegen ihren Arbeitgeber gestellt hatte. Auch wenn das Urteil ein Erfolg der Meinungsfreiheit darstellt, muss darauf hingewiesen werden, dass es sich um eine Entscheidung handelt, in der der EGMR eine sorgfältige Abwägung der beiderseitigen Interessen vorgenommen hat. Bei allem grundsätzlichen Charakter der Entscheidung handelt es sich daher immer noch um eine Einzelfallentscheidung. Das deutsche Recht geht grundsätzlich bei jedem Vertragsverhältnis davon aus, dass jeder die Interessen und Rechte des anderen respektiert und Rücksicht auf sie nimmt. Das gilt auch in einem Arbeitsverhältnis. Wenn ein Arbeitnehmer Missstände, die er beim Arbeitgeber erkannt hat anprangert, verletzt er das Interesse des Arbeitgebers negative Nachrichten über ihn zu vermeiden, denn solche negativen Nachrichten Schaden immer potentiell dem Umsatz. Der EGMR hatte in der genannten Entscheidung das Recht auf Meinungsfreiheit höher bewertet, weil die Aufdeckung von Missständen in der Pflege von öffentlichem Interesse ist. Betroffene Patienten hätten sich möglicherweise nicht selber helfen können. Zudem hatte die Kollegin ihrem Arbeitgeber gegenüber zunächst selber die Mängel angezeigt ohne dass darauf eine Reaktion erfolgt ist. Der EGMR hat deshalb das öffentliche Interesse an Informationen über Mängel in der institutionellen Altenpflege in einem staatlichen Unternehmen höher bewertet, als das Interesse des Unternehmens am Schutz seines Rufes. Nur in diesem Fall hat das Gericht die Kündigung deshalb für rechtswidrig und die Entscheidung des deutschen Gerichts als falsch bewertet. Auch künftig bleibt deshalb das Benennen von Missständen für einfache Arbeitnehmer hoch riskant und sollte Betriebsräten und Gewerkschaften vorbehalten bleiben.