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Mindestlohn

Viele Arbeitnehmer*innen haben Fragen zum gesetzlichen Mindestlohn. Wir möchten einige Fragen, die dem DGB in seiner Hotline und dem Mindestlohn-Chat gestellt wurden, hier beantworten:

Frage: Wie hoch ist der Mindestlohn in Polen? Oder bekomme ich als deutscher Arbeitnehmer in Polen den deutschen Mindestlohn?

 

Antwort: Der Mindestlohn in Polen beträgt derzeit 2,42 EUR. Anspruch auf den deutschen Mindestlohn haben Sie aber dennoch, wenn Sie zwar auf Weisung Ihres deutschen Arbeitgebers in Polen arbeiten, in Ihrem Arbeitsvertrag aber die Anwendung deutschen Rechts vereinbart ist. Ist nichts vereinbart, kommt es darauf an, welcher Ihr gewöhnlicher Arbeitsort ist. Wenn Sie nur vorübergehend in Polen arbeiten, bleibt Ihr gewöhnlicher Arbeitsort dennoch weiterhin in Deutschland, so dass deutsches Recht mit dem deutschen Mindestlohn anwendbar bleibt. 

 

Frage: 5. Jahreszeit, Karneval: Wir sind ein Karnevalsverein aus Düsseldorf und in der Hochphase des Karnevals tritt unsere Tanzgruppe (alles Mitglieder unseres Vereins) recht häufig in Altenheimen, Schulen, usw. auf. Manchmal ganztags mit mehreren Auftritten, mehrere Tage am Stück (in der Hochphase!). Die Mitglieder der Tanztrupp nehmen sich dafür frei. Den Rest des Jahres gibt es praktisch keine Auftritte. Müssen die Tänzerinnen und Tänzer für ihre Auftritte Mindestlohn bekommen? Wir treten nämlich in der Regel (fast) unentgeltlich auf?

 

Antwort: Der Mindestlohn ist nur an Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zu zahlen. Bei Tanzauftritten von Vereinsmitgliedern nur während der Karnevalszeit und weitgehend unentgeltlich ist nicht von einem Arbeitsverhältnis auszugehen. Das Mindestlohngesetz (MiLoG) ist also bereits gar nicht anzuwenden. Außerdem werden ehrenamtlich Tätige, die sich z.B. aufgrund ihrer Mitgliedschaft in Sportvereinen oder in Kirchengemeinden oder Sozialeinrichtungen engagieren, ausdrücklich vom MiLoG ausgenommen (§ 22 Abs.3). 

 

Frage: Ich arbeite als Kraftfahrer und werde mit 8,50 bezahlt aber nicht in den Ruhezeiten. Mein Chef meint, dass das ok ist, weil ich ja in dieser Zeit nicht voll arbeite. Für mich gibt es da keinen Unterschied zwischen der Zeit, wo ich fahre und den Ruhezeiten. Warum ist das eine Ausnahme?

 

Antwort: Das Bundesarbeitsgericht hat gerade noch für den Mindestlohn im Pflegebereich entschieden, dass Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst Arbeitszeit ist und entsprechend auch mit dem Mindestlohn bezahlt werden muss. Wer sich zur Arbeit bereithalten und ständig damit rechnen muss, dass er die Arbeit wieder aufnehmen muss, kann über seine Zeit nicht frei bestimmen. Es handelt sich also nicht um vergütungsfreie Pausenzeiten, sondern um Arbeitszeiten. Nicht ganz unumstritten ist, ob für Bereitschaftszeiten wegen der geringeren arbeitsmäßigen Beanspruchung ein geringerer Verdienst vereinbart werden darf. Da das MiLoG (§ 3) jedoch jede Vereinbarung  - auch eine tarifliche - verbietet, die zu einer Bezahlung unterhalb des Mindestlohns führt, ist es unseres Erachtens unzulässig, für Warte – und Bereitschaftszeiten keinen Mindestlohn zu zahlen.

 

Frage: Was kann ich tun, wenn mein Arbeitgeber mir den Mindestlohn nicht zahlt?

 

Antwort: Beim DGB ist eine Hotline geschaltet, die Sie montags bis freitags von 7.00 bis 20.00 und samstags von 9.00 bis 16.00 Uhr unter der Telefon-Nr. 0391/4088003 erreichen können. Sie können sich auch an Ihre Einzelgewerkschaft wenden, bei der Sie Mitglied sind. Diese wird Sie unterstützen und Sie ggf. zur rechtlichen Beratung an ein Büro der DGB Rechtsschutz GmbH verweisen. Um Ihren Anspruch auf Zahlung des Mindestlohns durchzusetzen, kann zunächst ein Schreiben an Ihren Arbeitgeber sinnvoll sein. Sollte das nicht ausreichen, ist eine Zahlungsklage beim Arbeitsgericht erforderlich. 

 

Frage: Bei einem Verstoß gegen das MiLoG: muss ich dann die Strafe oder mein Chef zahlen?

 

Antwort: Das Bußgeld, das anfällt, wenn der Mindestlohn nicht gezahlt wird, ist eine „Strafe“ für den Arbeitgeber, der sich nicht rechtstreu verhält. Arbeitnehmer sollen ja gerade vor Dumping-Löhnen und Ausbeutung geschützt werden. Von Ihnen kann daher kein Bußgeld verlangt werden, wenn der Mindestlohn unterschritten wird. Die Höhe des Bußgeldes kann übrigens bis zu 500.000 EUR betragen. 

 

Frage: Haben wir eigentlich in der Flussschifffahrt Anspruch auf den Mindestlohn, wenn wir über die Grenzen nach z.B. Holland oder in die Schweiz fahren? 

 

Antwort: Ich gehe davon aus, dass Sie vertraglich die Anwendung deutschen Rechts vereinbart haben. Auch, wenn das nicht so ist, und Sie nur vorübergehend für Ihre Fahrten teilweise in einem anderen Land arbeiten, bleibt Anknüpfungspunkt das Recht Ihres Herkunftslands, so dass jedenfalls der deutsche Mindestlohn zu zahlen ist. Im Bereich des Transitverkehrs auf den Straßen wird zurzeit der umgekehrte Fall diskutiert, ob ausländische Arbeitnehmer, wenn sie Deutschland mit ihren LKWs durchqueren, den (höheren) deutschen Mindestlohn beanspruchen können. Das Problem wird zurzeit in Brüssel intensiv erörtert. Dieselbe Frage stellt sich auch für ausländische Binnenschiffer, die deutsche Wasserstraßen benutzen. Für Sie wäre diese Frage evtl. ebenfalls relevant, wenn es in Holland (9,11 EUR) oder der Schweiz einen höheren Mindestlohn als in Deutschland gibt und dieser nach den staatlichen Regelungen in diesen Ländern zwingend allen Inländern und Ausländern zu zahlen ist. 

 

Frage: Freizeitausgleich für Überstunden: Darf mein Chef das statt Überstunden zu bezahlen?

 

Antwort: Überstunden müssen in der Regel ausgezahlt werden. Ein Freizeitausgleich kann nicht ohne entsprechende Vereinbarung vorgenommen werden. Die Möglichkeit muss sich also aus dem Arbeitsvertrag, aus einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag ergeben. Für den Mindestlohn gilt darüber hinaus, dass durch den Freizeitausgleich der Mindestlohn, der pro Stunde zu zahlen ist, und den Arbeitnehmern monatlich auch zur Verfügung stehen soll, nicht unterlaufen werden darf. Der Arbeitgeber kann also nicht mit dem Hinweis, dass die geleisteten Überstunden zu einem späteren Zeitpunkt durch Freizeit ausgeglichen werden, für die geleisteten Stunden ein zu geringes Monatsgehalt zahlen, das bei einer Umrechnung pro Stunde nicht mehr den Mindestlohn pro Stunde ergibt. Das MiLoG lässt deshalb nur ausnahmsweise eine bezahlte Freizeitgewährung über einen längeren Zeitraum als Ausgleich für geleistete Überstunden (längstens bis zu 12 Monaten) zu. Dazu muss allerdings eine schriftliche Vereinbarung über ein Arbeitszeitkonto geschlossen werden, die geleisteten Stunden müssen in das Arbeitskonto eingestellt werden und dürfen monatlich nicht mehr als 50% der vereinbarten Arbeitszeit betragen (§ 2 Abs.2 MiLoG). 

 

Frage: Habe ich das richtig verstanden, dass die Bundesregierung ihrerseits auch völlig abweichend vom Vorschlag der Mindestlohnkommission entscheiden kann? Und dieser dann bspw. auch nach 2017 gleichbleibt, oder sinkt, entgegen dem Vorschlag der Kommission?

 

Antwort: Die Mindestlohnkommission beschließt über eine Anpassung des Mindestlohns erstmals bis zum 30.6.2017, danach alle 2 Jahre. Bei der Höhe orientiert sie sich an der Entwicklung der Tariflöhne in der Vergangenheit (§ 9 MiLoG). Der Beschluss wird erst verbindlich, wenn die Bundesregierung ihn durch den Erlass einer Verordnung übernommen hat. Die Bundesregierung muss dies nicht tun; sie kann den Beschluss aber auch nicht abändern und z. B. einen höheren oder niedrigeren Mindestlohn als die Kommission vorgeschlagen hat, festlegen. Es gilt also das „Alles-oder-nichts-Prinzip“. 

 

Frage: Der Mindestlohn ist meinem Chef zu teuer. Deswegen will er in Zukunft keine Azubis mehr anstellen. Wir finden aber, dass das Blödsinn ist. Wir sind nur drei Angestellte. Zwei bekommen jetzt mehr. Das macht doch kein Azubi-Gehalt aus. Wir möchten gerne weiter ausbilden. Kann man den Chef dazu irgendwie zwingen oder sich beraten lassen?

 

Antwort: Ihr Arbeitgeber verhält sich zwar kurzsichtig, da auch er in Zukunft qualifizierte Fachkräfte brauchen wird. Zur Ausbildung zwingen kann man ihn jedoch nicht. Sie werden ihn daher nur überzeugen können, wie sinnvoll und wertvoll Azubis für den Betrieb sind und, wie gerne Sie als bei ihm tätige Gesellen sich an der Ausbildung auch weiterhin beteiligen.

 

Frage: Warum ist die Regelung für die Leiharbeit so kompliziert? Kann man da nicht einen klaren Mindestlohn festlegen? Wieviel bekomme ich definitiv als Leiharbeiter?

 

Antwort: In der Leiharbeit gilt noch eine Übergangsregelung bis zum 1.1.2017 (§ 24 MiLoG, § 3a Arbeitnehmerüberlassungsgesetz). Bis zu diesem Zeitpunkt dürfen Tarifverträge im Anwendungsbereich des Arbeitnehmerentsendegesetzes und des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes für bestimmte Branchen noch Mindestlöhne festlegen, die den gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 EUR unterschreiten. Für die Leiharbeit gilt aber im Westen bereits seit dem 1.1.2014 ein verbindlicher Mindestlohn von 8,50 EUR, der ab 1.4.2015 mit 8,80 EUR bereits über dem gesetzlichen Mindestlohn liegt, und ab 1.6.2016 auf 9 EUR steigt. Im Osten liegt die mindestens zu zahlende Vergütung mit derzeit 8,20 EUR (seit 1.4.2015, davor 7,86) zwar noch unter dem gesetzlichen Mindestlohn; ab dem 1.6.2016 beträgt aber auch im Osten– wie gesetzlich vorgeschrieben – eine Lohnuntergrenze von 8,50 EUR.