Was ist das?
Der Abwicklungsvertrag ist vom Aufhebungsvertrag zu unterscheiden. Während das Arbeitsverhältnis durch einen Aufhebungsvertrag beendet wird, ist Gegenstand des Abwicklungsvertrags die Frage, wie ein arbeitgeberseitig gekündigtes Arbeitsverhältnis »abgewickelt« wird (z.B. Zahlung einer Abfindung, Freistellung während der Kündigungsfrist usw.).
Das Arbeitsverhältnis wird also nicht durch den Abwicklungsvertrag beendet, sondern durch die vorausgehende Kündigung.
Beispiel:
Zwischen Firma … und Arbeitnehmer … wird folgender Abwicklungsvertrag vereinbart:
§ 1 Das Arbeitsverhältnis ist durch den Arbeitgeber fristgerecht mit Schreiben vom … zum … gekündigt worden.
§ 2 Die Vertragsparteien treffen im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses folgende Vereinbarungen: z.B. Zahlung einer Abfindung, Freistellung während der Kündigungsfrist, Zeugnis usw.
- Unterschriften -
Dem Abwicklungsvertrag liegt regelmäßig eine noch während des Laufs der dreiwöchigen Frist für die Erhebung einer Kündigungsschutzklage (§ 4 KSchG) getroffene Absprache zugrunde, dass der Arbeitnehmer sich gegen die Kündigung nicht zur Wehr setzt, sondern sie »hinnimmt«.
Beispiel (aus LAG Mecklenburg-Vorpommern v. 18.01.2011 - 5 Sa 239/10):
»… Das bestehende Arbeitsverhältnis endet mit einer betriebsbedingten Kündigung zum 31. März 2010:
Herr … wird unverzüglich widerruflich bis zum 31. März 2010 von der Arbeit freigestellt unter Anrechnung von Urlaubsansprüchen und unter Weiterzahlung der monatlichen arbeitsvertragsgemäßen Bezüge sowie Zahlung des Weihnachts- und Urlaubsgeldes. …
Herr … erhält eine vererbliche Abfindung in Höhe von 42.593,05 € (brutto), die am 31. März 2010 fällig wird. Er kann die Summe nur beanspruchen, wenn er gegen die Kündigung innerhalb von 3 Wochen nach Zugang keine Kündigungsschutzklage erhebt. …«
Nicht selten wird in den Abwicklungsvertrag (oder in einer gesonderten Erklärung - z.B. in einer Ausgleichsquittung) auch eine Klageverzichtsklausel aufgenommen.
Beispiel:
»Der Unterzeichner erkennt an, dass das Arbeitsverhältnis wirksam beendet worden ist. Er verzichtet auf das Recht, den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses aus irgendeinem Rechtsgrund gerichtlich geltend zu machen. Insbesondere verzichtet er auf das Recht zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage.«
Eine derartige Verzichtserklärung wird dann als zulässig und wirksam angesehen, wenn in ihr eindeutig der Wille des Arbeitnehmers zum Ausdruck kommt, die Kündigung nicht durch Kündigungsschutzklage angreifen zu wollen.
Befindet sich die Verzichtserklärung auf dem Formular, mit dem der Erhalt der Arbeitspapiere quittiert wird (siehe Ausgleichsquittung), müssen beide Erklärungen vom Arbeitnehmer gesondert unterschrieben sein; andernfalls ist die Verzichtserklärung unwirksam.
Nach Ansicht des ArbG Berlin ist der Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage in einer Ausgleichsquittung in der Regel »unklar« und damit unwirksam (ArbG Berlin v. 14.10.2005 - 28 Ca 12710/05, AuR 2006, 36).
Die Vereinbarung eines Abwicklungsvertrages ist aus Arbeitnehmersicht nicht zu empfehlen, wenn beabsichtigt ist, Arbeitslosengeld zu beantragen.
Ein Abwicklungsvertrag kann nämlich eine 12-wöchige Arbeitslosengeldsperre nach § 159 Abs. 1 SGB III zur Folge haben (sog. Sperrzeit; siehe Arbeitslosengeld Rn. 44ff.).
Nach Ansicht des Bundessozialgerichts (BSG) löst der Arbeitnehmer das Beschäftigungsverhältnis i.S.d. § 159 Abs. 1 SGB III, wenn er nach Ausspruch einer Kündigung des Arbeitgebers mit diesem innerhalb der Frist für die Erhebung der Kündigungsschutzklage eine Vereinbarung über die Hinnahme der Kündigung trifft (BSG v. 18.12.2003 - B 11 AL 35/03 R, NZA 2004, 661; 25.04.2002 - B 11 AL 65/01 R, SozR 3 - 4300 § 144 Nr. 8).
Deshalb trete eine Sperrzeit ein, wenn der Arbeitnehmer für sein Verhalten (nämlich die Hinnahme der Kündigung) keinen wichtigen Grund hatte. Ein wichtiger Grund für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses könne vorliegen, wenn dem Arbeitnehmer ansonsten eine rechtmäßige Arbeitgeberkündigung aus nicht verhaltensbedingten Gründen zum gleichen Zeitpunkt droht.
Für Streitfälle ab dem 01.01.2004 könne unter Heranziehung der Grundsätze des § 1a KSchG auf eine Prüfung der Rechtmäßigkeit der Arbeitgeberkündigung verzichtet werden, wenn die Abfindung die in § 1a Abs. 2 KSchG vorgesehene Höhe (= 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses) nicht überschreitet (BSG v. 12.07.2006 - B 11a AL 47/05 R, NZA 2006, 1359).
Quelle: Betriebsratspraxis von A bis Z (Christian Schoof); Abwicklungsvertrag - Was ist das?
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