Erfolgreiche Vertretung eines Feuerwehrbeamten durch den DGB Rechtsschutz
Im Zweifel ist dies dann gegeben, wenn nach der Gefahrensituation, die sich im Zeitpunkt des Unfalles aufgrund erkennbarer äußerer Umstände ergibt, die Annahme gerechtfertigt ist, dass sich der Beamte der drohenden besonderen Lebensgefahr bewusst gewesen ist.
Der durch die DGB Rechtsschutz GmbH vertretene Feuerwehrbeamte erreichte mit seinem Verfahren beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz durch dortiges Urteil vom 26.11.2013 die Anerkennung eines sogenannten „qualifizierten Dienstunfalls“ und die damit verbundene Verpflichtung seines Dienstherrn zur Zahlung des erhöhten Unfallruhegehaltes.
Erhöhtes Unfallruhegehalt ist nach § 37 Absatz 1 Satz 1 Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) dann zu zahlen, wenn sich ein Beamter bei Ausübung einer Diensthandlung einer damit für ihn verbundenen besonderen Lebensgefahr aussetzt, er infolge dieser Gefährdung einen Dienstunfall erleidet, durch den er dauernd dienstunfähig wird und in Ruhestand getreten ist. Außerdem muss im Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand infolge des Dienstunfalls eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 50 v.H. bestehen.
Einsatz bei einem Großbrand
Der Kläger war als Feuerwehrbeamter bei einem Großbrand an einem Mehrfamilienhaus im Februar 2008, bei welchem mehrere Personen getötet und verletzt wurden, an einem aufblasbaren Sprungpolster unmittelbar vor dem brennenden Haus tätig, um dort Menschenleben zu retten. Das Sprungpolster war noch nicht einsatzbereit, in Panik sprangen jedoch bereits mehrere Personen aus dem Haus, wobei eine Frau ums Leben kam, als sie beim Sprung aus dem brennenden Haus das nicht fertig aufgeblasene Sprungpolster verfehlte und unmittelbar neben dem Kläger auf dem Boden aufschlug.
Am Folgetag barg der Kläger gemeinsam mit einem Kollegen in dem einsturzgefährdeten Wohnhaus insgesamt 9 Leichen.
Er erkrankte nachfolgend an einer schweren posttraumatischen Belastungsstörung und konnte seinen Dienst dauerhaft nicht mehr verrichten. Es erfolgte eine Zurruhesetzung. Mit dem eingeleiteten Klageverfahren begehrte der Kläger eine erhöhte Unfallversorgung, wobei sich das OVG insbesondere mit der Frage der besonderen Lebensgefahr im Sinne dieser gesetzlichen Bestimmung auseinander zu setzen hatte.
Voraussetzung der besonderen Lebensgefahr
Eine besondere Lebensgefahr ist mit einer Diensthandlung dann verbunden, wenn die Gefährdung des Beamten weit über das normale Maß hinausgeht, der Verlust des Lebens mithin wahrscheinlich oder doch sehr naheliegend ist; das heißt, die dienstliche Verrichtung muss nach den Umständen des konkreten Falles objektiv eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Gefährdung des Lebens in sich bergen. Subjektiv muss der Beamte sein Leben eingesetzt haben – so das Bundesverwaltungsgericht schon in seiner Rechtsprechung aus früheren Jahren (vergl. BVerwG, Beschluss vom 30.08.1993 – 2 B 67.93).
Mithin muss nach den Umständen des konkreten Einzelfalles objektiv betrachtet eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Gefährdung des Lebens vorhanden sein. Subjektiv muss sich der Beamte dieser spezifischen Gefährdung bei der Tätigkeitsverrichtung bewusst gewesen sein. Er muss sich also einer besonderen Lebensgefahr um der Vornahme einer von ihm auch als lebensgefährlich erkannten Diensthandlung willen bewusst ausgesetzt haben. Damit setzt sein Leben ein, wer die Lebensgefahr erkennt und trotzdem unter Hintanstellung der eigenen Rettung die Diensthandlung fortsetzt, obwohl ihm ein Entkommen an sich noch möglich wäre.
Das OVG Rheinland-Pfalz unterscheidet nun zwei Fallgruppen. Zum einen gibt es Dienstverrichtungen, die typischerweise mit einer besonderen Lebensgefahr verbunden sind, wie beispielsweise die Entschärfung von Sprengkörpern oder die Verfolgung bewaffneter Straftäter.
Eine solche typischerweise einer besonderen Lebensgefahr ausgesetzte Tätigkeit wird im Einsatz des Feuerwehrbeamten am Sprungpolster jedoch nicht gesehen.
Besondere Bedingungen begründen Lebensgefahr
In der zweiten, vom OVG aufgezeigten Fallgruppe sollen nun diejenigen Tätigkeiten einzuordnen sein, die nicht generell besonders gefährlich sind, dies jedoch aufgrund besonderer Bedingungen, wie etwa schlechte Witterung, unzureichend gewordene psychische oder körperliche Verfassung oder erkannter Mängel in der Ausrüstung werden und aufgrund dessen doch mit einer erhöhten Lebensgefahr verbunden sind.
Im Rahmen des vorliegenden Feuerwehreinsatzes wird wegen der besonderen Umstände am Brandort und dem besonderen pflichtbewussten Einsatz des Feuerwehrbeamten in objektiver Hinsicht eine besondere Lebensgefahr durch das OVG bestätigt. Die besonderen Umstände sollen sich danach sowohl aus der Situation am Sprungpolster, als auch aus dem freiwilligen Einsatz bei der Leichenbergung ergeben. Beide Situationen lassen abstrakt für sich betrachtet den Verlust des Lebens als nicht fernliegend erscheinen – so das OVG.
Entscheidung des OVG
Die objektive Gefährdung bei dem Rettungseinsatz am Sprungpolster ist darin zu sehen, dass das Polster selbst noch nicht funktionsbereit war, sich dennoch bereits mehrere Menschen in Panik im 3. Obergeschoss dazu aufmachten, aus den Fenstern zu springen, am Fenstersims zu hängen und insbesondere bereits eine Person tödlich verunglückt gewesen war.
Die besondere Lebensgefahr ergab sich daraus, dass der Kläger während des Versuches, das Sprungpolster funktionsfähig zu machen, durchweg mit einem Aufprall von einer aus dem 3. Stockwerk springenden Person auf seinen Kopf rechnen musste. Dem Kläger war auch bewusst, dass dies für ihn tödliche Folgen haben könnte. Trotz der für ihn selbst bestehenden Gefahr, die er subjektiv erkannt hatte, versuchte er das Sprungpolster noch in einen funktionstüchtigen Zustand zu bringen. Besondere Lebensgefahr war damit gegeben.
Letztlich wurde dies von Seiten des OVG auch für den Einsatz des Klägers bei der Bergung von 9 Leichen gesehen, denn die dem Kläger zur Verfügung stehende Sicherung hätte ihn konkret im Falle eines Absturzes im einsturzgefährdeten Haus ebenfalls das Leben kosten können.
Selbst wenn man davon ausgehe – so das OVG weiter - , dass es zur originären Tätigkeit eines Feuerbeamten gehöre, im Anschluss an einen Brand in einem Haus Leichen zu bergen, so könne auch ein solcher „normaler“ Feuerwehreinsatz unter Bedingungen ablaufen, die mit einer besonderen Lebensgefahr verbunden seien. An der objektiven Gefährlichkeit eines derart angebotenen Sonderopfers eines Beamten soll dies nichts ändern.
Da dem klagenden Feuerwehrbeamten das Bestehen dieser besonderen Gefahrenlage auch bewusst gewesen ist, waren von Seiten des OVG nicht nur die objektiven Kriterien der gesetzlichen Bestimmungen als gegeben anerkannt worden, sondern darüber hinaus auch die zusätzlichen subjektiven Voraussetzung.
Dabei soll keineswegs zu fordern sein, dass sich ein Beamter gleichsam sehenden Auges in die akute Gefahr des Todes begibt. Eingesetzt wird das Leben nämlich nicht nur, wenn – wie beim sogenannten „Himmelfahrtskommando“ – kaum eine Aussicht besteht, heil davon zu kommen, sondern auch dann, wenn der Beamte trotz erheblicher Lebensgefahr darauf vertrauen kann, dass ihm nichts zustoßen wird. Es reicht aus, wenn der Beamte sich der lebensgefährlichen Lage, in welche er sich begibt, ganz allgemein bewusst ist, ohne die Gefahren im Einzelnen detailliert zu kennen.
Anmerkung der Redaktion
Die detaillierten Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts zur Frage der besonderen Lebensgefahr sind zweifelsohne für die Praxis sehr hilfreich. Viele Beamte setzen täglich ihr Leben im Dienst ein und zwar auch dann, wenn eine besondere Lebensgefahr erst durch Hinzutreten weiterer konkreter Umstände auftritt. Anhand der Entscheidung des OVG Rheinland-Pfalz lässt sich für diese Beamten das Verfahren in einer aus gesundheitlichen Gründen notwendigen Zurruhesetzung nun zumindest insofern vereinfachen, als an Hand der gerichtlichen Vorgaben objektiv klar ist, wann eine besondere Lebensgefahr angenommen werden muss. Bleibt zu hoffen, dass die jeweiligen Dienstherren dies auch in ihre Prüfungen korrekt einbeziehen.
Susanne Theobald, Rechtsschutzsekretärin und Teamleiterin Saarbrücken
Zur Pressemitteilung des Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz