Der Bund und die kommunalen Arbeitgeber stellen sich stur: Beschäftigte im öffentlichen Dienst verleihen ihre berechtigten Forderungen durch Warnstreiks Ausdruck. Copyright by Adobe Stock / Deminos
Der Bund und die kommunalen Arbeitgeber stellen sich stur: Beschäftigte im öffentlichen Dienst verleihen ihre berechtigten Forderungen durch Warnstreiks Ausdruck. Copyright by Adobe Stock / Deminos

„Von Respekt und Anerkennung gegenüber den Beschäftigten war nichts zu spüren“, meinte Frank Wernecke. Die Gespräche mit der Arbeitgeberseite seien „sinnlos verplemperte Zeit“ gewesen.

Es geht um unmittelbar um 2,3 Millionen Tarifbeschäftigte Kita-Erzieherinnen, Müllwerker, Busfahrer und viele weitere „Held*innen des Alltags“, die uns bislang so toll durch die Krise gerettet haben. Hinzu kommen mehr als 200.000 Beamt*innen, auf die das das Ergebnis übertragen werden soll. Ver.di und der Beamtenbund verhandeln in Potsdam mit der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) und der Bundesrepublik Deutschland.

Die Arbeitgeber halten eher moderate Forderungen für „völlig überzogen“

Ver.di fordert 4,8 Prozent mehr Lohn bei einer Laufzeit von 12 Monaten, mindestens aber 150 Euro im Monat. Zudem sollen die Arbeitsbedingungen im Osten denen des Westens angepasst werden. Statt bislang 40 Stunden in der Woche fordert die Gewerkschaft, dass auch die Kolleg*innen in den fünf östlichen Bundesländern künftig 39 Stunden in der Woche bei einer Vollzeitstelle arbeiten müssen. Die Bezahlung von Azubis und Praktikant*innen soll nach dem Willen der Gewerkschaft um 100 Euro pro Monat angehoben werden.

Keine Forderungen, die wirklich unbescheiden wären. Die Arbeitgeberseite hält sie indessen für völlig überzogen. Sie kündigte an, dass sie vor der dritten Verhandlungsrunde am 22. und 23. Oktober ein Angebot vorlegen wolle. Das begründeten insbesondere die kommunalen Arbeitgeber mit den bis Mitte Oktober vereinbarten Gesprächen an zwei so genannten Tischen für die besonderen Belange der Beschäftigten bei Sparkassen sowie in der Pflege und dem Gesundheitswesen.

Für Ver.di ist das nichts als eine Verzögerungstaktik. „Die Arbeitgeber verschärfen den Konflikt. Die Antwort wird jetzt aus den Betrieben kommen“, sagt Kollege Werneke. Er vermutet, dass die Arbeitgeberseite darauf hofft, dass die Beschäftigten wegen der Corona-Pandemie kaum zu Streiks bereit seien. „Wir können streiken, auch mit Abstand“, stellte er indessen klar.

Was ist eigentlich ein Warnstreik?

Warnstreiks sind kurze und befristete Streiks mit dem Ziel, gewerkschaftlichen Forderungen Nachdruck zu verleihen. Von einem „Erzwingungsstreik“ unterscheiden sie sich dadurch, dass ihnen kein endgültiges Scheitern der Verhandlungen und keine Urabstimmung vorausgegangen sind.

Während der Erzwingungsstreik einen Tarifvertrag erzwingen soll, soll mit Warnstreiks lediglich die allgemeine Streikbereitschaft deutlich gemacht werden.

Die Wahl der Streikform ist aber insoweit eher eine taktische Frage. Juristisch gibt es zwischen Erzwingungs- und Warnstreiks keinen Unterschied.

Mit einer Entscheidung vom Juni 1988 hat das BAG deutlich gemacht, dass Warnstreiks nicht privilegiert sind. Insbesondere gilt für sie auch das „Ultima-Ratio-Prinzip“, also der Grundsatz vom Streik als das letzte Mittel.

Warnstreiks sind juristisch keine besondere Form des Streiks

Arbeitskampfmaßnahmen sind nicht erst dann zulässig, wenn das Scheitern der Tarifvertragsverhandlungen "offiziell" erklärt oder festgestellt worden ist. Auf eine fortbestehende Verhandlungs- und Kompromissbereitschaft der Tarifvertragsparteien kommt es nicht an. Die Tarifvertragsparteien können vielmehr selbst frei darüber bestimmen, wann die Verhandlungen gescheitert sind. Diejenige Tarifvertragspartei, die zu Arbeitskampfmaßnahmen greift, gibt damit gleichzeitig zu erkennen, dass sie die Verhandlungsmöglichkeiten für ausgeschöpft hält und keine Möglichkeit sieht, ohne den Einsatz von Arbeitskampfmaßnahmen noch zu einer Einigung zu kommen.

Für Interessierte empfehlen wir unseren Ratgeber „Arbeitskampfrecht“ von 2018: