Die FAZ beherrscht auch den Boulevardblattstil, um Arbeitnehmer*innen zu verunglimpfen, hat jetzt ein Kommentator auf FAZ-Online bewiesen. Copyright by Adobe Stock/monticellllo
Die FAZ beherrscht auch den Boulevardblattstil, um Arbeitnehmer*innen zu verunglimpfen, hat jetzt ein Kommentator auf FAZ-Online bewiesen. Copyright by Adobe Stock/monticellllo

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) ist ein seriöses Blatt. Sie gehört zu den Zeitungen in Deutschland, die journalistisch am besten gemacht sind. Gewiss, politisch ist sie ziemlich konservativ und den Gewerkschaften selten wohlgesonnen. Für Redakteure der FAZ sind vermutlich Banker eher systemrelevant als Pflegekräfte in Krankenhäuser und Altenheimen.
Ich würde mir aber niemals erlauben, sie deswegen zu verunglimpfen. Meinungsfreiheit ist frei nach Rosa Luxemburg auch die Meinungsfreiheit der Andersdenkenden. Wie Voltaire einmal treffend bemerkte: „Mein Herr, ich teile Ihre Meinung nicht, aber ich würde mein Leben dafür einsetzen, dass Sie sie äußern dürfen.“

Presse- und Meinungsfreiheit sind aber nicht grenzenlos

Dass die FAZ die Auffassung vertritt, dass die derzeitigen Warnstreiks im öffentlichen Dienst überflüssig sind  - geschenkt. Das zu vertreten gehört sich offensichtlich für eine Zeitung, für die Grundstücksmakler wichtiger sind als Krankenschwestern.
Das Grundrecht auf Meinungsfreiheit garantiert nicht nur das Recht, eine Meinung zu haben. Die Meinung darf man auch frei äußern und verbreiten. Das gibt jedem das Recht, in jeder Form, also auch im Internet, auf Facebook und Twitter frei kund zu tun, was er denkt. Das gibt auch FAZ-Kommentatoren selbstverständlich das Recht zu meinen, dass in der gegenwärtigen Situation ein Warnstreik kein geeignetes Mittel ist, um berechtigte Forderungen durchzusetzen.

Meinungsfreiheit ist aber kein grenzenloses Recht. Sie findet „… ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre“. Und sie steht häufig in Konkurrenz zu anderen Grundrechten. Wenn etwa das Recht einer Gewerkschaft aus Artikel 9 Absatz 3 Grundgesetz durch tendenziöse und wahrheitswidrige Berichterstattung beeinträchtigt wird, muss im Einzelfall durch praktische Konkordanz ein Ausgleich hergestellt werden.

Die FAZ meint, Warnstreiks von unterbezahlten Beschäftigten sei eine Dreistigkeit

Entschieden zu weit geht aber ein Kommentar, den gestern Abend ein Herr Jasper von Altenbockum bei FAZ-Online zu den Streiks im öffentlichen Nahverkehr veröffentlicht hat. Und jetzt zitieren wir wörtlich:

„Warum Verdi einen der größten Verlierer der Corona-Krise bestreikt, ist ebenso ein Rätsel wie der Ausstand in Kitas und Krankenhäusern.
Überbieten ließe sich diese Dreistigkeit, so viel Sarkasmus muss sein, nur noch durch Warnstreiks unter Beschäftigen des öffentlichen Dienstes, die wochenlang zuhause Däumchen drehten, während andere sich aufopferten oder noch immer auf Kurzarbeitergeld angewiesen sind. Fehlte nur noch, dass Verdi demnächst die Gesundheitsämter bestreikt.“

Chronisch unterbezahlte Arbeitnehmer*innen haben den Laden am Laufen gehalten

Werter Herr von Altenbockum, wenn wir Sie richtig verstehen, verurteilen Sie nicht nur die Fahrer*innen von Bus und Straßenbahnen, sondern auch Pflegekräfte in Kranken- und Altersheimen, Erzieher*innen in Kitas und viele andere, die sich mit ihrem viel zu hohen Gehalt während der Krise faul auf Ihren Balkonen und Sofas gewälzt haben, während sich Banker, Broker und Grundstücksmakler fast ohne Einkommen für das Allgemeinwohl aufgeopfert haben?

Was fällt einem dazu ein? Wahrscheinlich nur dieses: während chronisch unterbezahlte Arbeitskräfte mit Ihren Dienstleistungen, auch im öffentlichen Dienst den Laden am Laufen gehalten und dabei ihre Gesundheit aufs Spiel gesetzt haben, hat Herr von A. vermutlich gemütlich im Homeoffice seine Artikel gepinselt und dabei - so viel Sarkasmus muss sein- genüsslich in seinen Sessel gefurzt.

Hier geht es zum Kommentar auf FAZ Online