Kitaplätze sind knapp.Sie Bundesfamilienministerin will jetzt die betriebliche Kinderbetreuung stärken. Copyright by Adobe Stock/Marco2811
Kitaplätze sind knapp.Sie Bundesfamilienministerin will jetzt die betriebliche Kinderbetreuung stärken. Copyright by Adobe Stock/Marco2811

Corona hat in den letzten Monaten ganz wesentlich den öffentlichen Diskurs bestimmt. Aber nicht erst ein Virus hat uns vor Augen geführt, dass unsere Gesellschaft in vielen Bereichen Impulse benötigt, die sie fit für die Zukunft macht. Zwei der wichtigsten Themen waren der Fachkräftemangel und die Möglichkeit der weitestgehenden Teilhabe für alle Menschen in unserem Land am Leben in der Gesellschaft.

Beide Themen korrespondieren auch miteinander: wer viel Auswahl bei seiner Suche nach Fachkräften haben will, muss in seinem Betrieb Hindernisse beseitigen, die viele Menschen ausschließen. Dabei geht es nicht nur um Barrieren, die den Zugang von Menschen mit Behinderungen zu den Arbeitsplätzen erschweren oder verhindern.

Wer kleine Kinder hat, kann oft nicht in den Beruf zurück, weil Unternehmen keine familienfreundliche Politik verfolgen


Eine große Barriere für Menschen mit kleinen Kindern ist häufig auch die Personalpolitik der Unternehmen und deren Unwillen, Geld in familienfreundliche Maßnahmen zu investieren. Dabei schneiden sie sich eigentlich ins eigene Fleisch: Familienfreundlichkeit ist für Unternehmen längst kein „nice-to-have“ mehr, sondern ein echter Wettbewerbsvorteil, wenn es darum geht, Fachkräfte zu gewinnen und auch zu halten, wie Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey in einer Erklärung ihres Ministeriums betont.

Vorbildlich sind Unternehmen, die in ihren Betrieben Kindergärten für ihre Beschäftigten zur Verfügung stellen. Das ist allerdings für kleinere oder mittlere Unternehmen finanziell kaum zu stemmen. Bis Juni 2017 gab es deshalb ein Programm des Familienministeriums zur betrieblichen Kinderbetreuung, das die Einrichtung von Betriebskindergärten förderte.

Das Programm soll insbesondere kleine und mittlere Unternehmen zu mehr Familienfreundlichkeit anregen


Für die Zeit von September 2020 bis Ende 2022 legt das Familienministerium das Programm jetzt neu auf.

Das Förderprogramm richtet sich an Arbeitgeber mit Sitz in Deutschland und regt insbesondere die Kooperation von kleinen und mittleren Unternehmen an. Dabei können sie mit öffentlichen, gemeinnützigen oder privat-gewerblichen Trägern von Kinderbetreuungsangeboten zusammenarbeiten. Das Ministerium stellt Mittel für neu geschaffene betriebliche Plätze in der Kindertagesbetreuung und in der Kindertagespflege für bis zu zwei Jahren zur Verfügung.

Für einen neu geschaffenen Ganztagsbetreuungsplatz werden bis zu 400 Euro pro Monat als Zuschuss zu den laufenden Betriebskosten gezahlt. Insgesamt können die Unternehmen während des Förderzeitraums eine Unterstützung von bis zu 9.600 Euro pro Betreuungsplatz erhalten.

Auch Ferienprogramme der Unternehmen für kleine Kinder will das Ministerium fördern


Neu ist, dass auch Ferienbetreuung für Kinder im Grundschulalter, die Unternehmen für die Kinder von Beschäftigten anbieten, gefördert werden soll. Für neu geschaffene Plätze in der betrieblichen Ferienbetreuung gewährt das Ministerium als Zuschuss zu den Ausgaben eine Förderung in Höhe von bis zu 25 Euro pro Ganztagsplatz und Tag.

„Wie wichtig eine zuverlässige Kinderbetreuung für unsere Gesellschaft ist, haben nicht zuletzt die Erfahrungen in der Corona-Krise gezeigt. Die meisten Frauen und Männer wollen sich Familie und Beruf heute partnerschaftlich aufteilen. Für viele Beschäftigte ist es sehr wichtig, dass Arbeit und Familienalltag zusammenpassen“, so Familienministerin Giffey.

Das Programm kann für Betriebsräte eine wichtige Argumentationsgrundlage sein, wenn sie mit dem Arbeitgeber über die Einrichtung von betrieblichen Möglichleiten zur Kinderbetreuung verhandeln. Gemäß § 87 Absatz 1 Nr. 8 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) bestimmt der Betriebsrat bei Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen mit. Insoweit hat er also sogar ein Initiativrecht.

Eine echte Mitbestimmung hat der Betriebsrat leider nur, wenn der „Wirkungsbereich“ einer Sozialeinrichtung sich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt


Allerdings schränkt das Gesetz die Mitbestimmung bei Sozialeinrichtungen gleich wieder ein, indem es sie nur für solche Einrichtungen gelten lässt, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist. Das BAG hat insoweit in einer Entscheidung vom Februar 2009 betont: Maßgeblich für die Beurteilung sei der letzte vom Arbeitgeber vorgegebene Zweck der Sozialeinrichtung. Auf das „äußere Erscheinungsbild“ käme es grundsätzlich nicht an. § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG stelle auf den „Wirkungsbereich“ der Sozialeinrichtung ab. Dieser hänge entscheidend von deren Zweckbestimmung ab. Dabei könne dahinstehen, ob es Ausnahmefälle geben mag, in denen trotz rechtlicher Öffnung einer Sozialeinrichtung faktische Zugangshindernisse bestünden, die eine Beschränkung des Wirkungskreises zur Folge hätten.

Da das Programm vorrangig für kleinere Unternehmen bestimmt ist und die Kooperation mit anderen Unternehmen oder öffentlichen Trägern anregt, wird es wohl selten auf eine echte Bestimmung hinauslaufen. Dem steht aber nicht entgegen, dass Betriebsräte aktiv mit den Arbeitgebern über die Einrichtung betrieblicher Betreuungsmöglichkeiten verhandeln.

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Mitbestimmung des Betriebsrates bei Sozialeinrichtungen