Im Kündigungsschutzverfahren stellt sich raus: Berliner Hotel weist gefährdende Mängel auf. Das Gebäude wird dennoch als Notunterkunft genutzt.
Im Kündigungsschutzverfahren stellt sich raus: Berliner Hotel weist gefährdende Mängel auf. Das Gebäude wird dennoch als Notunterkunft genutzt.

Bereits im Rahmen der Verkaufsverhandlungen hat nach Angaben der Arbeitgeberin die Käuferin ein Gutachten zur Bewertung der sicherheitstechnischen Situation des Hotels in Auftrag gegeben. Der Verkauf erfolgte mit Kaufvertrag aus Juli 2015, also mehr als sechs Monate vor Einstellung des Geschäftsbetriebs. Danach hat die Betreiberin in 28 Fällen Auflagen aus gesetzlichen, behördlichen oder privatrechtlichen Vorschriften nicht erfüllt.  

„Hier wird deutlich, dass auf den Schutz der Gäste des Hotels und der Belegschaft kein Wert gelegt wird“


Der Gutachter kommt in seiner zusammenfassenden Bewertung zu folgendem Ergebnis: „Das Gebäude und die technischen Anlagen befinden sich in einem nicht ausreichenden Zustand. Gesetzliche und behördliche Vorschriften sind missachtet worden, behördlich angeordnete  Prüfungen wurden nicht durchgeführt. Der organisatorische, bauliche und technische Brandschutz ist als ungenügend zu bewerten. Auch hier wird deutlich, dass auf den Schutz der Gäste des Hotels und der Belegschaft kein Wert gelegt wird. Das Brandentstehungs- und Brandausbreitungsrisiko ist daher als besonders hoch zu bewerten, Leib und Leben der Gäste und des Personals sind akut gefährdet“. Weiter weist der Gutachter darauf hin, dass ein Versicherungsschutz im Brandfall gefährdet sei und strafrechtliche Konsequenzen z.B. bei Personenschäden nicht auszuschließen seien.

Dennoch wurde das Hotel noch länger als sechs Monate betrieben


Der Betreiber des Hotels hat somit in Kenntnis der Bewertung des Gutachters sein Hotel länger als sechs Monate geöffnet gehalten und damit seine Gäste in höchstem Maße gefährdet. Gleiches gilt selbstverständlich auch für die Beschäftigten.

Besonders pikant ist an dieser Stelle, dass der Arbeitgeber und Hotelbetreiber dies Gutachten selbst in den Kündigungsrechtstreit eingeführt hat. Dies Gutachten liegt den Prozessvertretern der DGB Rechtsschutz GmbH vor.

Auch erneute Begehung und Begutachtung bestätigt gravierende Mängel


In einem weiteren Gutachten eines anderen Sachverständigen aus Juni 2015 stellt dieser unter anderem fest: „Die bereits bei der ersten Begehung vereinzelt festgestellten Mängel im Bereich der Leitungsschottungen und der baulichen Trennung zwischen den Fluren und den Gastzimmern haben sich bei den weiteren Begehungen bestätigt, sodass hier von einem systematischen Mangel ausgegangen werden kann. Es ist davon auszugehen, dass weder bei den Umbaumaßnahmen im Altbau noch beim Neubau die rechtlich erforderlichen Brandschutzmaßnahmen seitens der ausführenden Firmen und der Bauleitung beachtet wurden. Die im Bereich der Rettungswege und der Schächte vorgefundenen Mängel stellen einen groben Verstoß gegen die Bauordnung dar und sind schnellstmöglich zu beseitigen.“ Auch dies Gutachten liegt den Prozessvertretern vor.

Aber damit noch kein Ende: Hotel als Notunterkunft tauglich?


„Das Gebäude stand den gesamten Oktober 2015 leer. Aufgrund der sich seit dem Sommer zuspitzenden Situation in Bezug auf die in Deutschland eintreffenden Flüchtlinge und des damit einhergehenden Unterbringungsdruckes der Länder ist es zu Verhandlungen zwischen der Stadt Berlin und der Beklagten zu 2) (hier Käuferin) über die Einrichtung einer „Notunterkunft“ in dem Gebäude gekommen. Am 13.11.2015 fand eine Begehung des Gebäudes statt. Das Land Berlin vertreten durch die BIM Berliner Immobilienmanagement GmbH befand die Räumlichkeiten als geeignet“ (Originalzitat aus dem Schriftsatz der Rechtsanwälte der Käuferin). Die Parteien unterzeichneten einen Mietvertrag bis zum 30.11.2017 mit zweimaliger einjähriger Verlängerungsoption.

Geflüchtete werden vom Berliner Senat in einem lebensgefährdenden Gebäude untergebracht.


Bereits im November ziehen 400 Geflüchtete in das Hotel, ohne dass bisher die beanstandeten Mängel beseitigt worden wären. Die Käuferin teilt dem Arbeitsgericht hierzu mit: Der Beginn der Renovierung und des Umbaus wird frühestens im Jahr 2017 (sofern keine Verlängerungsoption vom Land Berlin gezogen wird…) erfolgen. Bei den aktuell noch laufenden Vertragsverhandlungen wird sogar ein fester Abschluss des Mietvertrages auf fünf Jahre diskutiert.