Neumann hat das Arbeitsverhältnis selber gekündigt. Nach seiner Rechnung waren aus 2017 noch acht Tage Urlaub abzugelten und 23 Tage für 2018. Das machte einen Abgeltungsanspruch für 31 Tage. Er errechnete einen durchschnittlichen Tageslohn und so eine Forderung von knapp 6.000 € brutto. Er erhob eine Klage vor dem Arbeitsgericht.

Versäumnisurteil gegen die Beklagte 

Gar nicht selten, dass Arbeitgeber gerichtliche Termine erst einmal ignorieren und nicht erscheinen, obwohl sie dazu förmlich geladen werden. Das Fehlen hat Konsequenzen, wenn die Klage schlüssig ist. Es reicht nicht aus schlicht zu behaupten, man hätte Geld zu kriegen, sondern das muss entsprechend darlegt und logisch berechnet sein. 

Das war bei Neumann der Fall, so dass er im Gütetermin ein Versäumnisurteil beantragt und erhalten hat.

Einspruch durch die Beklagte 

Gegen ein Versäumnisurteil kann der Betroffene binnen einer Woche nach Zustellung Einspruch einlegen.

Das hat die Beklagte gemacht und begründet, es habe zwischen unterschiedlichen Baustelleneinsätzen einmal mindestens zwei Wochen und einmal drei Wochen gegeben, in denen Neumann verabrede gemäß nicht gearbeitet habe. Mit diesen beschäftigungslosen Zeiten sei Urlaub gewährt worden.

Arbeitsgericht verurteilte die Beklagte zur Urlaubsabgeltung

Das Arbeitsgericht ist der Argumentation nicht gefolgt und hat den Abgeltungsanspruch für die 31 Urlaubstage bestätigt. 

In der Summe nahm das Gericht den Quartalsverdienst und teilte ihn durch 65 Arbeitstage. Dabei fiel der Tagessatz etwas geringer aus, als vom Kläger berechnet, so dass von der Klagesumme ca. 300 € weniger zugesprochen wurden.

Die Beklagte legte  - erfolglos - gegen das Urteil Berufung ein. Die Berufung war schon teilweise unzulässig, da sich die Beklagte nicht mit allen Details des Urteils auseinandergesetzt hat, und zudem unbegründet.

Kein Verfall des Urlaubsanspruchs aus 2017 zum 31. März 2018

Unterlässt er das, verfällt der Anspruch auf Urlaub nicht.

Diese Mitwirkungsobliegenheit hat die Beklagte nicht erfüllt. Daher ist der Urlaub aus 2017 nicht Ende März 2018 verfallen. 

Keine Erfüllung des Urlaubsanspruchs durch die arbeitsfreien Tage

Die Beklagte hat in der I. Instanz zwar detailliert vorgetragen, es sei eine Einigung der Urlaubsanrechnung erfolgt. Sie behauptete, dass die arbeitsfreie Zeit zwischen den Einsätzen auf unterschiedlichen Baustellen auf den Urlaub angerechnet werden sollte. Dies wertete die I. Instanz als erheblichen Vortrag, doch der dazu gehörte Zeuge konnte dies nicht entsprechend bestätigen.

Das LAG im Berufungsverfahren hat dies mit gutem Grund nicht so weitgehend gesehen. Denn tatsächlich arbeitsfreie Zeiten zusammen mit einer Einigung über deren Anrechnung bzw. Verrechnung mit dem Urlaubsanspruch stellen nicht immer eine Gewährung des gesetzlichen Urlaubs dar. Dazu bedarf es vielmehr einer vor Urlaubsbeginn erfolgten und nach ihrem Umfang hinreichend bestimmten unwiderruflichen Freistellungserklärung seitens des Arbeitgebers.

Nicht jede Freistellung ist auf den Urlaub anrechenbar

 
Eine Freistellungserklärung ist nur dann geeignet, das Erlöschen des Urlaubsanspruchs zu bewirken, wenn Neumann hätte erkennen müssen, dass seine Firma ihn unwiderruflich für eine bestimmte Zeit freistellt, also er auch nicht damit rechnen muss, wegen neuer Aufträge wieder zur Arbeit herangezogen zu werden. 

Eine Freistellung mit einer unbestimmten Länge ist keine Urlaubsgewährung. Eine solche Erklärung muss zudem vor dem vermeintlichen Urlaubsbeginn erfolgen. Im Nachgang geht das auf keinen Fall.

Der gesetzliche Urlaubsanspruch ist unabdingbar 

Der gesetzliche Mindesturlaub beträgt vier Wochen. Rechnet man in Werktagen, sind das 24 Tage, in der 5-Tage-Woche 20 Tage.

Neumann arbeitete fünf Tage die Woche und erhielt arbeitsvertraglich 26 Tage Urlaub, also 6 Tage mehr als den gesetzlichen Urlaub. Es darf nicht zu Ungunsten von Neumann durch eine Vereinbarung davon abgewichen werden. Das, was die Beklagte zur Anrechnung der arbeitsfreien Tage behauptete, ist eine solche unzulässige Abweichung. Denn die arbeitsfreien Tage waren eben nicht bestimmt genug und nicht unwiderruflich. Das widerspricht dem gesundheitsschützenden Zweck des Erholungsurlaubs. Das LAG hält die Abrede damit für nichtig.

Mehrurlaubsansprüche sind abdingbar

Die strengen Regelungen gelten nur für den gesetzlichen Mindesturlaub. Daher musste aufgeklärt werden, ob es die behauptete Einigung gegeben hat. Zum Glück für Neumann blieb der Zeuge sehr vage in seiner Erinnerung und dem LAG fehlte nach der Beweisaufnahme die Gewissheit, dass die Einigung hier bestimmt genug war. Daher waren auch die sechs Tage aus dem Mehrurlaubsanspruch abzugelten. 

Die Revision wurde nicht zugelassen.

Das sagen wir dazu:

Angebliche Urlaubsabreden bis zum Zwangsurlaub beschäftigen häufiger die Gerichte. Die Verfahren entstehen, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist und um die Höhe des Abgeltungsanspruchs gestritten wird. Hilfreich ist immer, wenn die Arbeitnehmer*innen den Protest nachweisbar zum Ausdruck bringen, wenn ihnen etwa Urlaubstage auf der Abrechnung abgezogen oder sie nach Hause in den Urlaub geschickt werden. 

Hier ist es auch ohne solche „Beweise“ für Neumann gut ausgegangen, das ist jedoch nicht der Regelfall.