In einem Verfahren vor dem Arbeitsgericht Hamburg begehrten zahlreiche Gewerkschaften, unter anderem die IG Metall, ver.di und die NGG festzustellen, dass die „DHV – Die Berufsgewerkschaft e.V.“ nicht tariffähig ist, mit dem Ergebnis, dass sie keine wirksamen Tarifverträge abschließen kann.
DHV ist Mitbegründerin der CGZP
Die DHV ist eine aus dem Deutsch-Nationalen Handlungsgehilfenverband hervorgegangene Vereinigung, die ursprünglich vor allem Arbeitnehmer*innen der kaufmännischen und verwaltenden Berufe vertrat. Seit Anfang des Jahrtausends dehnte sie ihren Aktionsradius zudem auf Beschäftigte im Einzel- und Großhandel, einschließlich der Warenlogistik, im Banken- und Versicherungsbereich, der Fleischindustrie und im größten Teil des Gesundheitsbereichs aus.
Die DHV ist eine Mitbegründerin der „CGZP“ (Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit), welche ihrerseits durch Abschluss entsprechender Tarifverträge maßgeblich am Tarifdumping in der Leiharbeit beteiligt war. Erst 2010 stellte das Bundesarbeitsgericht fest, dass die CGZP 2010 nicht tariffähig ist, was zu einer Klagewelle auf angemessene Bezahlung führte.
Zusätzlich veranlasste die DHV 2008 die Gründung der sogenannten Gewerkschaft medsonet, die im Gesundheitsbereich Dumping-Tarifverträge abschloss. Die Tarifunfähigkeit der medsonet wurde 2013 festgestellt.
Arbeitsgericht stellt Tarifunfähigkeit fest
Im Jahre 1956 hatte das Arbeitsgericht Hamburg noch eine Tariffähigkeit angenommen. Mit dem vorliegenden Beschluss wird diese Einschätzung nun revidiert. Der erneuten Überprüfung stand aus Sicht des Gerichts nicht entgegen, dass über diese Frage bereits einmal entschieden worden war. Zwischenzeitlich hatte sich nämlich die Satzung der Vereinigung wesentlich verändert.
Um als Vereinigung tariffähig zu sein, muss diese frei gebildet, gegnerfrei, unabhängig und auf überbetrieblicher Grundlage organisiert sein sowie das geltende Tarifrecht als verbindlich anerkennen. Darüber hinaus muss sie über Durchsetzungskraft gegenüber dem sozialen Gegenspieler und über eine leistungsfähige Organisation verfügen um in der Lage zu sein, die ihr gestellten Aufgaben zu erfüllen. Denn nur dann, wenn sie entsprechend durchsetzungskräftig ist, ist sie im Stande, Arbeitnehmerrechte auch gegenüber Arbeitgebern oder Arbeitgeberverbänden durchzusetzen.
Hieran fehlte es aus Sicht der Richter*innen bei der Vereinigung DHV. Im Hinblick auf die zu vertretenen Beschäftigten im fachlichen Geltungsbereich weise die DHV nämlich nur einen Organisationsgrad von unter 0,1 % aus. Die Kammer stellte auch keinen ausreichenden Organisationsgrad in einem erheblichen Teilbereich fest. Auch der Umstand, dass die DHV in der Vergangenheit Tarifverträge abgeschlossen habe, genüge nicht. Letzteres insbesondere auch vor dem Hintergrund, als dass sich der Zuständigkeitsbereich immer wieder verändert hatte.
Gegen die Entscheidung ist die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht Hamburg möglich
Anmerkung: Erfolg für die Tarifautonomie
Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Hamburg stärkt die Tarifautonomie. Einer weiteren Vereinigung ist es nun untersagt, das Instrumentarium des Tarifvertrages für Lohndumping und die Aushöhlung von Arbeitnehmerrechten zu missbrauchen.
Bei einer Vereinigung, die keinerlei relevante Verankerung in der Arbeitnehmerschaft hat, ist es absurd, wenn diese sich anmaßt, in deren Interesse sprechen zu können und Tarifverträge abschließt. Das Arbeitsgericht hat dieser Praxis nun einen Riegel vorgeschoben.
Wie notwendig dies war, zeigt ein Blick auf die von der DHV abgeschlossenen Tarifverträge. So vereinbarte die DHV für den Bereich der „Instore und Logistik Services“ Tarifverträge, die bis zur Einführung des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohnes für Regaleinräumer*innen im Einzelhandel in Berlin noch Stundenlöhne von 6,12 Euro zuließen. Derartige Abschlüsse können nur als Gefälligkeitstarifverträge bezeichnet werden.