Auch wenn der Patient das Gefühl hat, dass alternative Behandlungsformen helfen – meist muss die Kasse nicht dafür zahlen. Copyright by Adobe Stock/ joanna wnuk
Auch wenn der Patient das Gefühl hat, dass alternative Behandlungsformen helfen – meist muss die Kasse nicht dafür zahlen. Copyright by Adobe Stock/ joanna wnuk

Der Kläger führte gleich drei Verfahren beim Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen in Celle. Er war gesetzlich krankenversichert und litt seit vielen Jahren unter zahlreichen Erkrankungen. Aktenkundig waren eine Nierentransplantation mit Abstoßreaktionen, verschiedene weitere internistische Erkrankungen und auch ein chronisches Erschöpfungssyndrom.
 

Der Kläger wählte alternative Behandlungsformen

Um seine Beschwerden zu lindern wandte er sich alternativen Behandlungsformen zu. Er beantragte bei seiner Krankenkasse die Übernahme der Kosten für eine sogenannte Feldenkrais-Therapie. Diese sollte sein Erschöpfungssyndrom bessern und in Form eines Kurses mit mehrwöchigem Unterricht erfolgen.
 
Wie zuvor das Sozialgericht entschied auch Landessozialgericht gegen den Kläger. Ein Anspruch auf Übernahme der Kosten für diese Therapie bestehe nicht. Ein solcher Anspruch setze nämlich voraus, dass die Krankenkasse verpflichtet sei, dem Kläger eine dementsprechende Krankenbehandlung zu bewilligen.
 

Nur ausgebildete Personen dürfen behandeln

Vorliegend gehe es um die Versorgung des Klägers mit einem Heilmittel. Das Gesetz definiere nicht, was genau darunter zu verstehen sei. Das Bundessozialgericht habe aber bereits entschieden, dass dazu alle ärztlich verordneten Dienstleistungen zählen, die einem Heilzweck dienten oder einen Heilerfolg sicherten. Bezahlt würden aber nur solche Dienstleistungen, die entsprechend ausgebildete Personen erbringen könnten.
 
Die Anwender der Feldenkrais-Therapie betrachteten sich selbst als Lehrer. Es handele sich um eine pädagogische Bewegungstherapie. Aus der Zielsetzung der Therapie ergebe sich zwar ein unmittelbarer Bezug zur Krankheit, sodass die Feldenkrais-Therapie nicht von vorneherein als nicht medizinische Behandlungsmethode vom Schutz der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sei.
 

Behandlung muss vom Arzt verschrieben sein

Allerdings begründe das Gesetz keinen unmittelbar durchsetzbaren Anspruch darauf, schlechthin mit Heilmitteln versorgt zu werden. Ein Versicherter könne ein bestimmtes Heilmittel erst dann beanspruchen, wenn es vom Arzt als ärztliche Behandlungsmaßnahme verschrieben werde. Ohne ärztliche Verordnung käme eine Kostenübernahme nicht in Betracht.
 
Dem Kläger sei die Therapie nicht von einem Vertragsarzt verordnet worden. Lediglich ein Arzt, der nicht von der Krankenkasse zugelassen sei, habe sie empfohlen. Damit fehle es an der vom Gesetz geforderten vertragsärztlichen Verordnung. Die Kosten für die Therapie könnten bereits deshalb nicht übernommen werden.
 

Der therapeutische Nutzen muss vorher anerkannt worden sein

Hinzu käme, dass Ärzte neue Heilmittel nur dann verordnen dürften, wenn deren therapeutischer Nutzen zuvor offiziell anerkannt worden sei und sie sich in den geltenden Richtlinien wiederfänden. Auch dies sei bei der Feldenkrais-Therapie nicht anzunehmen.
 
Schließlich könne sich der Kläger auch nicht auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts berufen, wonach Versicherten mit lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankungen bzw. mit einer zumindest vergleichbaren Erkrankung keine Leistung zur Verfügung stehe, die dem anerkannten medizinischen Standard entsprechen.
 

Ausnahmen gibt es nur für extreme Situationen

Gemeint sei damit eine extreme Situation mit einer sehr begrenzten Lebensdauer. In diesen Fällen sei zwar entgegen der gesetzlichen Regelung eine Übernahme der Kosten möglich. Der Kläger befinde sich jedoch nicht in einer vergleichbaren Situation. Für ihn kämen durchaus auch „Standardmethoden“ wie eine Physiotherapie in Betracht. Standardmethoden verdrängten den Anspruch auf weniger erprobte Innovationen.
 

Krankenbehandlungen müssen notwendig sein

In einem weiteren Verfahren ging es dem Kläger darum, dass seine Krankenkasse Kosten für eine Nahrungsergänzungsmittel erstatten sollte. Auch das lehnte das Landessozialgericht ab. Die Krankenkasse müsse nämlich Krankenbehandlungen nur dann bezahlen, wenn diese notwendig seien, um eine Krankheit zu erkennen, sie zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern.
 
Das Gesetz sehe vor, dass Versicherte apothekenpflichtige Arzneimittel bekommen könnten. Es gebe darüber hinaus auch Richtlinien, die aufführten, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen ausnahmsweise einbezogen werden dürften. Die vom Kläger gewünschten Präparate gehörten nicht dazu.
 

Auch Nahrungsergänzungsmittel zahlt die Kasse nicht

Da der Kläger an keiner lebensbedrohlichen Krankheit leide, die für ihn zu einer begrenzten Lebensdauer führe, läge auch bezogen auf die gewünschten Nahrungsergänzungsmittel keine Ausnahmesituation vor. Der Kläger könne sich auch nicht darauf berufen, dass eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung bestehe, wenn er diese Mittel einnehme.
 
Die vom Kläger gewünschten Präparate enthielten Ginsengwurzeln. Diese sollten das Immunsystem stärken. Gleiches gelte für das vom Kläger gewünschte Zinkpräparat. Ein Nachweis, dass gerade hieraus eine Aussicht auf Heilung des Krankheitsbildes resultiere, das beim Kläger bestehe, gebe es nicht. Aus diesem Grund müsse die Krankenkasse auch hierfür keine Kosten übernehmen.
 

Die Behandlung sollte durch einen Heilpraktiker erfolgen

Mit dem dritten Verfahren wollte der Kläger erreichen, dass seine Krankenkasse Kosten für eine Behandlung in einem Naturheilzentrum übernimmt. Kassenärzte, die eine dementsprechende Behandlung durchführen könnten, gab es seiner Ansicht nach nicht. Er müsse sich deshalb zur Behandlung seiner Krankheit in das Naturheilzentrum begeben, wo Heilpraktiker in behandeln sollten.
 
Auch das lehnte das Gericht ab. Das Gesetz sehe vor, dass Krankenbehandlung nur durch einen zugelassenen Arzt geschehen könne.
 

Nur zugelassene Ärzte dürfen Leistungen erbringen

Die Forderung, dass es sich um einen zugelassenen Arzt handeln müsse, stelle eine zwingende berufliche Mindestqualifikation dar. Hiervon dürfe die Krankenkasse nicht abweichen. Heilpraktiker seien davon ausgeschlossen, selbstständig Leistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringen. Das habe auch bereits das Bundesverfassungsgericht bestätigt. Insoweit könne der Kläger auch hier nicht erreichen, dass seine Krankenkasse die Kosten erstatten müsse.

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 19. August 2020 – L4 KR 470/19
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 19. August 2020 – L4 KR 482/19
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 19. August 2020 – L 4 KR 161/20
 
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