2016 schloss der Kläger mit seinem Arbeitgeber einen Vertrag über eine Altersteilzeit im Blockmodell. Das bedeutet, die Altersteilzeit ist in zwei Teile aufgeteilt, eine Arbeitsphase und eine Freistellungsphase. Der Kläger ist seit August 2018 freigestellt. Er muss also nicht mehr arbeiten und erhält weiterhin das reduzierte Altersteilzeitgehalt wie auch schon in der Arbeitsphase.
Basis für das Entgelt in der Altersteilzeit ist das vorherige vertragliche oder tarifliche Entgelt. Beim Kläger ist dies das ERA-Grundentgelt nach dem Abkommen über ERA-Entgelte in der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens.
Arbeitgeber gibt höheren Tariflohn nicht an den Kläger weiter
Zu einem Streit zwischen dem Altersteilzeitler und seinem Arbeitgeber kommt es, als die Beklagte Tariflohnerhöhungen nicht an den Kläger weitergibt. Sie erhöhte die Entgelte für die aktiven Mitarbeiter*innen im Zeitraum April 2018 bis April 2019 dreimal, insgesamt um 4,3 %. Der Kläger erhielt aber weiterhin ein Entgelt berechnet mit dem ERA-Grundentgelt aus März 2018.
Die Beklagte meinte, die höheren Löhne freiwillig zu zahlen, so dass außergerichtliche Bemühungen der IG Metall ohne eine Nachzahlung endeten. Der DGB Rechtsschutz Siegen erhob Klage beim Arbeitsgericht.
Tarifbindung für das Arbeitsverhältnis in Altersteilzeit?
Die Beklagte vertrat den Standpunkt, sie müsse die tariflichen Leistungen nicht an den Kläger weitergeben. Wie kam sie darauf, fragt man sich. Denn erstmal gilt für den Kläger in Altersteilzeit nichts anderes als für die aktiven Arbeitnehmer*innen.
Die Beklagte war 2018 aus dem Arbeitgeberverband ausgetreten. Das bedeutet aber noch nicht, dass für alle Arbeitsverhältnisse keine Tarifbindung mehr besteht. Tarifverträge sind unter anderem dann weiterhin anzuwenden, wenn der Arbeitsvertrag konkret darauf Bezug nimmt. So ist es beim Kläger, auch wenn die Beklagte die Regelung im Arbeitsvertrag gerne anders verstehen möchte.
Das war aber letztlich für die Arbeitsrichter nicht entscheidend, sondern vielmehr die Formulierung im Altersteilzeitvertrag.
Arbeitsgericht verurteilt das beklagte Unternehmen zur Nachzahlung an den Kläger
Grundlage des Vertrags war ausdrücklich der Tarifvertrag der IGM zum flexiblen Übergang in die Rente. Dort - sowie nochmals gleichlautend im Vertrag selbst - steht, dass das Entgelt in der Altersteilzeit an der allgemeinen tariflichen Entwicklung teilnimmt.
Das Arbeitsgericht machte hier deshalb „kurzen Prozess“. Um zu begründen, warum der Kläger Anspruch auf die tariflichen Leistungen hat, brauchte es nur sehr wenige Sätze.
Hier können Sie das Urteil des Arbeitsgerichts Siegen im Volltext nachlesen
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