Nicht alle Arbeitgeber sind Mitglied eines Arbeitgeberverbandes. Dennoch können sie mit Gewerkschaften Haustarifverträge abschließen. Diese Haustarifverträge finden dann in den entsprechenden Unternehmen Anwendung.
 

Der Arbeitgeber hatte mit der IG Metall einen Haustarifvertrag abgeschlossen

So war es auch hier. Der Kläger arbeitete als Messtechniker. Er war Mitglied der IG Metall. Sein Arbeitgeber führte ein Unternehmen der metallverarbeitenden Industrie, ohne jedoch Mitglied des entsprechenden Arbeitgeberverbandes zu sein. Mit der IG Metall hatte er einen Haustarifvertrag geschlossen.
 
Im Unternehmen galt nur dieser Haustarifvertrag. Zum Entgeltsystem und Entgelterhöhungen hieß es darin, dass ab 2016 die betrieblichen Löhne und Gehälter analog zum allgemein in der Branche geltenden Tarifvertrag erhöht werden. Das gelte sowohl für zukünftig vereinbarte prozentuale Entgelterhöhungen als auch für Einmalzahlungen.
 

Der Arbeitgeber führte ein neues Entgeltsystem ein

Der Haustarifvertrag enthielt Vereinbarungen zu einem zusätzlichen Urlaubsgeld und zu einer Sonderzahlung. Damit führte der Arbeitgeber ein neues Entgeltsystems ein.
 
2018 schloss die IG-Metall mit dem Verband der Metall-und Elektroindustrie Baden-Württemberg den Tarifvertrag "T-ZUG 2019" ab. Der Kläger meinte, die damit verbunden zusätzlichen Zahlungen, stünden ihm ebenfalls zu. Es handele sich hierbei um Entgelterhöhungen, die auch der Haustarifvertrag seines Arbeitgebers beschreibe.
 

Der Haustarifvertrag sollte angewandt werden

Der Haustarifvertrag bestimme, dass die allgemeinen tarifvertraglichen Regelungen „analog“ Anwendung fänden. Das sah der Arbeitgeber anders. Der Haustarifvertrag enthalte keine Vereinbarung zur Zahlung eines tariflichen Zusatzgeldes. Er sehe auch nicht die Übernahme des Tarifvertrages zwischen der IG Metall und dem Verband der Metall-und Elektroindustrie vor.
 
Die Formulierung „analog“ bedeute nicht, dass der neue Tarifvertrag T-ZUG übernommen werden müsse. Bei dem tariflichen Zusatzgeld T-ZUG und dem Überbrückungsgeld handele es sich auch nicht um Einmalzahlungen nach dem Haustarifvertrag.
 

T-ZUG gab es 2016 noch nicht

Das tarifliche Zusatzgerät T-ZUG und das Überbrückungsgeld seien gänzlich neue Entgeltbestandteile. Diese habe es vor dem Abschluss des Tarifvertrages T-ZUG noch nicht gegeben. Beides könnte also kein Bestandteil des schon 2016 abgeschlossenen Haustarifvertrag sein.
 
Darüber musste schließlich das Arbeitsgericht Mannheim entscheiden und schloss sich der Auffassung des Arbeitgebers an. Der Haustarifvertrag beinhalte nicht die neu geschaffenen Bestimmungen des Tarifvertrages T-ZUG, so das Gericht.
 

T-ZUG wurde erst 2018 verhandelt

Der Haustarifvertrag gelte nämlich schon seit 2016. Den Tarifvertrag T-ZUG hätten die Tarifvertragsparteien erst mit der Metalltarifrunde 2018 verhandelt. Das sei etwas gänzlich Neues gewesen. Die Tarifvertragsparteien des Haustarifvertrages hätten zum Zeitpunkt des Abschlusses ihres Tarifvertrages nicht erwarten können, dass dieses gänzlich neue Tarifwerk T-ZUG eingeführt werde.
 
Der Wortlaut des Haustarifvertrages sehe zwar eine analoge Anwendung der allgemeinen branchenüblichen Tarifverträge vor. Das gelte für die jeweils zukünftig vereinbarten prozentualen Entgelterhöhungen und Einmalzahlungen. Der Haustarifvertrag regele auch das allgemeine Entgeltsystem, die Zahlung eines zusätzlichen Urlaubsgeldes und einer Sonderzahlung.
 

T-ZUG ist eine zusätzliche dritte tarifliche Einmalzahlung

Der Haustarifvertrag bestimme aber keinen Geltung oder Anwendung von allen Tarifverträgen der Metall-und Elektroindustrie Baden-Württembergs. Dem Kläger könne zwar zugestanden werden, dass die Tarifrunde 2018 durch den Tarifvertrag T-ZUG eine Tabellenerhöhung generiert habe. Es handele sich dabei um eine zusätzliche dritte tarifliche Einmalzahlung.
 
Diese neue tarifliche Einmalzahlung läge der Tarifvertrag solle auf Dauer fortbestehen. Sie wachse mit jeder zukünftigen Tabellenerhöhung mit.
 
Allerdings sei diese dritte tarifliche Einmalzahlung nicht Teil des Haustarifvertrages im Betrieb des Arbeitgebers. Sie sei etwas völlig Neues und ließe sich auch nicht „analog“ in den Haustarifvertrag hineininterpretieren.
 

Der Haustarifvertrag enthält die zusätzliche dritte Einmalzahlung nicht

Der Haustarifvertrag des Arbeitgebers des Klägers enthalte ein eigenes Entgeltsystem. Dieses übernehme die Tariflohnerhöhungen. Eine dritte tarifliche Einmalzahlung, die analog erhöht werden könnte, hätten die Tarifvertragsparteien aber nicht vereinbart. Das sei ihnen auch nicht möglich gewesen, da der Tarifvertrag T-ZUG erst 2018 entstanden sei. Der Haustarifvertrag habe da schon zwei Jahre lang bestanden.

Arbeitsgericht Mannheim, Urteil vom 27. November 2020

Das sagen wir dazu:

Ganz aktuell hat das Bundesarbeitsgericht zum Tarifvertrag T-ZUG entschieden. Auch hier ging es um einen Haustarifvertrag.
Streit um tarifliche Freistellungszeit
Das Bundesarbeitsgericht befasste sich hier mit der Frage, ob der Tarifvertrages T-ZUG nur dann über einen Haustarifvertrag Anwendung finden kann, wenn das betreffende Unternehmen sich den tariflichen Bestimmungen von ERA unterworfen hat. Die unteren Instanzen hatten das gefordert. Das Bundesarbeitsgericht sah dies jetzt anders.

Man mag gespannt sein, wie die Arbeitsgerichte nun in Zukunft zu dieser Frage entscheiden.

Zum TV-ZUG haben wir auch zuvor bereits berichtet:
Streit um den TV T-ZUG

Keine Freistellungstage für Metaller