Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Und Fehler passieren. Bei der Betriebsratsarbeit kann dies ärgerlich sein, vor allem wenn ein Beschluss fehlerhaft und der Verfahrensfehler nicht heilbar ist.

Der Betriebsrat bildet als Kollegialorgan seinen gemeinsamen Willen durch Beschluss. Und dieser ist nur dann beachtlich, wenn er ordnungsgemäß zustande gekommen ist. Dazu muss der Betriebsrat beschlussfähig sein und sich auf einer Betriebsratssitzung aufgrund einer mit den Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) in Einklang stehenden Ladung mit dem jeweiligen Sachverhalt befasst und durch Abstimmung eine einheitliche Willensbildung herbeigeführt haben. 

Die folgenden Entscheidungen sind hilfreich, um formale Stolpersteine rund um die Beschlussfassung zu vermeiden.

Ladung von Ersatzmitgliedern nach strikter Reihenfolge

§ 25 BetrVG regelt, dass ein Ersatzmitglied nachrückt, wenn ein Mitglied des Betriebsrats ausscheidet. Dies gilt auch, wenn ein Mitglied des Betriebsrats verhindert ist und eine Vertretung benötigt wird. Hier darf aber nicht einfach irgendein Ersatzmitglied genommen werden. .

Die Ersatzmitglieder sind der Reihe nach aus den nichtgewählten Arbeitnehmer*innen zu entnehmen und zwar aus der Vorschlagslisten, denen die zu ersetzenden Mitglieder angehören, so die weitere Regelung in § 25 BetrVG. Die sich aus dieser Regelung ergebende Reihenfolge ist zwingend einzuhalten und der Betriebsrat kann keine andere Regelung dazu treffen. 

Das gilt auch, wenn der Betriebsrat die Auswahl mit Rücksicht auf die betrieblichen Abläufe trifft. Dem Arbeitgeber ist es selbst in solchen Fällen nicht verwehrt, sich darauf zu berufen, dass der Betriebsrat bei den Beschlussfassungen nicht ordnungsgemäß besetzt war. 

Nach § 29 Abs. 2 Satz 6 BetrVG hat der Betriebsratsvorsitzende für den Fall der Verhinderung eines Betriebsratsmitglieds nicht irgendein sondern "das" entsprechende Ersatzmitglied zu laden. Die Reihenfolge der zu ladenden Ersatzmitglieder folgt zwingend aus § 25 Abs. 2 BetrVG und ist nicht dispositiv. 

Die Erfüllung von Betriebsratsaufgaben hat Vorrang vor derjenigen aus dem Arbeitsvertrag, sodass Betriebsablaufstörungen, die durch die Teilnahme an einer Betriebsratssitzung bedingt sind, keinen Verhinderungsgrund i.S.v. § 25 Abs. 1 Satz 2 BetrVG darstellen. 

Beschluss zur Teilnahme an Schulung setzt Erforderlichkeitsprüfung voraus 

Mitglieder des Betriebsrats sind nach § 37 BetrVG von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien, wenn und soweit es nach Umfang und Art des Betriebs zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Dies gilt auch für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, soweit diese Kenntnisse vermitteln, die für die Arbeit des Betriebsrats erforderlich sind. Die Kosten für die Teilnahme an einer solchen Veranstaltung hat der Arbeitgeber zu tragen (§ 40 BetrVG)

Aber: Voraussetzung dafür ist ein wirksamer Beschluss des Betriebsrates über die Teilnahme des Betriebsratsmitglieds an der Veranstaltung. Und: Ein wirksamer Beschluss über die Teilnahme setzt voraus, dass dem Betriebsrat ausreichende Informationen über Thema und Inhalt der Veranstaltung vorliegen. Denn nur dann kann über die Erforderlichkeit entschieden werden. Ist dies nicht der Fall, muss der Arbeitgeber die Kosten nicht tragen. 

Lagen dem Betriebsrat zum Zeitpunkt der Beschlussfassung keine hinreichenden Informationen über den genauen Gegenstand einer bevorstehenden Schulung vor und fehlt damit eine maßgebliche Grundlage für die Entscheidung der Frage, ob der Betriebsrat die Schulung überhaupt nach § 37 Abs. 6 S 1 BetrVG für erforderlich halten durfte, kann der Betriebsrat keinen wirksamen, Kosten gemäß § 40 Abs. 1 i.V.m. § 37 Abs. 6 S 1 BetrVG auslösenden Beschluss über die Erforderlichkeit der Teilnahme zweier seiner Mitglieder an der Schulung fassen. Somit steht dem Betriebsrat kein Anspruch auf Freistellung von den Schulungskosten gegenüber dem Arbeitgeber zu. 

Bei Änderung und Ergänzung der Tagesordnung: Heilung des Ladungsmangels möglich

§ 29 Abs. 2 Satz 3 BetrVG regelt die Ladung der Betriebsratsmitglieder unter Mitteilung der Tagesordnung. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts führen Verstöße gegen Verfahrensvorschriften, die für das ordnungsgemäße Zustandekommen eines Betriebsratsbeschlusses als wesentlich anzusehen sind, zur Unwirksamkeit des Beschlusses. Die Beachtung des § 29 Abs. 2 Satz 3 BetrVG wird als wesentlich für die Wirksamkeit eines in der Sitzung gefassten Betriebsratsbeschlusses angesehen. Denn die Übermittlung der Tagesordnung dient der Willensbildung und der Vorbereitung auf die Sitzung. 

Aber dieser Mangel ist heilbar. Nach früherer Rechtsprechung konnte ein zur Unwirksamkeit eines Betriebsratsbeschlusses führender Ladungsmangel nur geheilt werden, wenn ein vollständig versammelter Betriebsrat in der Betriebsratssitzung die Aufstellung oder Ergänzung der Tagesordnung einstimmig beschließt. An dieser Rechtsprechung hat das Bundesarbeitsgericht nicht festgehalten. Dies mit der Begründung, dass dem Schutz der Willensbildung des Betriebsrats bereits durch das Erfordernis der Einstimmigkeit für die Ergänzung oder Aufstellung einer Tagesordnung angemessen und hinreichend Rechnung getragen werde. Ist ein Betriebsratsbeschluss also wegen eines Ladungsfehlers verfahrensfehlerhaft, setzt eine Heilung nicht die Anwesenheit aller Mitglieder des Betriebsrats voraus; ein einstimmiger Beschluss der anwesenden Mitglieder ist ausreichend. 

Eine mangels Übermittlung der Tagesordnung verfahrensfehlerhafte Ladung zu einer Betriebsratssitzung kann durch die im Übrigen ordnungsgemäß geladenen Mitglieder und Ersatzmitglieder des Betriebsrats in der Betriebsratssitzung geheilt werden, wenn dieser beschlussfähig i.S.d. § 33 Abs. 2 BetrVG ist und die Anwesenden einstimmig beschließen, über einen Regelungsgegenstand zu beraten und abzustimmen. Nicht erforderlich ist, dass an dieser Sitzung alle Betriebsratsmitglieder teilnehmen.

Die Heilung des Ladungsmangels ist ebenso auch in den Fällen möglich, in denen zwar die Ladung unter Mitteilung einer Tagesordnung erfolgte, die Tagesordnung aber später noch ergänzt oder geändert wird. 

Das Hessische Landesarbeitsgericht führt diese Rechtsprechung weiter. Herausgestellt wird hier noch die Pflicht des verhinderten Betriebsratsmitgliedes seine Verhinderung anzuzeigen, damit das Ersatzmitglied geladen werden kann.

Auf einer Betriebsratssitzung kann ein wirksamer Betriebsratsbeschluss gefasst werden, wenn der Ladung die Tagesordnung nicht beigefügt war, aber - von diesem Mangel abgesehen - alle Betriebsratsmitglieder ordnungsgemäß zu der Sitzung geladen wurden. Voraussetzung ist, dass die erschienenen Betriebsratsmitglieder einstimmig die Tagesordnung annehmen, es ist jedoch nicht erforderlich, dass alle Betriebsratsmitglieder erschienen sind.

Hieran änderte sich selbst dann nichts, wenn einzelnen Betriebsratsmitgliedern die Tagesordnung bereits bekannt war (kein tragender Entscheidungsgrund).

Das verhinderte Betriebsratsmitglied hat selbst seine Verhinderung dem Betriebsratsvorsitzenden anzuzeigen. Es ist nicht dessen Aufgabe, zu ermitteln, ob er das Mitglied oder das Ersatzmitglied laden soll, auch dann nicht, wenn das originäre Mitglied häufig erkrankt ist.

Übernahme von Anwaltskosten nur bei ordnungsgemäßem Beschluss

Benötigt der Betriebsrat rechtliche Vertretung, muss der Arbeitgeber auch diese Kosten übernehmen. Auch hier ist Voraussetzung ein wirksamer Beschluss des Betriebsrats. Dies ist soweit klar. Aber: Es reicht nicht aus, allein die Beauftragung an sich zu beschließen. Vielmehr muss der Betriebsrat jeden Auftrag des Anwalts vorab einzeln beschließen, also auch ob ein Rechtsmittel eingelegt wird, wie in dem Fall, den das Bundesarbeitsgericht zu entscheiden hatte. Denn der Betriebsrat ist gehalten, auf die Kosten zu achten. Ein Vorratsbeschluss für die Anwaltsbeauftragung für alle Instanzen dürfe deshalb nur in Ausnahmefällen gefasst werden, so das Bundesarbeitsgericht.

Fehlt der Beschluss vor Einlegung des Rechtsmittels, bleibt der Betriebsrat auf den Kosten sitzen. 

Der Arbeitgeber hat nur diejenigen Kosten einer anwaltlichen Tätigkeit zu tragen, die auf eine Beauftragung aufgrund eines ordnungsgemäßen Betriebsratsbeschlusses zurückgehen. Eines Beschlusses bedarf es nicht nur vor der erstmaligen Beauftragung eines Anwalts, sondern grundsätzlich auch, bevor dieser im Namen des Betriebsrats ein Rechtsmittel einlegt. Fehlt ein solcher Beschluss, kann zwar das Rechtsmittel bei entsprechender Verfahrensvollmacht wirksam eingelegt sein. Eine Pflicht zur Tragung der Anwaltskosten für ein Rechtsmittel wird ohne entsprechenden Beschluss jedoch nicht ausgelöst.

Lesen Sie zum Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 18.03.2015 auch unseren Artikel:

Ohne Betriebsratsbeschluss kein Geld für den Anwalt

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