Schadensersatz bei Mobbing – steuerfrei?
Schadensersatz bei Mobbing – steuerfrei?

Mit dieser Frage hat sich das Finanzgericht Rheinland-Pfalz in seinem Urteil vom 21.03.2017 beschäftigt.

Worum ging es?

Die Klägerin beim Finanzgericht hatte einen Grad der Behinderung von 30. Ihr Arbeitgeber kündigte ihr personenbedingt. Sie erhob eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht. Gleichzeitig beantragte sie dort die Zahlung von Schadensersatz, weil ihr Arbeitgeber sie wegen ihrer Behinderung benachteiligt habe.
Der Prozess vor dem Arbeitsgericht endete damit, dass die Parteien einen Vergleich schlossen. Danach verpflichtete sich der Arbeitgeber, „eine Entschädigung … in Höhe von 10.000 €“ an die Klägerin zu bezahlen.

Was meinte das Finanzamt?

Das für die Klägerin zuständige Finanzamt zog ihr von der Entschädigung Steuern ab. Es war der Auffassung, dass es sich dabei um steuerpflichtigen Arbeitslohn handle.
Um die Meinung des Finanzamtes überprüfen zu können, ist es erforderlich kurz darzustellen, welche verschiedenen Entschädigungen es gibt.

Welche Arten von Entschädigung gibt es?

Unabhängig davon, aus welchem Grund Schadensersatz zu leisten ist, gibt es zwei verschiedene Arten von Entschädigung:

  • Ersatz materieller Schäden
  • Ersatz immaterieller Schäden. 

Was sind materielle Schäden?

Ein materieller Schaden liegt vor, wenn das Vermögen des Geschädigten beeinträchtigt ist. Das ist beispielsweise der Fall, wenn ein Auto beschädigt, ein Kleidungsstück zerrissen oder die Mietwohnung verwüstet ist.

Was sind immaterielle Schäden?

Bei immateriellen Schäden erleidet das Vermögen keinen Schaden. Dennoch haben Geschädigte eine anderweitige Einbuße erlitten. Beispiele sind hier die entgangene Urlaubsfreude, wenn die Reise mangelhaft war. Oder eine Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts etwa durch Beleidigungen oder nicht erlaubte Fotos.
Die immateriellen Schäden, die am häufigsten auftreten, sind Schmerzen und psychische Beeinträchtigungen, etwa nach einem Verkehrsunfall oder einer fehlgeschlagenen Operation im Krankenhaus. In diesen Fällen kann ein Anspruch auf Schmerzensgeld bestehen.

Wie sieht es bei Mobbing aus?

Mobbing ist eine Begriff, der in gesetzlichen Regelungen nirgends auftaucht. Wenn aber ein Arbeitgeber eine Mitarbeiterin wegen

  • ihrer Rasse oder ethnischen Herkunft
  • ihrer Religion oder Weltanschauung
  • ihres Geschlechts oder Alters oder
  • ihrer Behinderung

benachteiligt, sieht das Allgemeine Gleichstellungsgesetz einen Anspruch der Geschädigten auf Schadensersatz vor. Vergleiche dazu im Einzelnen:
Mobbing: Schadensersatz und Schmerzensgeld

Auch bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot kommen sowohl materielle als auch immaterielle Schäden in Betracht.

Materielle Schäden bei Mobbing

Ein materieller Schaden kann entstehen, weil die Benachteiligung zu Lohneinbußen führt oder Rentenansprüche sich verringern. Dies ist dann der Fall, wenn das Arbeitsverhältnis wegen der Benachteiligung früher endet und dementsprechend weniger Rentenbeiträge fließen.

Immaterielle Schäden bei Mobbing

Hier kommt eine Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts ebenso in Betracht wie die psychischen Folgen, die eine Benachteiligung hat.

Was folgt daraus für die Steuern?

Für die Frage, ob die Entschädigung der Klägerin in Höhe von 10.000 € zu versteuern ist, kommt es darauf an, ob es sich dabei um steuerpflichtigen Arbeitslohn handelt.
Hätte die Klägerin die Entschädigung bekommen, weil sie wegen der Benachteiligung weniger verdient hätte, läge ein materieller Schaden vor. Die Entschädigung wäre in diesem Fall Ersatz für den entgangenen Verdienst und deshalb zu versteuern.
Tatsächlich bekam die Klägerin aber eine Entschädigung wegen der Diskriminierung als Behinderte. Diese Diskriminierung fügte ihr einen immateriellen Schaden zu, der nichts mit ihrem Arbeitslohn zu tun hat. Die Entschädigung hat also keinerlei Lohncharakter.
Aus diesem Grund hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz entschieden, dass die Klägerin die 10.000 € nicht versteuern muss.
Dies dürfte für alle Entschädigungen gelten, die

  • der Arbeitgeber wegen einer Benachteiligung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz bezahlen muss, und
  • die immaterielle Schäden ausgleichen sollen.


Hier finden Sie die Darstellung des Urteil vom 21.03.2017, Az: 5 K 1594/14 in der Pressemitteilung des Finanzgericht Rheinland-Pfalz